Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
fiel einfach bei jeder Gelegenheit ein Blödsinn ein, auch wenn ich es eigentlich gar nicht wollte.
Selber schuld
Es stand ein zweitägiger Bergführerlehrgang an. Treffpunkt war das Madlenerhaus (1989 Meter) unterhalb der Staumauer des Silvrettasees. Eine Pflichtveranstaltung, die sogar ich nicht infrage stellen konnte.
Es kam anders, ohne dass ich es geplant hätte. Ordnungsgemäß erschien ich zum Termin, willens, den Lehrgang vollständig zu absolvieren. Doch diesmal war es nicht alleine meine Schuld, dass ich nicht bis zum Ende durchhielt. Nun machten andere einen entscheidenden Fehler.
Am ersten Tag stiegen wir bei herrlichem Sonnenschein mit Skiern auf zur Wiesbadnerhütte, wo Übungen mit Lawinensuchgeräten (Piepser) und Sonden anstanden. Spät nachmittags ging es zurück zur Madlenerhütte, wo noch zwei langweilige Stunden Theorie auf uns warteten. Beim anschließenden gemütlichen Beisammensein erhielten wir den Stempel für unsere Teilnahme ins Bergführerbuch. Dabei war doch der Kurs noch gar nicht zu Ende!
Vor lauter Freude starteten wir am Abend natürlich ein rauschendes Fest, das erst um fünf Uhr morgens zu Ende ging. Keiner von uns war in der Lage, am nächsten Tag die zweite Tour zu überstehen, was für mich allerdings keine Rolle spielte: Ich war fertig, ich hatte meinen Stempel im Bergführerbuch. Wer konnte mir das verdenken? Reichte man mir damals den kleinen Finger, war schnell die ganze Hand weg. Und so schwänzte ich den zweiten Tag des Lehrganges, hatte ihn aber offiziell bestanden. Natürlich vermisste man mich in der Gruppe, hüllte sich aber in Schweigen. Ich bin allerdings schuld daran, dass seitdem die Stempel erst nach dem zweiten Tag vergeben werden. Dumm für die Bergführer, die nach mir kamen … Man möge mir verzeihen.
Am liebsten konzentrierte ich mich auf das, was ich perfekt beherrschte: das Skifahren und vor allem den Zirkus drum herum. Auf den Brettern war ich ein Ass, da machten mir die wenigsten etwas vor.
Bei vielen Skirennen war ich stets haushoher Favorit und lief meistens mit Bestzeit durchs Ziel. So sind im Laufe der Jahre einige Titel zusammengekommen: Dreimal Skiclub Arlberg Meister, Vorarlberger Senioren Cupmeister, Vereinsmeister, Erster Platz Landesmeister, Erster Platz beim 30. Vorarlberger Skilehrerrennen und Sieger beim SV -Klösterle. Im Laufe meines Lebens habe ich über 300 Pokale errungen, sie alle haben einen Ehrenplatz im Regal. Legendäre Skifahrer wie Stefan Kruckenhauser und Willi Egger hielten mich für ein großes Talent, aber für eine Profikarriere hat es eben aus Mangel an Geld und (vor allem!) Disziplin nie gereicht.
Selbst der bekannte erfolgreiche Skirennläufer Karl Schranz, dreimaliger Weltmeister, zweimaliger Gesamtweltcupsieger (1969 und 1970) war von meinem Talent überzeugt und versuchte mich zu motivieren. Karl kam aus dem Nachbarort St. Anton. Wir trafen uns hin und wieder bei Rennen und unterhielten uns gerne, meine Schwester Olga heiratete seinen Bruder Toni. Doch es nutzte nichts, meine Ambitionen als Profiskifahrer waren mäßig, nie und nimmer hätte ich zu diesem Zeitpunkt mich und mein ausschweifendes Leben bändigen wollen.
Mit ein paar Promille Vorsprung
Talentiert und gut trainiert war ich trotzdem. Und meine außergewöhnlichen Fähigkeiten stellte ich auch immer gerne unter Beweis, am liebsten natürlich in außergewöhnlichen Situationen: It’s showtime!
Gemeinsam mit einem Gast aus Stuben besuchte ich ein Skirennen in Alberschwende im Bregenzerwald. Fritz hatte sich bereiterklärt zu fahren, so konnte ich das ein oder andere hochprozentige Getränk zu mir nehmen. Ich war zwar auch zum Rennen angemeldet, aber der Spaß durfte natürlich nicht zu kurz kommen. Ich war talentiert, gut trainiert und freute mich darauf, meine außergewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen – am liebsten natürlich in außergewöhnlichen Situationen.
In Alberschwende hatte ich nach meiner Flucht aus Florel die Kabelschächte gegraben, nun kehrte ich als »Charles Bronson der Berge« zurück. Damals mit Taxifahrer, heute mit Chauffeur. Auf dem 1182 Meter hohen Hausberg, dem Brüggelekopf, wurde am Abend unter Flutlicht der Riesentorlauf veranstaltet, was der ganzen Veranstaltung einen besonderen Reiz gab. Sämtliche teilnehmenden Skirennläufer waren bereits oben am Start, nur ich hatte es nicht besonders eilig, und so ging ich an der Talstation noch in ein kleines Lokal. Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren
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