Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Klischee erfüllt, aber es gab auch immer einen verantwortungsbewussten und zuverlässigen Teil in mir. Nie hätte ich meine Familie im Stich gelassen oder meine Arbeit vernachlässigt. Gab es Probleme, suchte ich nach einer Lösung, wurde meine Hilfe gebraucht, war ich mit Rat und Tat zur Stelle. Ich war ein Hallodri mit Herz.
Als Alphatier mit einer anständigen Portion Selbstbewusstsein gesegnet strebte ich nach einer Führungsposition. Denn ich ließ mir noch nie gerne etwas sagen, lieber bestimmte ich, wo es langging, und übernahm die Verantwortung. Als Skilehrer und Gastronom war ich bereits erfolgreich, aber was hielt die Zukunft für mich bereit? Ich war noch nicht einmal 40 Jahre alt und bereit für höhere Aufgaben, denn ich verfügte über Können und große Erfahrung. Schon seit längerem schielte ich begehrlich auf einen ganz bestimmten Posten. Die Leitung der Skischule.
Unsere traditionsreiche Skischule in Stuben wurde 1924 von Friedrich Schneider gegründet, dem Bruder des legendären Hannes Schneider. Ziel war es schon damals, den Gästen hervorragend ausgebildete Skilehrer (und Bergführer) zur Seite zu stellen, die, vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen, jeden individuell nach seinen Fähigkeiten betreuten. Die Unterrichtsmethoden haben sich im Laufe der Jahrzehnte dauernd verändert und neuen technischen Errungenschaften angepasst. Heute beinhaltet die praktische Ausbildung zum staatlich geprüften Skilehrer neben dem alpinen Skilauf auch Langlaufen und alternative Sportarten wie Snowboarden und Freeriden. Und auch wenn mein Vater schon vor über 50 Jahren wert auf Fremdsprachen wie Englisch und Französisch gelegt hatte, sind sie heute Grundvoraussetzung.
Die Stelle des Skischulleiters in Stuben reizte mich aus mehreren Gründen: Unser kleines Örtchen fing gerade an, sich zu einem bedeutenden Skiort zu entwickeln, aber es konnte noch einiges getan werden. Ich wollte meine Erfahrung und Fähigkeiten weitergeben, Ideen umsetzen und Stuben zu noch größerer Beliebtheit verhelfen. Natürlich hoffte ich auch insgeheim, etwas weniger Stress zu haben. Als Skischulleiter muss man nicht den ganzen Tag selber auf Skiern stehen, hier konnte sich eventuell mein Wunsch nach etwas mehr Ruhe und Seriosität erfüllen.
Da die Satzung eine Wahl zum Skischulleiter alle fünf Jahre vorsah, kam meine Chance zum Beginn der Wintersaison 1980/1981, zu einem Zeitpunkt, als die Amtszeit meines Vorgängers schon zehn Jahre andauerte. Zeit für eine Veränderung. Alle Skilehrer, die eine A- und B-Lizenz (staatliche Skilehrerprüfung und Skiführer) besaßen, waren nun aufgefordert, ihren neuen Chef zu wählen. Ich trat neben zwei weiteren Kandidaten an und wurde – zu meiner großen Freude – einstimmig gewählt. Nun wartete eine immense Herausforderung auf mich.
Die Einheimischen waren skeptisch, keiner traute mir dieses Amt wirklich zu. Für sie war ich ein Partyhengst und Trunkenbold. Doch ich wollte es ihnen zeigen und nahm mir fest vor, meinen neuen Job verantwortungsvoll zu managen. Ohne Alkohol, ohne Eskapaden.
Über 20 wilde Jahre lagen hinter mir, ich stand kurz vor meinem 40. Geburtstag, und nun begann wirklich ein neuer Abschnitt in meinem Leben. In der Zeit als Skischulleiter (1981–2000) erlebte ich zwar als Skilehrer und Gastwirt weiterhin mit meinen Gästen wunderbare Stunden, aber nach unzähligen Dummheiten, Alkoholexzessen und Frauengeschichten trat ich in eine neue Phase. Mein Leben war nicht mehr nur eine einzige große Party, ich habe auch »vernünftige« Dinge getan und Gutes bewirkt. Leider war diese Zeit aber auch geprägt von vielen schlimmen Ereignissen. Ich habe unzählige Unfälle erlebt, mal mit tragischem, mal mit gutem Ausgang. Auch davon möchte ich berichten.
Bevor ich mich mit Elan in meine neue Aufgabe stürzte, brauchte ich ein Büro. Bis dato hatte der Skischulleiter in Stuben kein eigenes Büro, und das sollte meine ersteNeuerung werden. In dieser Position brauchte man offizielle Räumlichkeiten, und da es in unserem Haus keine Möglichkeiten gab, war ich gezwungen, nach einer passenden Bleibe Ausschau zu halten. Ich wandte mich an Niki, dem damaligen Besitzer des Hotels »Post« und Tourismusobmann von Stuben. Niki unterstützte meine Pläne und stellte mir einen Teil seines Hotelkellers zur Verfügung. Ein repräsentatives Skischulleiterbüro sah eindeutig anders aus, aber für den letzten Schliff wollte ich schon sorgen.
Da die Skischule keinerlei finanzielle
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