Abaddons Tor: Roman (German Edition)
haben Sie vor?«
»Ich habe überhaupt nichts vor, Matilda«, erwiderte Cortez. »Es ist nur so, dass die rechtmäßige Autorität auf dem Schiff wiederhergestellt wurde, und Kapitän Ashford führt wieder das Kommando.«
»Na gut, Hector«, erwiderte Tilly. »Aber was haben Sie damit zu schaffen? Das scheinen doch innere Angelegenheiten der AAP zu sein. Was geht Sie das alles an?«
Cortez würdigte sie keines Blickes, sondern wandte sich an Anna. »Dr. Volovodov, können wir uns unter vier Augen unterhalten?«
»Tilly kann alles hören, was …«, setzte Anna an, doch Tilly winkte ab.
»Ich gehe raus und rauche eine.«
Als sie das Zelt verlassen hatte, rückte Cortez mit seinem Stuhl so weit heran, dass seine Knie beinahe Annas Beine berührten. Er beugte sich vor und nahm ihre Hände. Anna hatte nie das Gefühl gehabt, dass Hector sich sexuell für sie interessierte, und auch jetzt entstand dieses Gefühl nicht, doch irgendwie fühlte sich seine Nähe sehr unbehaglich an. Aufdringlich.
»Anna.« Er drückte ihre Hände. »Auf diesem Schiff und vor allem hinsichtlich unserer Berufung wird es dramatische Veränderungen geben. Ich habe das Glück, dass Kapitän Ashford mir vertraut und meinen Rat sucht, und deshalb habe ich einen gewissen Einfluss auf die Richtung, in die sich alles entwickeln wird.«
Die erzwungene Nähe und der bittere Geschmack, den sie immer noch im Mund hatte, nachdem sie die Ermordung eines Mannes beobachtet hatte, weckten einen Zorn in ihr, den sie selbst nicht in sich zu finden erwartet hätte. Heftiger als beabsichtigt entzog sie ihm die Hände und empfand ein wenig Genugtuung, als sie seine verletzte und überraschte Miene sah.
»Wie schön für Sie«, sagte sie so neutral, wie es ihr nur möglich war.
»Dr. Volovodov … Anna, ich möchte Sie um Ihre Unterstützung bitten.« Das ungläubige Schnauben konnte sie nicht unterdrücken, doch er sprach ungerührt weiter. »Sie können mit Menschen umgehen. Ich bin gut, wenn ich vor der Kamera stehe, aber im Einzelgespräch bin ich es nicht, und dort glänzen Sie. Das ist Ihre Begabung. Wir stehen vor schrecklichen persönlichen Prüfungen. Es wird den Menschen schwerfallen, unsere Lage wirklich zu verstehen. Ich wünsche mir, dass Sie die Stimme erheben, um den Menschen zusammen mit mir Mut zu machen.«
»Worüber reden Sie da?« Es gelang ihr kaum, die Worte durch die beengte Kehle hervorzustoßen. Sie hatte das Gefühl, in ein furchtbares Geheimnis eingeweiht zu werden. Cortez dagegen strahlte die unerschütterliche Gewissheit eines wahren Gläubigen aus.
»Wir werden das Tor schließen«, verkündete er. »In unserem Besitz befindet sich eine Waffe, die unserer Ansicht nach funktionieren wird.«
»Nein«, sagte Anna. Es war eher Unglaube als der Wunsch, ihm zu widersprechen.
»Doch. In diesem Moment arbeiten die Ingenieure bereits daran, den Kommunikationslaser dieses Schiffs zu verstärken, damit er den Ring zerstören kann.«
»Das meinte ich nicht«, setzte Anna an, doch Cortez sprach bereits weiter.
»Wir sind verloren, können aber wenigstens diejenigen beschützen, die wir zurückgelassen haben. Wir können der größten Bedrohung, vor der die Menschheit je stand, Einhalt gebieten. Dazu ist es lediglich erforderlich, dass wir unsere Hoffnung auf Rückkehr aufgeben. Ein kleiner Preis, wenn es gilt …«
»Nein«, erwiderte Anna energischer. »Nein, Sie dürfen dies nicht für all die anderen Menschen entscheiden.« Nicht für mich, dachte sie. Du wirst mir nicht meine Frau und meine Tochter einfach so wegnehmen, nur weil du Angst hast.
»In Zeiten großer Gefahr, wenn Opfer gefordert sind, muss jemand den Schritt wagen und die schwierigen Entscheidungen treffen. Ashford ist bereit, die Bürde zu tragen, und ich unterstütze ihn. Nun ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen es verstehen und mitwirken. Sie müssen erfahren, dass ihr Opfer die Milliarden Menschen schützen wird, die wir zurückgelassen haben.«
»Das wissen wir nicht«, widersprach Anna.
»Diese Station hat schon Hunderte Menschenleben gefordert, vielleicht sogar Tausende.«
»Weil wir Entscheidungen getroffen haben, ohne zu wissen, wie die Konsequenzen aussahen. Wir sind Holdens Schiff durch den Ring gefolgt, wir haben Soldaten auf die Station geschickt, um ihn zu fassen, wir handeln ohne Informationen und werden wütend, wenn es uns wehtut.«
»Es hat uns nicht wehgetan. Es hat uns getötet. Sehr viele von uns.«
»Wir sind wie
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