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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Mathies
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ruhig lief ich zum Treppenaufgang, aber der war schon fast bis zur Decke mit Schnee gefüllt. Ich robbte mich durch bis auf die oberste Stufe in den ersten Stock und betete, sie mögen alle, so wie ich es angeordnet hatte, zusammen sein. Wenn die drei über zwei Stockwerke verteilt gewesen wären, wäre fast unmöglich, sie alle schnell ausfindig zu machen. Oben angekommen hörte ich Edeltrud um Hilfe schreien. Gott sei Dank, sie lebte! Und hatte, obwohl sie selbst im Schnee einbetoniert war, die Köpfe der Kinder bereits vom Schnee befreit! Sie steckten zwar fest, konnten aber atmen. Alle drei waren zum richtigen Zeitpunkt auf engstem Raum zusammen gewesen! Das hatte ihnen das Leben gerettet.
    Unsere Gäste und ich fingen an zu schaufeln, bis wir sie nach einer halben Stunde von den Schneemassen befreit hatten. Gott sei Dank, bis auf ein paar Schürfwunden fehlte ihnen nichts, aber der Schock saß tief. Unsere Küche, das Wohn- und Schlafzimmer waren bis zur Decke randvoll mit Schnee. Es war so ziemlich alles zerstört. Nun kamen auch unsere Pensionsgäste vom zweiten und dritten Obergeschoss über die Treppe ins erste Obergeschoss, wo sie unsere demolierte Wohnung sahen. Überall wurde geschrien und gejammert.
    In Windeseile mussten wir für die Gäste eine Unterkunft besorgen, denn in unserem Haus waren fast alle Fensterscheiben durch diesen gewaltigen Druck eingeschlagen, aber auch hier wurde wie durch ein Wunder niemand verletzt. Meine Kinder und Edeltrud brachte ich in die Küche unseres Lokals. Sie benötigten trockene Kleider und warme Decken. Danach blickte ich mich erst einmal um: vollkommene Verwüstung.Alle Fenster waren eingeschlagen, die Rahmen zersplittert, überall nur Scherben, Holzreste und Schnee, Schnee, Schnee. Diese Lawine hatte eine unvorstellbare Kraft gehabt, erst der gewaltige Luftdruck vorher, dann der starke Sog nachher. Mit mehreren Hundert Stundenkilometern war die Lawine durch Fenster und Türen in unser kleines Heim gerast, und nichts war mehr an seinem Platz. Es war alles zerstört. Ich dachte an unser Weihnachtsfest zur Wiedereröffnung nach dem monatelangen Umbau und der aufwändigen Renovierung. Wie erleichtert und glücklich wir gewesen waren. Nun lagen hier die Trümmer unserer Arbeit. Aber wir hatten überlebt, nur darauf kam es an.
    In der Gastroküche stellten wir Notbetten auf, wo wir vorerst schlafen konnten, dabei war an Schlaf erst mal nicht zu denken, dieser Schock saß viel zu tief. Edeltrud und die Kinder schrien schon panisch auf, wenn sich nur die Kühlaggregate in der Küche einschalteten. Abgesehen von der Zerstörung war es auch bitterkalt, die Heizung war ausgefallen, und die Räume glichen begehbaren Eistruhen.
    Auf der untersten Treppe meines Hauses hatte der Sog freundlicherweise meinen Fotoapparat abgelegt, so konnte ich später am Abend noch Fotos von unserem verwüsteten Haus schießen. Danach gingen meine Mitarbeiter, einige der Gäste und ich raus auf die Straße, um zu sehen, welchen Schaden die Lawine im Dorf angerichtet hatte.
    Unseren Lampenschirm aus dem Wohnzimmer fand ich am Hotel »Post«, 80 Meter die Straße runter. Der Sog hatte ihn ins Dorf hinausgeblasen.
    Die Ausläufer der Lawine, die vom 2297 Meter hohen Erzberg, abgegangen war, hatten die ganze Dorfstraße erreicht. Überall waren die Menschen nach draußen gelaufen, um sich ein Bild von der Katastrophe zu machen. Einige beklagten ihre demolierten Autos, und auch an anderen Häusern sah man zersplitterte Fenster.
    In dieser Nacht hockten wir still zusammen. Der Schock saß allen in den Gliedern. Für uns war das ein besonders harter Schlag. Nun würden wir einen weiteren Sommer opfern müssen, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Finanziell traf uns diese Katastrophe hart, denn beim vorhergehenden Umbau hatten wir wesentlich mehr Geld ausgegeben, als ursprünglich geplant. Gottlob lief das Geschäft ja bestens, aber das war nur ein schwacher Trost.
    Nach diesem Unglück trat ich von meinem ehrenamtlichen Posten bei der Lawinenkommission zurück. Ich befand mich schon länger in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite sollte ich für die Sicherheit der Straßen und Pisten Verantwortung tragen, aber ich musste auch meine Skilehrer beschäftigen. Sperrte ich die Pisten, hatten meine Leute keine Arbeit und somit keinen Lohn – sperrte ich sie nicht, brachte ich Menschen unter Umständen in Gefahr. Nach dieser persönlichen Tragödie fiel mir die Entscheidung des Rücktritts leichter.
    Der

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