Abaddons Tor: Roman (German Edition)
wollten ihn trotz der niedrigen Schwerkraft kaum noch tragen. »Keine Entschuldigungen. Gut gemacht.« Er nickte, weil Amos sich immer noch mit schmerzverzerrter Miene die Schulter rieb. »Ich dachte, die sei gebrochen.«
Amos schnaubte. »Der Arm ist nicht abgefallen, und für zwei Idioten wie die hier reicht es immer noch.« Er bückte sich und nahm den Bewusstlosen die Waffen und die Munition ab. Hinter Holden tauchte eine Schwester auf, eine Plastikkiste in der Hand und eine Frage im Gesicht.
»Hier gibt es nichts zu sehen«, sagte Holden. »Wir sind gleich weg.«
Sie deutete auf eine Tür in der Nähe. »Vorratslager. Da wird eine Weile niemand reinschauen.« Damit machte sie kehrt und entfernte sich in die Richtung, aus der sie gekommen war.
»Du hast einen Fan«, sagte Naomi.
»Nicht alle in der AAP hassen uns«, erwiderte Holden. Er drehte das Bett und half Amos, die Bewusstlosen in das Lager zu schleppen. »Wir haben mehr als ein Jahr lang gute Arbeit für sie geleistet. Das wissen die Leute.«
Amos gab Holden eine kompakte schwarze Pistole und zwei Reservemagazine. Holden steckte die Waffe in den Hosenbund und zog das Hemd darüber. Amos folgte seinem Beispiel mit der zweiten Waffe, dann legte er die Schrotflinten neben Naomi auf das Bett und zog die Decke darüber.
»Wir wollen es wirklich nicht auf eine Schießerei ankommen lassen«, warnte Holden, als sie sich wieder in Bewegung setzten.
»Ja«, stimmte Amos zu. »Aber falls wir trotzdem in eine hineingeraten, ist es nett, ein paar Waffen zu haben.«
Der Ausgang des Krankenhauses lag ein Stück weiter den rechten Gang hinunter, und auf einmal waren sie draußen, oder jedenfalls so sehr draußen, wie man es in der riesigen bewohnbaren Walze der Behemoth überhaupt sein konnte. Von außen betrachtet wirkte die Krankenstation billig und eilig zusammengewürfelt. Eine Baracke in der Größe eines Footballfeldes aus Kunstharz, Kohlenstofffasern und Fiberglas. Ein paar Hundert Meter entfernt breitete sich eine Zeltstadt wie Akne auf der glatten Fläche der Walze aus.
»Da lang.« Naomi deutete auf eine stabiler wirkende Konstruktion aus Stahl. Holden schob das Bett, Amos ging ein paar Meter voraus, lächelte und nickte jedem zu, der in ihre Richtung blickte. Irgendetwas in Amos’ Miene veranlasste die Passanten, den Blick abzuwenden und sich eilig zu verdrücken.
Als sie sich dem gedrungenen metallenen Gebäude näherten, ging in der Seitenwand eine Tür auf, und Sams Elfengesicht erschien. Ungeduldig winkte sie ihnen. Ein paar Minuten und einige gewundene Gänge später erreichten sie einen kleinen Raum mit nackten Metallwänden. Amos sackte sofort in sich zusammen, legte sich flach auf den Rücken und streckte den linken Arm aus.
»Autsch«, sagte er.
»Tut dir was weh?« Sam versperrte hinter ihnen die Tür mit einer kleinen metallenen Zugangskarte und warf sie Naomi zu.
»Wir sind alle verletzt«, erklärte Holden. »Was, zum Teufel, ist hier los?«
Sam blies die Wangen auf und fuhr sich mit einer verschmierten Hand durch die roten Haare. Die schwarzen Streifen verrieten Holden, dass sie dies in der letzten Zeit öfter getan hatte. »Ashford hat das Schiff wieder übernommen. Er hat mit wichtigen Leuten von der UN-Raummarine, den Marsianern und einigen einflussreichen Zivilisten eine Art Koalition gebildet.«
»In Ordnung.« Holden war klar, dass er die Hintergründe nicht gut genug kannte, um mitreden zu können, wollte aber keine Zeit mit langatmigen Erklärungen verschwenden. »Demnach gehören die Leute, die durch die Gänge patrouillieren, zu Ashford?«
»Genau. Er schaltet alle aus, die Bull oder Pa bei der ursprünglichen Meuterei geholfen haben, oder, was weiß ich, vielleicht auch einfach alle, die er für eine Bedrohung hält.«
»Da uns zwei Wachleute erschießen wollten, stehen wir wohl auf dieser Liste«, überlegte Naomi.
»Ganz sicher.« Sam nickte. »Ich konnte Pa noch nicht ausfindig machen, aber Bull hat mich angerufen, und daher weiß ich, dass er wohlauf ist.«
»Sam.« Holden hob beschwichtigend beide Hände. »Vergiss nicht, dass ich keine Ahnung habe, wer diese Leute sind und warum sie von Bedeutung sind. Wir haben sowieso keine Zeit für lange Erklärungen. Sag uns einfach nur, was wichtig ist.«
Sam wollte Einwände erheben, dann zuckte sie mit den Achseln und schilderte ihm den Plan, den Com-Laser zu benutzen. »Wenn ich mache, was er von mir verlangt, bekommen wir für eine Dreiviertelsekunde einen Impuls,
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