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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Auto und seinen Insassen zum Verhängnis geworden war. Erst hier weg, dann anrufen. Vielleicht.
     
    Zum Glück ist dieses Tal weder für Einheimische noch Touristen von großem Interesse. Hier ist im wahrsten Sinne des Wortes der Hund gestorben, sagen sich Fuchs und Has´ Gute Nacht. Keiner war hier durchgefahren, niemand kam, keine Staubwolke verriet, dass Menschen hier reisten. Tote Hose. Ich machte, dass ich hier wegkam. Jetzt, da alles vorbei war, kriegte ich das große Zittern. Ich schlackerte am ganzen Körper, suchte verzweifelt eine Zigarette – ich rauche seit Jahren nicht mehr – und dehnte, als keine aufzutreiben war, die Suche auf Kaugummi, Hustenbonbons und Mundpastillen aus. Nichts. Scheißdreck. Ich fing an, vor Nervosität zu heulen. Nicht richtig, nur so ein bisschen. Feuchte Wangen und ein ganz seltsames Gefühl im Hals und in der Brust. Die hatten auf mich geschossen, ich hatte überlebt, ich war davongekommen.
     
    Sie taten mir leid, so tot, wie sie in ihren Sicherheitsgurten hingen. So tot sollte niemand sein.
     
    Vom Highway hinter Soda Lake rief ich Ignacio an.
    „Wo steckst du denn?“
    „Ich habe mich verspätet. Hatte Ärger unterwegs.“
    Er hörte es an der Stimme, sagte er. Ich fragte, ob ich frei reden könne. Er bejahte. „Ich habe dir vom Cowboy was, hat er mir gestern gegeben, als ich bei den Amigos war.“ Ein neues geklautes Mobiltelefon. „Was ist?“
    Ich erzählte ihm, was ist. Er schwieg einen Moment und meinte dann, ich solle sofort dorthin fahren, wo ich kürzlich mit meinen betagten Freunden war. Er hole mich dort ab.
     
    Also überquerte ich den Highway, fuhr auf der anderen Seite auf der Verlängerung meines Drecksträßchens weitere zwanzig Meilen, bog hinterm James-Dean-Gedächtnis-Baum in Cholame auf die Parkfield Road und war eine halbe Stunde später am Weinbauernhof, wo ich mit Zorbian und Bobby ein paar Tage verbracht hatte.
    „Schön, dass Sie wieder hier sind. Hat Ihnen wohl gefallen?“
    „Hat es, ja. Ich warte auf einen Freund. Meinen Sie, ich könnte noch etwas zu essen haben?“
    Der Koch werkelte noch, es war Mittwoch und die Hausgäste hatten alle schon gespeist, also bekam ich Reste. Die besten Reste meines Lebens. Ich haute rein, als hätte ich seit Tagen nichts mehr gehabt. Der Wirt freute sich ungemein. Sein Rotwein schmeckte, ich bestellte mir noch einen und noch einen dahinter und war im Nu besoffen. Nicht schlimm besoffen, aber wurschtig und müde.
     
    Ignacio wurde groß begrüßt. Was mir zeigte, dass er hier recht bekannt war. Ich freute mich, ihn zu sehen, und er lachte, als er mich sah. Er lachte noch lauter, als er mich hörte.
    „Komm – wir beide gehen spazieren.“
    „Nee, wir trinken noch einen Wein“, aber davon wollte er nichts wissen. Sehr bestimmt griff er meinen Oberarm und führte mich – protestierend, aber zwecklos – ins Freie. Und übers Feld, in die Weinfelder hinein und immer weiter. Bis ich einigermaßen nüchtern war, wie ein Schwein schwitzte und wieder allein marschieren konnte. Dann erzählte ich ihm die ganze Geschichte.
    „Die haben dein Telefon abgehört. Wenn du zwischen Telefonat und Wegfahren über eine Stunde gebraucht hast, dann sind die in der Zeit aus Santa Maria oder San Luis dorthin gefahren. Mensch, gut, dass ich dir wieder ein neues Telefon besorgt habe. Er wollte es gar nicht hergeben, meinte, ich fresse langsam in seinen Profit rein, aber ich konnte ihn doch überreden. Gottseidank. Schmeiß das andere Ding gleich weg.“
    Er nahm es mir ab und warf es in hohem Bogen ins Feld.
    „Du hast die nicht erkannt?“
    „Nee. Könnten die gewesen sein, die kürzlich auf mich schossen, aber es können auch ganz andere sein. Keine Ahnung. Allerdings meine ich, dass es das gleiche Auto war, das bei Gonzales auf dem Hof die Schießerei veranstaltete.“ Das fand er interessant. Und grübelte laut, um wen sich das wohl handeln könne.
    „Weißt du was? Wir fahren hin. Nicht mit deinem Auto, sondern mit meinem. Dann kann ich sehen, wer das ist. Wer weiß; vielleicht kenne ich einen, vielleicht finden wir einen Hinweis.“
    War mir höchst unangenehm, aber was will man machen. Ich zeterte eine Weile, aber Ignacio ließ sich nicht davon abbringen.
     
    Es war knallheiß, als wir vom Nordende her ins Carrizo Plain einfuhren. Noch immer saubere Luft, kein Staub, kein Verkehr, so weit das Auge blickte. Er fuhr so schnell der jaulende Käfer konnte, eine kilometerlange Staubwolke zeigte, wo wir

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