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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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strengen Knoten zurückgebunden hatte, erinnerten ihn an die Lehrerin, die ihn damals auf der Erde unterrichtet hatte.
    »Kapitän Pa«, sagte die Frau, die einer der Zwillinge Corin genannt hatte. »Sie wollten mit dem hier reden.«
    »Kapitän Holden.« Pa nickte. »Willkommen an Bord der Behemoth . Sie dürfen sich auf dem Schiff frei bewegen, müssen aber verstehen, dass es einige Bedingungen gibt.«
    Holden blinzelte. Er hatte mindestens mit einem weiteren Aufenthalt im Bau gerechnet. Die Erlaubnis, sich auf dem Schiff frei zu bewegen, war mit einer uneingeschränkten Freiheit weitgehend deckungsgleich. Es gab ja sowieso nicht viele Orte, zu denen er gehen konnte.
    »Äh, in Ordnung«, sagte er.
    »Sie müssen zu Vernehmungen erscheinen, wann immer Sie gerufen werden. Es gibt keine Ausnahmen. Sie werden mit niemandem außer mir oder dem Sicherheitschef über das reden, was auf der Station geschehen ist.«
    »Ich weiß, wie man es abschalten kann«, sagte Holden.
    Die Miene der jungen Befehlshaberin veränderte sich.
    »Wie bitte?«
    »Ich weiß, wie wir das Protomolekül dazu bewegen können, die Sperre aufzuheben.« Dann erklärte er alles noch einmal, was er bereits Jakande erzählt hatte – die Begegnung mit Miller, der Plan, die Station zu einer niedrigeren Alarmstufe zu bewegen, damit der Tote sie abschalten konnte. Er bemühte sich sehr, ruhig, vernünftig und möglichst nicht geistesgestört zu wirken. Auf die ganze Zivilisationen vernichtende Invasion, der die Schöpfer des Protomoleküls zum Opfer gefallen waren, ging er vorsichtshalber nicht ein. Es klang auch so schon verrückt genug.
    Pa hörte geduldig zu und ließ sich äußerlich nichts anmerken. Sie war kein Mensch, mit dem er Poker spielen wollte. Dann erinnerte er sich, wie Naomi ihm einmal gesagt hatte, sie wolle ihm das Pokern beibringen. Es tat schrecklich weh und schnürte ihm die Kehle zu.
    Der Wachmann mit dem weißen Bart schwebte herbei, hinter ihm folgten zwei Marsianer mit zornigen Mienen.
    »Kapitän?«, sagte der Gürtler, der seine Wut kaum noch bezähmen konnte.
    »Einen Moment, Mister Gutmansdottir.« Sie wandte sich wieder an Holden. Sie musste überwältigt sein, doch außer dem etwas angespannten Unterkiefer war nichts davon zu sehen. »Ich … ich werde all das berücksichtigen, aber vorerst …«
    »Meine Crew?«
    »Sie sind auf der zivilen Krankenstation«, erklärte Pa. Der Mann mit dem weißen Bart räusperte sich auf eine Weise, die deutlich machte, dass er gar nicht heiser war. »Die Wegweiser finden Sie überall an den Wänden. Entschuldigen Sie mich jetzt bitte.«
    »Kapitän, die neuen Gefangenen haben eine Menge Konterbande mitgebracht. Ich dachte, Sie wollen sich vielleicht darum kümmern, ehe Bull es erfährt.«
    Pa holte tief Luft und folgte dem Wachmann. Ein paar Sekunden später erkannte Holden, dass er nicht so sehr entlassen, sondern eher in Vergessenheit geraten war. Er war auf der Liste der Dinge, um die sich die junge Befehlshaberin auf der Stelle kümmern musste, weit nach unten gerutscht, und das war’s dann. Schließlich schwebte er am Transitpunkt vorbei zu den Plattformen, wo sich die Achse der kleinen Welt drehte. Dort gab es eine lange Rampe für Karren, die er hinunterschlurfte. Langsam veränderte sich der Zug der Corioliskraft und wich dem Gefühl, wieder ein Gewicht zu haben. In den Knien spürte er, wie lange er sich in der Schwerelosigkeit aufgehalten hatte. Er hoffte, die Krankenstation sei nicht zu weit entfernt.
    Die Vorstellung, dass er die gleiche Luft atmete wie Naomi, Alex und Amos, war berauschend wie eine Droge.
    Nur, dass Kapitän Pa dies nicht ausdrücklich gesagt hatte. Sie hatte nur erwähnt, dass seine Crew anwesend war. Vielleicht hatte sie sich das Wort »Überlebende« gespart. Er wollte sich im Laufschritt bewegen, war aber schon nach zwei Minuten außer Atem und musste anhalten, um zu verschnaufen.
    Vor ihm erstreckte sich die riesige Walze, im Grunde eine ganze Welt, die man in eine Röhre gesteckt hatte. Der lange Strich der falschen Sonne glühte weiß über ihm. Tatsächlich gab es jetzt wieder ein »Oben«. Auf der anderen Seite, zwei Kilometer entfernt, drehte sich die Rampe, die das Gegenstück zu derjenigen war, auf der er sich befand. Rings um die unerträglich grell strahlende Sonne trieben dünne Quellwolken. Die Luft schien auf der Haut zu kleben, die Wärme bedrängte ihn, und er konnte sich vorstellen, wie das nackte Metall der Walze mit grünen Pflanzen

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