Ab die Post
unauffälliger Kleidung und einem Gesicht, von dem man sich vielleicht vage an etwas erinnert fühlte.
Er wanderte durch die Menge in Richtung Postamt. Niemand beachtete ihn, und das fühlte sich plötzlich seltsam an. Bisher hatte er nicht begriffen, dass er allein war. Er war immer allein gewesen, denn nur dadurch konnte er sicher sein.
Das Problem war: Er vermisste den goldenen Anzug. Eigentlich lief alles auf eine Schau hinaus, und »Der Mann im goldenen Anzug« war eine gute Schau. Er wollte niemand sein, den man vergaß, der nur etwas mehr war als ein Schatten. Unter dem Flügelhut konnte er Wunder vollbringen oder zumindest den Anschein erwecken, dass Wunder vollbracht worden waren, was fast genauso gut war.
In ein oder zwei Stunden war ein Wunder nötig, so viel stand fest.
Er ging um das Postamt herum und wollte es durch den Hintereingang betreten, als eine Gestalt im Halbdunkel sagte: »Pisst!«
»Du meinst vermutlich Pscht«, erwiderte Feucht. Vernünftiger Alex trat auf ihn zu. Er trug seine alte gefütterte Jacke aus der Zeit des Großen Strangs und einen großen Helm mit Hörnern.
»Mit dem Segeltuch dauert’s noch etwas…«, begann er.
»Warum der Helm?«, fragte Feucht.
»Er dient zur Tarnung«, erklärte Alex.
»Ein großer Helm mit Hörnern?«
»Ja. Damit falle ich so sehr auf, dass niemand auf den Gedanken kommt, dass ich nicht auffallen will, und deshalb schenkt man mir keine Beachtung.«
»Nur einem sehr intelligenten Mann kann so etwas einfallen«, sagte Feucht vorsichtig. »Was ist los?«
»Wir brauchen mehr Zeit«, sagte Alex.
»Was? Der Wettstreit beginnt um sechs!«
»Dann ist es noch nicht dunkel genug. Wir können das Segeltuch frühestens um halb sieben hochziehen. Man bemerkt uns, wenn wir vorher über die Brustwehr schauen.«
»Oh, ich bitte dich! Die anderen Türme sind viel zu weit entfernt!«
»Die Leute auf der Straße nicht«, wandte Alex ein.
»Verdammt!« Die Straße hatte Feucht ganz vergessen. Wenn später einige Leute sagten, dass sie jemanden auf dem alten Zaubererturm gesehen hatten…
Alex sah die Veränderung in Feuchts Gesicht. »Es ist alles bereit, und wir können sehr schnell arbeiten, wenn wir dort sind. Wir brauchen nur eine halbe Stunde mehr Dunkelheit, und vielleicht einige zusätzliche Minuten.«
Feucht biss sich auf die Lippen. »Na schön. Ich denke, das kriege ich irgendwie hin. Geh jetzt zurück und hilf den anderen. Aber fangt nicht an, bevor ich bei euch bin, verstanden? Vertraut mir!«
Das sage ich oft, dachte Feucht, als Alex fortgeeilt war. Ich hoffe, sie vertrauen mir wirklich.
Er ging zu seinem Büro hinauf, nahm dort den goldenen Anzug und zog ihn an. Arbeit wartete auf ihn. Sie war langweilig, musste aber erledigt werden, deshalb kümmerte er sich darum.
Um halb sechs knarrten die Dielen, als Herr Pumpe das Zimmer betrat und einen Besen hinter sich herzog.
»Es Wird Bald Zeit Für Das Wettrennen, Herr Lipwick«, sagte er.
»Ich muss noch einige Dinge zu Ende bringen«, erwiderte Feucht. »Es gibt hier Anfragen der Bauhandwerker und Architekten, und einige Leute möchten, dass ich sie von ihren Warzen befreie… Ich muss mich um den Papierkram kümmern, Herr Pumpe, mir bleibt keine Wahl.«
Allein in Reacher Gilts Küche, schrieb Igor sehr sorgfältig eine Mitteilung. Immerhin mussten die Regeln der Höflichkeit beachtet werden. Man lief nicht einfach davon wie ein Dieb in der Nacht. Man machte sauber, vergewisserte sich, dass die Speisekammer gefüllt war, erledigte den Abwasch und entnahm der kleinen Kasse genau das, was einem zustand.
Eigentlich schade. Es war ein recht guter Job gewesen. Gilt hatte nicht viel von ihm erwartet, und Igor hatte sich damit vergnügt, den anderen Bediensteten Angst und Schrecken einzujagen. Zumindest den meisten von ihnen.
»Es ist so traurig, dass du gehst, Herr Igor«, sagte Frau Glühberg, die Köchin. Sie betupfte sich die Augen mit einem Taschentuch. »Du hast frische Luft ins Haus gebracht.«
»Geht leider nicht anderf, Frau Glühberg«, sagte Igor. »Ich werde dein Fteak mit Nierenpaftete vermiffen. Ef hat mich fehr gefreut, eine Frau kennen fu lernen, die auf Reften etwaf Leckeref fubereiten kann.«
»Ich habe dies für dich gestrickt, Herr Igor«, sagte die Köchin und hob unsicher ein kleines, weiches Paket hoch. Igor öffnete es behutsam und entdeckte eine rotweiß gestreifte Kapuzenmütze.
»Ich dachte mir, dass sie deine Schrauben warm hält«, sagte Frau Glühberg und
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