Abaddons Tor: Roman (German Edition)
sich weiter.
Der Durchgang war nur noch zwei Meter entfernt. Anderthalb. Einen Meter. Ein wenig zu früh ließ er die Steuerung los und griff nach der Tür. Er musste den Mech noch einmal ein Stück vorrücken lassen, ehe er es erneut versuchen konnte. Inzwischen schwitzte er stark und hoffte, es sei nur die Angst. Falls in seinem Körper etwas kaputt war, würde er es nie erfahren. Wahrscheinlich war es nur die Angst.
Die Tür ging auf, und er drückte den kleinen Joystick ganz nach vorn. Der Mech beförderte ihn hindurch, dann schloss er hinter sich die Tür. Er hatte keine Zeit zu warten oder nachzudenken, sondern lenkte den Mech sofort einen anderen Gang hinunter in die Richtung der inneren Aufzüge. Von dort aus konnte er die lange Reise zur zweiten Ebene, Abschnitt M antreten.
Noch nie waren ihm die großen inneren Hallen und Gänge der Behemoth so fremd vorgekommen. Als er hinunterstieg, nahm die Rotationsschwerkraft fast unmerklich zu. Das taube Fleisch hing ein wenig schwerer in den Gurten. Er musste bald jemanden finden, der den Beutel mit der Pisse auswechselte, falls er es nicht schaffte, die Arme in den Mech zu stecken, was aber kaum möglich schien, da seine Ellenbogengelenke nur in eine Richtung beweglich waren. Wenn die Wirbelsäule nicht wieder zusammenwuchs, wenn sie die Behemoth und alle anderen nicht aus der Falle befreien konnten, in der sie das Protomolekül gefangen hatte, dann würde er bis zu seinem Tod auf diese Weise leben.
Denk nicht darüber nach, sagte er sich selbst. Das ist die ferne Zukunft. Denk nicht darüber nach. Mach einfach nur deine Arbeit.
Er nahm keinen der großen internen Aufzüge, wo höchstwahrscheinlich Ashfords Männer aufpassten, sondern entschied sich für einen der langen, spiralförmig angelegten Wartungsgänge und ließ den Mech hinunterwandern. Als der Apparat zu nahe an eine Wand herankam, musste er anhalten und korrigieren. Dabei nahm er sich ein paar Sekunden Zeit und zückte das Handterminal. Er zitterte und fand, dass seine braune Haut einen grauen Schimmer bekommen hatte.
Serge antwortete fast sofort.
»Bonsoir, Boss«, sagte der tätowierte Gürtler. »Hab mich schon gefragt, wann Sie sich melden.«
»Ashford«, sagte Bull.
»Hat gerade die Oberhand«, berichtete Serge. »Hat ein Drittel unserer Leute und ein paar verrückte coyos von anderen Schiffen. Im Moment haben sie die Transitpunkte in Richtung nach oben zum Kommandodeck und nach unten zum Maschinendeck besetzt, außerdem die Wache und die Waffenkammer. Ein paar kleine Trupps laufen durch die Walze und machen Stress.«
»Wie gut sind sie bewaffnet?«
»Nicht so bien sa moi.« Serge grinste. »Sie glauben, sie hätten uns auch die Kommunikation gesperrt, aber ich habe eine Hintertür geöffnet.«
»Was haben Sie getan?«
»Bin immer auf merde mal vorbereitet. Sie können mich ja später ausschimpfen«, erklärte Serge. »Ich stelle jetzt Trupps zusammen und räume in der Walze auf. Bis zur Schlafenszeit haben wir die Bande ausgeräuchert.«
»Sie müssen mit diesen Leuten vorsichtig sein, Serge.«
»Klar doch, Boss. Wir wissen schon, was wir tun. Kenne das Schiff besser als jeder andere. Bringen Sie sich in Sicherheit, und lassen Sie uns machen.«
Bull schluckte. Es schmerzte, jemand anders die Kontrolle zu überlassen.
»In Ordnung.«
»Wir haben versucht, Kapitän Pa zu erreichen«, fuhr Serge fort.
»Ich habe sie gewarnt. Möglicherweise nimmt sie keine Verbindungen an, solange sie nicht weiß, wem sie trauen kann«, erwiderte Bull. Er verzichtete darauf, den naheliegenden Gedanken auszusprechen: Oder sie haben sie schon geschnappt.
»Alles grün«, sagte Serge. Es war nicht zu überhören, dass der Mann den gleichen Gedanken gehabt hatte. »Was ist, wenn wir Ashford erwischen?«
»Wir haben nicht die Erlaubnis, ihn zu töten«, sagte Bull.
»Glauben Sie, wir können auf Vergebung hoffen, wenn ein Finger nervös wird?«
»Wahrscheinlich.«
Serge grinste. »Muss jetzt los, Boss. Wenn alles besiegelt und cerrado ist und Sie XO werden, kriege ich dann Ihren Schreibtisch?«
»Vergessen Sie das«, sagte Bull. »Wenn der Mist vorbei ist, können Sie selbst XO werden.«
»Halten Sie die Ohren steif, Boss.« Serge trennte die Verbindung.
39 Anna
Die erste Predigt, die Anna gleich nach dem Priesterseminar voller Eifer vor einer Gemeinde gehalten hatte, war siebzehn eng beschriebene Seiten lang gewesen. Ihre ausführliche Deutung des ersten Kapitels aus dem Buch Maleachi
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