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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Nami zur Erde gebracht hatte, wo deren zarte Knochen brachen, weil die Kleine von der Schwerkraft zerquetscht wurde. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann hörte es auf. Aus dem Com an der Wand drang eine Stimme: »Alle Mann auf Gefechtsstation.«
    Anna nahm an, dass sie nicht damit gemeint war, denn sie hatte keine Ahnung, was eine Gefechtsstation war. Es gab keine weiteren Alarmmeldungen, und die Stimme gab keine weiteren unheildrohenden Befehle über den Com durch. Nach dem unsanften Erwachen aus dem Albtraum war sie allerdings hellwach und sehr nervös. Sie stieg aus der Koje, schickte eine kurze Videobotschaft an Nono und Nami und zog sich an.
    Im Flur und in den Aufzügen war nicht viel Betrieb. Die Leute vom Militär, die sie sah, wirkten angespannt, zu ihrer Erleichterung aber nicht sonderlich verängstigt. Nur sehr aufmerksam und wachsam.
    Da sie nichts anderes zu tun hatte, wanderte sie zur Offiziersmesse und bestellte sich ein Glas Milch. Als es kam, war sie verblüfft, weil es sich um echte Milch handelte, die tatsächlich irgendwann einmal aus einer Kuh gemolken worden war. Wie viel Geld gaben die UN eigentlich für dieses Kaspertheater aus?
    Die einzigen anderen Gäste in der Messe waren ein paar Offiziere und eine kleine Gruppe ziviler Dienstleister, die Kaffee tranken und auf den Sitzen lümmelten wie Arbeiter in der Mitte der Nachtschicht. Ein Dutzend Metalltische waren im Boden verschraubt, davor standen magnetisch verankerte Stühle. Auf den Wanddisplays liefen Informationen für die Schiffsoffiziere ab, mit denen Anna nichts anfangen konnte. Eine Reihe Durchreichen wurde von der Kombüse aus mit Tellern bestückt. Dahinter rauschten große Geschirrspüler, es roch nach Reinigungsmittel. Es war, als säße sie in einem sehr, sehr sauberen Restaurant viel zu nahe an der Küche.
    Anna trank langsam die Milch, genoss den köstlichen Geschmack und den lächerlichen Luxus. Irgendwo schlug ein Handterminal an, worauf zwei zivile Mitarbeiter aufstanden und gingen. Eine schöne Frau mit traurigem Gesicht blieb allein zurück und betrachtete mit leerem, in die Ferne gerichtetem Blick ein Terminal auf dem Tisch.
    »Verzeihung, Madam«, sagte jemand hinter ihr. Anna wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen. Ein junger Mann in der Uniform eines Marineoffiziers trat in ihr Gesichtsfeld und deutete linkisch auf den Stuhl neben ihr. »Darf ich?«
    Anna fasste sich weit genug, um ihn anzulächeln, was er als Einladung deutete, sich mit steifen Bewegungen niederzulassen. Für einen Erder war er sehr groß, er hatte kurzes blondes Haar, breite Schultern und die schmalen Hüften, die man anscheinend unabhängig vom Geschlecht bei allen jungen Offizieren sah.
    Anna gab ihm die Hand. »Anna Volovodov.«
    »Chris Williams«, erwiderte der junge Offizier und schüttelte ihr kurz, aber fest die Hand. »Ich weiß bereits, wer Sie sind, Madam.«
    »Wirklich?«
    »Ja, Madam. Meine Verwandten in Minnesota sind Methodisten, und die Tradition reicht so weit zurück, wie wir überhaupt nachforschen können. Als ich in der Liste der Zivilisten Ihren Namen entdeckte, prägte ich ihn mir ein.«
    Anna nickte und trank einen Schluck Milch. Wenn der Junge sie aufgesucht hatte, weil sie eine Priesterin seines Glaubens war, dann wollte er als Gemeindemitglied mit ihr sprechen. Sie wechselte innerlich die Betriebsart und wurde zur Pastorin Anna. »Was kann ich für Sie tun, Chris?«
    »Ich mag Ihren Akzent, Madam.« Chris brauchte wohl etwas Zeit, um sich auf das vorzubereiten, was er ihr mitteilen wollte, also drängte Anna ihn nicht.
    »Ich bin in Moskau aufgewachsen«, erklärte sie. »Nach zwei Jahren auf Europa gehe ich aber beinahe als Gürtlerin durch, sa sa?«
    Chris lachte, die Anspannung wich zusehends aus seiner Miene. »Gar nicht so übel, Madam. Aber wenn die Spargelstangen mit voller Geschwindigkeit reden, verstehe ich kein einziges Wort mehr.«
    Anna beschloss, die Beleidigung der Gürtler zu ignorieren. »Bitte sagen Sie nicht Madam zu mir. Damit fühle ich mich hundert Jahre alt. Sagen Sie Anna oder Pastorin Anna, wenn es schon sein muss.«
    »In Ordnung«, willigte Chris ein. »Pastorin Anna.«
    Sie saßen eine Weile in entspanntem Schweigen beisammen. Chris tastete sich langsam zu seinem eigentlichen Anliegen vor.
    »Sie haben doch sicher den Alarm gehört?«, begann er schließlich. »Ich möchte wetten, dass er Sie geweckt hat.«
    »Deshalb bin ich hier«, bestätigte Anna.
    »Ja. Gefechtsstationen. Es ist wegen

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