Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Skilehrer und Gastwirt platzte völlig unerwartet eine Hiobsbotschaft. Mein unbeschwertes Leben drohte von heute auf morgen vorbei zu sein.
Der Ernstfall
Eine »höhere Instanz«, nämlich das Österreichische Bundesheer, wollte meinem schönen Lebenswandel ein Ende bereiten. Wir schrieben das Jahr 1968, ich war bereits 26 Jahre alt und bekam meinen Einberufungsbescheid. Eine Katastrophe! Der König vom Arlberg sollte strammstehen? Das kam nicht infrage und musste unbedingt verhindert werden. Nur wie? Es war ein wunderschöner Sommer, mein Motorrad wartete auf Spritztouren, und ich sah mich schon in einer hässlichen Uniform durchs Gelände robben. Außerdem konnte ich meine Frau nicht mit Pension, Kind und Lokal alleine lassen. Aber keine Chance, am 1. Juli musste ich in Landeck im Tiroler Oberland antreten. Ich zerbrach mir den Kopf, wie ich die Herren davon überzeugen konnte, dass sie auf mich verzichten sollten. Mein Ziel, die Ausmusterung, war bei meiner Fitness und Konstitution nahezu aussichtslos.
Nun wurden verschiedene Szenarien an mich herangetragen, Tipps und Tricks, um wenigstens als B-tauglich nach Hause geschickt zu werden. Ich entschied mich für den »Zigaretten-Cocktail«, zerbröselte mehrere Zigaretten in einem Glas Wasser und ließ das Ganze über Nacht gut durchziehen. Am Morgen des 1. Juli verzichtet ich auf einen anregenden und aromatischen Kaffee, stattdessen kippte ich die Brühe auf ex. Das sollte mir zu einer ungesunden Gesichtsfarbe verhelfen, einer Gelbsucht gleich, dann würde man mich sicherlich nach Hause schicken. Aber das Ganze funktionierte nicht, ich wartete vergeblich auf eine Reaktion, außer einem schlechten Geschmack im Mund tat sich nichts. Offensichtlich war mein Magen nach Jahren als unverwüstlicher Skilehrer und Partyhengst Schlimmeres gewohnt.
Mir wurden meine schönen Haare abrasiert, und ehe ich mich versah, stand ich da, wo ich nie hinwollte, in Reih und Glied. Doch damit fingen die Probleme schon an. Rechts um oder links um? Ich trat immer auf den falschen Fuß und wollte mir diese unsinnigen Übungen nicht merken. Natürlich hatte mich mein Vorgesetzter, der Gefreite Karl, der mich aus Bludenz kannte, schnell im Visier und schikanierte mich, wo er nur konnte. Wahrscheinlich wollte er mir zeigen, wer der Chef im Ring ist, und dass ich zu Hause am Arlberg vielleicht eine große Nummer wäre, aber hier war ich nur »Jäger Mathies« – und der hatte gefälligst zu gehorchen.
Die erste Strafe ließ nicht lange auf sich warten. 100 Liegestütze? Nein, auch keine Wanderung mit 50 Kilo Sturmgepäck. Das hätte ich lässig über mich ergehen lassen. Mich wollte man nicht nur einfach bestrafen, ich sollte gedemütigt werden. Eine ganze Stunde lang musste ich, in Sichtweite zur Kaserne, einen Esel im Kreis führen. Mit dem störrischen Grautier am Strick trottete ich umher, und die Soldaten standen an den Fenstern und amüsierten sich königlich. Also bot ich meinem Publikum eine kleine Show (das konnte ich ja), machte allerlei Faxen, bis die Strafzeit vorüber war.
Doch bei der nächsten Gelegenheit hatte mich der Gefreite wieder auf dem Kieker. Wir waren auf dem Kasernenhof angetreten und sollten einer nach dem anderen unsere Anwesenheit mit einem schneidigen Ausruf von Rang und Namen kundtun. Doch als ich mit »Jäger Mathies« an der Reihe war, versagte sein Gehör. Angeblich war ich zu leise. Hatte er mich tatsächlich nicht verstanden, oder wollte er mich nicht verstehen? »Lauter!«, brüllte er. »Jäger Mathies«, wiederholte ich, offensichtlich immer noch ungenügend. Damit ich stimmgewaltiger würde, schickte er mich auf eine Anhöhe, von der ich nun herunterbrüllen sollte, damit jeder mich verstand. Ich erklomm den Hügel und schickte Rang und Namen herunter. Meine Kollegen freuen sich über dieses abwechslungsreiche Unterhaltungsprogramm. Doch ewig wollte ich für meine Kameraden nicht den Clown spielen, mein Ziel war immer noch die schnellstmögliche Heimkehr.
Während der ersten drei Tage aß ich keinen einzigen issen, denn am vierten Tag fand eine Nachmusterung statt, zu der ich völlig entkräftet antrat. Mein Kreislauf war im Keller, mir stand der kalte Schweiß auf der Stirn, was auch dem Arzt nicht entging. »Ich habe schlimme Magenschmerzen, Herr Doktor!« Es ging mir wirklich nicht gut, und das sah man auch. Einen weiteren Tag musste ich noch durchhalten (»Jäger Mathies, Sie bleiben noch einen Tag zur Beobachtung hier!«), dann wurde ich
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