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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fragte Feucht und unterbrach Grützes historische Schwelgereien.
    »Eine Überraschende Entdeckung, Herr Postminister. Die Haufen Bestehen Nicht, Wie Ich Zunächst Vermutet Habe, Aus Taubendung. Selbst In Jahrtausenden Könnte Sich Nicht So Viel Taubendreck Ansammeln, Herr.«
    »Woraus bestehen sie dann?«
    »Aus Briefen, Herr«, sagte der Golem.
    Feucht sah Grütze an, der das Gewicht voller Unbehagen auf das andere Bein verlagerte.
    »Ah, ja«, sagte der Alte. »Darauf wollte ich zu sprechen kommen.«
     
    Briefe…
    … ohne Zahl. Sie füllten alle Räume des Gebäudes und bildeten sogar Haufen in den Fluren. Es stimmte, dass das Büro des Postministers wegen des Bodens nicht benutzt werden konnte: Er lag etwa dreieinhalb Meter unter Briefen. Sie blockierten Korridore. Schränke waren mit ihnen gefüllt. Wenn man einen von ihnen unvorsichtig öffnete, riskierte man, unter einer Lawine aus vergilbten Umschlägen begraben zu werden. Dielen wölbten sich verdächtig nach oben. Papier ragte aus Ritzen im durchhängenden Deckenputz.
    In der Sortierstelle, fast so groß wie der Hauptsaal, waren die Hügel bis zu sechs Meter hoch. Hier und dort ragten Aktenschränke wie Eisberge aus dem Papiermeer.
    Nach einem halbstündigen Forschungsgang wünschte sich Feucht ein Bad. Er hatte das Gefühl, durch uralte Gräber zu gehen und dabei am Geruch von altem Papier zu ersticken – seine Kehle schien sich mit gelbem Staub zu füllen.
    »Man hat mir gesagt, es gäbe hier eine Wohnung für mich«, krächzte er.
    »Ja, Herr«, erwiderte Grütze. »Der Junge und ich, wir haben vorgestern danach gesucht. Wie ich hörte, soll sie sich auf der anderen Seite deines Büros befinden. Der Junge ließ sich mit einem Seil hinab, Herr. Er meinte, er hätte eine Tür gefühlt, Herr, aber da steckte er schon fast zwei Meter tief in Post, und er litt, Herr, er litt… Und da habe ich ihn herausgezogen.«
    »Das ganze Gebäude ist voll von nicht zugestellter Post?«
    Sie befanden sich wieder im Umkleideraum. Grütze hatte den schwarzen Kessel mit dem Wasser aus einem Trog gefüllt, und er dampfte jetzt. Auf der anderen Seite des Raums saß Stanley an dem kleinen, aufgeräumten Tisch und zählte seine Nadeln.
    »Der größte Teil, Herr, abgesehen vom Keller und den Ställen«, sagte der Alte und spülte zwei Blechbecher in einer Schüssel mit nicht sehr sauberem Wasser.
    »Du meinst, selbst das Büro des Postm…. selbst mein Büro steckt voller Post, doch der Keller wurde nie damit gefüllt? Was hat das für einen Sinn?«
    »Oh, der Keller kommt dafür nicht infrage, nein, der Keller nicht«, entgegnete Grütze und wirkte schockiert. »Ist viel zu feucht, der Keller. Er würde die Briefe innerhalb kürzester Zeit ruinieren.«
    »Ruinieren«, wiederholte Feucht klanglos.
    »Feuchtigkeit schadet den Dingen, Herr«, sagte Grütze und nickte weise.
    »Wir sprechen hier von Briefen, die inzwischen tote Leute für inzwischen tote Leute geschrieben haben«, sagte Feucht mit der gleichen klanglosen Stimme.
    »Das wissen wir nicht, Herr«, erwiderte der Alte. »Ich meine, wir haben keinen konkreten Beweis.«
    »Nein. Immerhin sind einige der Briefe nur hundert Jahre alt!« Er hatte Kopfschmerzen vom Staub und einen rauen Hals von der Trockenheit, und etwas an dem Alten ging ihm auf die Nerven. Er verschwieg etwas. »Für gewisse Leute bedeuten hundert Jahre überhaupt nichts. Ich schätze, die Zombies und Vampire unter den Bewohnern der Stadt gehen noch jeden Tag erwartungsvoll zum Briefkasten.«
    »Es ist nicht angebracht, dass du in einem solchen Ton mit mir sprichst, Herr«, sagte Grütze ruhig. »Nein, das ist nicht angebracht, Herr. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Briefe verloren gehen, Herr. Auf keinen Fall, Herr. Das wäre Pfusch mit der Post, Herr. Das ist nicht nur ein Verbrechen, Herr. Das ist ein, eine…«
    »Sünde?«, fragte Feucht.
    »Schlimmer als eine Sünde«, sagte Grütze fast spöttisch. »Sünden bringen einen nur vor den Göttern in Schwierigkeiten, aber wenn man zu meiner Zeit mit der Post herumpfuschte, so bekam man es mit Chefinspektor Rumball zu tun. Ha! Das ist ein großer Unterschied, die Götter mögen es mir verzeihen.«
    Feucht suchte in dem faltigen Gesicht vor ihm nach Anzeichen von Vernunft. Der ungepflegte Bart zeigte verschiedene Farben, was auf Schmutz, Tee oder irgendwelche Chemikalien hindeutete. Wie ein Eremit, dachte er. Nur ein Eremit konnte eine solche Perücke tragen.
    »Ach«, sagte Feucht. »Und du

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