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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Manche Leute würden sagen, dass sich der Brief ein wenig vers’pätet hat!«
    »Oh«, sagte Feucht. »Nun, ich…«
    »Du has’t vielleicht Nerven, junger Mann!«
    »Es tut mir sehr Leid, dass…«, begann Feucht. Bei Herrn Parker nützte Menschenkenntnis nicht viel. Er gehörte zu den immunen Personen, die ihre Lautstärke ebenso wenig unter Kontrolle hatten wie das Abstandhalten.
    »Leid?«, rief Parker. »Was sollt’e dir Leid tun? Es ist nicht deine Schuld, Junge. Du wars’t noch nicht einmal geboren! Wie dumm von mir zu glauben, ihr läge nicht’s an mir. Ha, ich war so enttäuscht, dass ich sofort aufbrach, um zur Dingsbum’s zu gehen.« Falten entstanden auf seiner Stirn. »Wie hieß sie noch gleich? Kamele, komische Hüte, Sand, wo man Dinge vergiss’t…«
    »Die klatschianische Fremdenlegion?«, fragte Feucht.
    »Ja, genau! Und als ich zurückkehrte, traf ich Sadie, und Aggie hatte ihre’n Frederick kennen gelernt, und wir gründeten Familien und vergaßen einander, und dann hau’ts mich um, als plötzlich dieser Brief von Aggie kommt! Mein Junge und ich, wir haben den halben Morgen gebraucht, um sie zu finden! Und um es kurz zu mache’n, Junge: Samstag heiraten wir! Und das haben wir dir zu verdanke’n!«
    Herr Parker gehörte zu den Männern, die sich im Alter in Teakholz verwandelten. Als er Feucht auf den Rücken klopfte, fühlte es sich wie ein Schlag mit einem Stuhl an.
    »Haben Frederick und Sadie nichts dagegen…?«, keuchte Feucht.
    »Das bezweifl’e ich! Frederick hat vor zehn Jahren das Zeitliche gesegnet, und Sadie liegt seit fünf Jahren drüben bei den Geringen Göttern begrabe’n!«, donnerte Herr Parker fröhlich. »Und wir haben sehr bedauer’t, von ihnen Abschied nehmen zu müssen, aber wie Aggie mein’t: Es war alles vorherbestimmt, und dich hat eine höhere Macht geschick’t. Und ich meine: Ein Mann braucht wirklich Rückgrat und Mut, um den Brief nach all der Zeit zuzustelle’n. Jemand anders hätte ihn vielleicht einfach weggeworfen, als spielte es überhau’pt keine Rolle! Die zukünftige Frau Parker und ich, wir würden un’s sehr freuen, dich als Ehrengast bei unserer Hochzeit begrüßen zu dürfen, ich bestehe darauf! Ich bin in diesem Jahr Großmeis’ter der Kaufmannsgilde! Wir sind vielleicht nicht so piekfein wie die Assa’ssinen oder die Alchimis’ten, aber es gibt viele von uns, und ich werde ein gutes Wort für dich einlegen, verlass dich drauf! Mein Sohn George hier bringt dir s’päter die Einladungen, ihr seid jetzt wieder im Geschäft! Es wäre mir ein’e große Ehre, mein Junge, wenn du mir die Hand schütteln würdes’t…«
    Er hob eine große Hand. Feucht ergriff sie, und die alten Angewohnheiten setzten sich durch: fester Griff, fester Blick.
    »Ah, ja, du bis’t ein ehrlicher Mann, ganz klar«, sagte Herr Parker. »Ich irre mich nie.« Eine Hand klatschte auf Feuchts Schulter, was ein Kniegelenk knacken ließ. »Wie heiß’t du, Junge?«
    »Lipwig, Herr, Feucht von Lipwig«, sagte Feucht und fürchtete, auf einem Ohr taub geworden zu sein.
    »Ein ›von‹, wie?«, donnerte Parker. »Nun, fü’rn Ausländer machst du deine Sache verdammt gut, und es ist mir gleich, wer das hört! Muss jetzt gehen. Aggie möchte Flitterkram kaufen!«
    Die Frau trat an Feucht heran, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich erkenne einen guten Mann, wenn ich einen sehe«, sagte sie. »Hast du eine junge Frau?«
    »Was? Nein! Ganz und gar nicht! Äh… nein!«, sagte Feucht.
    »Du solltest eine haben«, sagte die Frau und lächelte freundlich. »Und auch wenn wir dir alle sehr dankbar sind, rate ich dir, ihr den Heiratsantrag persönlich zu machen. Wir freuen uns sehr darauf, dich am Samstag begrüßen zu können!«
    Feucht beobachtete, wie sie ihrem lange verloren geglaubten Verehrer hinterhereilte.
    »Du hast einen Brief zugestellt?«, fragte Grütze entsetzt.
    »Ja, Herr Grütze. Ich wollte es eigentlich gar nicht, es ist einfach so geschehen…«
    »Du hast einen der alten Briefe genommen und ihn zugestellt?«, fragte Grütze, als fiele es dieser Vorstellung schwer, in seinem Kopf genug Platz zu finden…
    Sein Kopf war über die ganze Wand verteilt…
    Feucht blinzelte.
    »Wir sollen die Post zustellen, Mann! Das ist unsere Arbeit! Weißt du noch?«
    »Du hast einen Brief zugestellt…«, hauchte Grütze. »Welches Datum trug er?«
    »Ich erinnere mich nicht! Vor vierzig Jahren?«
    »Wie war es?«, fragte Grütze.

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