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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Mathies
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endlich nach Hause geschickt. Sechs Tage Bundesheer hatten gereicht, und ich hoffte, dass sich dieses Thema nun erledigt hätte. Aber zu früh gefreut. Schon ein paar Wochen später hatte ich erneut einen Einberufungsbescheid im Briefkasten. Auf den Tag genau ein Jahr später, am 1. Juli 1969, sollte ich erneut antreten. Diesmal wollte ich meine Ausmusterung nicht dem Zufall, einem Hungerstreik oder Nikotinwasser überlassen:
    Kurz drauf im September weilte das österreichische Bundesheer zu einem Manöver in Stuben, und diesmal war das Schicksal auf meiner Seite: Die Herren tranken am Abend bei uns ihr Bierchen. Das war meine Chance, und ich ergriff sie. Sie saßen sozusagen in der Falle, denn nun gesellte ich mich zu ihnen und fand so ganz nebenbei heraus, dass auch ein Stabsarzt darunter war. Ich gab ein paar Runden aus, und nachdem Laune und Alkoholpegel gestiegen waren, ging ich zum Angriff über und jammerte dem Stabsarzt die Ohren voll: »Stell dir vor, die wollen mich tatsächlich zum Bundesheer einziehen! Ich habe gerade erst geheiratet, wir haben ein Baby und einen Haufen Schulden. Ich kann doch meine Frau nicht mit alldem hier alleine lassen!« Offenbar war ich glaubwürdig. Sichtlich gerührt tätschelte er mir die Schulter: »Kein Problem, Willi, das kriegen wir schon hin. Wenn du das nächste Mal einrückst, dann merke dir: Am vierten Tag ist Waffenvorführung, dabei hebst du dann deine Hand und sagst, dir sei hundsschlecht, dann schicken sie dich zu mir.«
    Ich war gerettet, das dachte ich zumindest. Zum Dank gab es noch ein paar Runden Obstler, und ich ging irgendwann glücklich und zufrieden zu Bett. Dem Tag meines erneuten Einrückens sah ich vollkommen gelassen entgegen, es dauerte ja auch noch ein paar Monate. Doch der Juli kam. Nachdem ich zum zweiten Mal angetreten war, wurden mir wieder meine schönen Haare abgeschnitten, ein ganzes Jahr hatte ich sie wachsen lassen, nun fielen sie wieder Stück für Stück auf den grauen Linoleumboden der Bundesheerkaserne. Doch dieses eine Opfer musste gebracht werden.
    Drei Tage ließ ich nun über mich ergehen, was nicht ganz ohne Faxen ging, aber ich riss mich am Riemen. Dann lief es genauso, wie der Stabsarzt es angekündigt hatte: »Antreten zur Waffenvorführung!«, hallte es über den Kasernenhof. Meine Kameraden fluchten, ich feixte unauffällig, denn jetzt durfte nichts schiefgehen. Mit einer Leidensmiene trat ich hinaus und stellte mich mit den anderen in Reih und Glied und wartete ein paar Minuten. Dann hob ich die Hand.
    »Jäger Mathies, vortreten!«, brüllte der Gefreite, und ausnahmsweise tat ich mal, wie mir befohlen: »Mir ist hundsschlecht!« Mich traf ein vernichtender Blick, dann fielen die erlösenden Worte: »Ab zum Stabsarzt!« Von zwei Ausbildern flankiert wurde ich ins Untersuchungszimmer gebracht. In einem Vorraum machten wir Halt. »Jäger Mathies, entkleiden!« »Nichts lieber als das«, dachte ich, »bloß raus aus der hässlichen Kluft.« Nur in Unterhemd und Unterhose saß ich da und wartete auf meine baldige Begnadigung. Endlich wurde ich aufgerufen, im Untersuchungszimmer erkannte ich sofort den Stabsarzt, aber er war nicht alleine, vier weitere Militärpersonen waren anwesend. Sehr zu meiner Erleichterung ergriff der Arzt das Wort:
    »Wie heißen Sie?«
    »Jäger Mathies!«
    »Und was fehlt Ihnen?«
    »Ich habe starke Magenschmerzen!«
    Er schaute mich kurz skeptisch an, dann befahl er mir, zurück ins Nebenzimmer zu gehen. Meine Hoffnung sank, denn ich war mir sicher, dass er mich nicht mehr erkannt hatte. Da saß ich nun wie ein Häufchen Elend und grübelte. War es tatsächlich möglich, dass der den Willi Mathies nicht wiedererkannte? Es waren ja schließlich zehn Monate vergangen, dass wir in unserem Stüble zusammen gefeiert hatten. Ich erschrak, denn die Tür ging auf, und energisch marschierte der Stabsarzt herein. Alleine. Er baute sich vor mir auf, und als ich in sein Gesicht schaute, fiel mir ein riesengroßer Stein vom Herzen: Er grinste. »Ab nach Hause, Jäger Mathies!«
    Das Thema Bundesheer war nun ein für alle Male erledigt, und ich nahm mein gewohntes Leben wieder auf. Stramm stehen und gehorchen konnte ich einfach nicht, selbst wenn ich es gewollt hätte. Dieses Gen war bei den Mathies-Männern einfach nicht vorhanden. Dumm nur, dass von Zeit zu Zeit das wahre Leben auf den Plan trat und mich dennoch zu disziplinieren versuchte, was für mich nur schwer zu ertragen und vor allem zu akzeptieren war. Dass

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