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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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Monaten.«
    »Nein. An welchem Wochentag?«
    Wieder eine Pause. Er weiß, worauf ich hinauswill. »An einem Samstag.«
    »Du bist nicht zufällig gerade von der Synagoge zurückgekommen?«
    Er seufzt. »Na ja. Wahrscheinlich war ich irgendwie... voller Übereifer.«
    Eine Weile sagen wir beide nichts. In einem Ton, als hätte er sich das Schlimmste von der Seele geredet, fährt Ben dann fort: »Na, und in den Wochen darauf ging ich ziemlich oft in die Apotheke, und irgendwann verabredeten wir uns... «
    »Hinter der Synagoge?«
    »Nein. Wir trafen uns bloß ein paarmal. Bei ihr zu Hause.«
    »Und nur, weil du beweisen wolltest, daß man sehr jüdisch aussehen und trotzdem sexuell attraktiv sein kann.«
    Er lacht wieder. »Nein, das war bloß der Auslöser. Daß ich sie weiter sah, hatte andere Gründe... all die, die ich dir auf Muttis Beerdigung erzählt habe.«
    Ich sehe zum Fenster raus. Eine alte Dame mit einem Einkaufswagen steht auf der Straße und reckt den Hals nach dem 31B, als hinge ihr Leben davon ab, daß sie ihn erwischt, als wäre dieser endgültig der allerletzte Bus heim.
    »Hat sie es dir erzählt?« fragt er.
    »Nein. Nick.«
    »Nick?«
    »Mittendrin, als er dabei war, mich zu erwürgen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Na, offenkundig hast du Wort gehalten und wirklich Schluß gemacht... «
    »Ja.« In den Zwischenräumen dieses winzigen Worts liegt der ganze Horror, einer Frau, die sich, wenn sie in Hochform ist, unterdrückt, als Opfer, hilflos und von Männern mißbraucht fühlt, zu erzählen, daß man sie nicht mehr sehen will.
    »Und jetzt will sie nicht mehr herkommen. Zu schmerzlich, nehme ich an.«
    »Du erinnerst sie bestimmt an mich.«
    »Ja, laß mich aufzählen: sarkastisch, aggressiv, lieblos, sich einen
    Dreck um andere scheren. Das haben wir offenbar gemeinsam. Wie konnte sie nur die schwarzen Haare vergessen?«
    Die Fenster im Flur vibrieren, als der 31 B losfährt.
    »Dann war Nick also ziemlich außer sich...«
    »Ja. Alles meine Schuld, glaubte er. Nächstes Mal verweise ich ihn jedenfalls an dich.« Plötzlich erwachen meine jüdischen Instinkte, und ich sehe das Andererseits. »Jedenfalls hat es ihn so weit gebracht, daß er ausziehen will.«
    »Wo will er denn hin?«
    »Ist mir egal«, sage ich, aber mein Magen verkrampft sich leicht, und ich gucke zu Nicks Schlafzimmertür hin. So ganz werde ich die Verantwortung für ihn nicht los. Am anderen Ende der Leitung höre ich eine Tür aufgehen und eine gedämpfte Stimme.
    »Ja ja. Ich komme sofort«, sagt Ben. »Hör zu, ich muß jetzt los.«
    »In Ordnung...«
    »Oh, übrigens! Hast du deine Boots From Beyond schon fertig?«
    »Nein, das mußte ich auf Eis legen. Das Schreiben geht einem nicht so von der Hand, wenn man grade erwürgt wird.«
    »Stimmt. Na, dann sobald du kannst.«
    Er zögert, ehe er in den endgültigen Schlußmachton fällt.
    »Gabe?«
    »Jaah.«
    »Du glaubst doch nicht, daß Nick auf die Idee kommt...« Seine Stimme verebbt zu einem Zischen. Jetzt klingt mein Telefon wieder so, wie es eigentlich meine Espressomaschine sollte.
    »Es Alice zu erzählen?«
    »Ja.«
    Der Gedanke war mir noch nicht gekommen. Sehr unwahrscheinlich, daß Nick im normalen Lauf der Dinge Alice begegnet, aber andererseits laufen bei ihm die Dinge ja nicht normal.
    »Das glaube ich nicht. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er es weiß.«
    »Ich dachte, du hättest gesagt...«
    »Nein. Er weiß bloß, daß Fran nicht mehr zu uns in die Wohnung kommen will und daß es was mit dir zu tun hat. Oder eher damit, daß ich so bin wie du.«
    »Aber vielleicht reimt er es sich zusammen.«
    »Glaube ich nicht. Na ja. Der alte Nick hätte es sofort gemerkt. Er hätte sofort geahnt, daß Sex dahinter steckt, weil er grundsätzlich hinter allem Sex witterte. Aber jetzt, jetzt ist er zu verwirrt.«
    Irgendwas zerbirst im Hörer.
    »Was hast du gesagt?« frage ich.
    »Ich sagte, hoffentlich hast du recht.«
    »Hm.«
    »Na bis bald, jedenfalls.«
    »Bis bald.«
    Er macht eine kurze Pause, überlegt offenbar, ob er etwas sagen soll oder nicht. Wenn es ist, was ich mir denke, ist es im Grunde keine ernsthafte innere Debatte wert.
    »Arschloch?« sagt er hoffnungsvoll. Mal wieder recht gehabt.
    »Arschloch«, sage ich nach einer Pause, die gerade lang genug war, ihn zu verunsichern. Er legt auf, lächelnd, stelle ich mir vor.

21

    Bis vor zehn Minuten habe ich tief geschlafen - ganz recht, tief. Doch dann weckte mich ein Geräusch. Schon seit einer Weile war

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