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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Gemeindemitgliedern zu verabschieden, folgte Anna Tilly hinaus. Draußen war es nicht viel kühler als im Zelt, aber dank der Drehung der Walze und der Luftaufbereitung wehte ein sanfter Wind. Tilly betrachtete Annas gerötetes Gesicht und das vom Schweiß verklebte Haar mit kritischem Blick und sagte: »Keine Sorge. Alle, die überhaupt herkommen wollten, befinden sich jetzt hier. Vor ein paar Tagen hat Cortez mit einem wichtigen Mann von der AAP gesprochen. Heißer als jetzt wird es nicht, und sobald sie einen Weg finden, uns abzukühlen, ohne die Atmosphäre in den Raum entfleuchen zu lassen, werden sie es tun.«
    Anna musste lachen. Als Tilly eine Augenbraue hochzog, erklärte sie es. »Wir sind durch das ganze Sonnensystem bis fast zur Umlaufbahn von Neptun geflogen, zu einer Welt, die so kalt und so weit von der Sonne entfernt war, dass niemand von ihr wusste, bis Bouvard bemerkte, dass irgendetwas die Umlaufbahn des Uranus beeinflusste.«
    Tillys Augenbrauen wanderten noch ein Stückchen weiter nach oben. »Ja, und?«
    »Und dann kommen wir hier an, wer weiß wie weit von der Sonne entfernt, mit Milliarden Kilometern leerem Raum in allen Richtungen, und schaffen es irgendwie, einen überhitzten und überbevölkerten Raum zu schaffen.«
    »Gott sei Dank haben die Gürtler diese Rostlaube mitgebracht.« Tilly bückte sich, um ihr Zelt zu betreten, ließ sich auf einem Klappstuhl nieder und kramte in der Kühlbox herum, die daneben stand. »Könnten Sie sich vorstellen, alle auf der Prince zusammenzupferchen? Diese Gürtler haben wirklich eine freundliche Kultur.«
    Anna zog die Soutane aus und legte sie auf die Kante von Tillys Bett. Darunter trug sie eine weiße Bluse und einen knielangen Rock, in denen die Hitze beinahe erträglich war. Tilly zog einen Plastikbeutel Limonade aus der Kühlbox und reichte ihn Anna, dann schenkte sie sich ein Glas einer Flüssigkeit ein, die so klar wie Wasser war und wie Krankenhausreinigungsmittel roch. Als Anna den Trinkbeutel annahm, war sie überrascht, wie kalt er war. Auf der Oberfläche bildeten sich kleine Tropfen Kondenswasser. Sie hielt sich den kühlen Beutel an den Hals und spürte einen köstlichen Schauder auf dem Rücken.
    »Wie haben Sie das Eis bekommen?«
    »Trockeneis«, erwiderte Tilly, ohne die angezündete Zigarette aus dem Mund zu nehmen. Sie hielt inne, um den ersten Schluck zu kippen. »Anscheinend können die Leute in der Atmosphärentechnik das Zeug leicht herstellen. Da fällt viel Kohlendioxid an.«
    Wenn Tilly tausend Dollar ausgab, um Desinfektionsmittel zu trinken, dann wollte Anna gar nicht mehr wissen, was eine stetige Versorgung mit Eis kostete. In freundschaftlichem Schweigen tranken sie eine Weile. Die kühle Limonade wirkte Wunder in Annas vor Hitze erschöpftem Körper. Tilly schlug vor, etwas zu essen, worauf sie das Zelt verließen und sich auf die Suche nach einem Versorgungsstand begaben.
    In der dicht bevölkerten Zeltstadt liefen Bewaffnete umher.
    »Das sieht nicht gut aus«, meinte Tilly. Sie hatte recht. Es waren keine gelangweilten Wachleute mit Handfeuerwaffen im Halfter, sondern Gürtler und Gürtlerinnen mit grimmigen Gesichtern, Sturmgewehren und Schrotflinten, die sie mit weißen Knöcheln hielten. Die Gruppe, die sich zwischen den Zelten bewegte, war mindestens ein Dutzend Leute stark, und sie suchten etwas. Oder jemanden.
    Anna zupfte Tilly am Ärmel. »Vielleicht wäre es besser, wir holen die Leute zurück in die Kirche und harren dort einfach aus.«
    »Annie, wenn hier die Kugeln fliegen, kann nicht einmal Gott dieses Zelt in ein sicheres Versteck verwandeln. Ich will wissen, was hier los ist.«
    Widerstrebend folgte Anna ihr auf einem Weg, der parallel zu der bewaffneten Gruppe verlief. Die Leute bewegten sich zielstrebig und hielten gelegentlich an, um in Zelte zu blicken oder Passanten leise zu befragen. Anna bekam auf einmal große Angst, ohne den Grund wirklich benennen zu können.
    »Oh«, sagte Tilly. »Jetzt geht es los.«
    Bulls Stellvertreter – er hieß Serge, erinnerte Anna sich – kam mit einem halben Dutzend Wachleuten im Schlepptau um eins der größeren Zelte herum. Auch sie waren bewaffnet, allerdings nur mit Pistolen. Selbst für Annas ungeübte Augen war der Unterschied zwischen sechs Leuten mit Pistolen und zwölf Leuten mit Gewehren offensichtlich. Serge lächelte leicht, als hätte er es nicht bemerkt. Hinter ihm stand die kräftige junge Frau aus der Wache. Sie blickte besorgt und finster drein,

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