Abaddons Tor: Roman (German Edition)
seinem Budget zu rechtfertigen gedachte.
»Es ist schwer, überhaupt etwas zu erfahren«, sagte Chan. »Wir spähen durch ein Schlüsselloch, und der Ring selbst scheint Störungen zu erzeugen und gibt eine Strahlung ab, die es uns erschwert, brauchbare Werte zu erhalten. Wir wissen, dass die Y Que nicht zerstört wurde. Wir empfangen immer noch den Videofeed, den der Bursche aussendet, doch leider sieht man dort nicht viel.«
»Sterne?«, fragte Ashford. »Irgendetwas, das uns beim Navigieren hilft?«
»Nein, Sir«, erwiderte Chen. »Auf der anderen Seite des Rings gibt es keine Sterne, und die Hintergrundstrahlung im Mikrowellenbereich unterscheidet sich erheblich von dem, was wir erwartet haben.«
»Was bedeutet das?«, fragte Ashford.
»Das bedeutet: Es ist ziemlich verrückt, Sir«, antwortete Chan.
Mit kühlem Lächeln forderte Ashford den Wissenschaftsoffizier auf, seinen Vortrag fortzusetzen. Chan hüstelte, ehe er weitersprach.
»Wir haben noch zwei weitere Anomalien entdeckt, die wir nicht recht einordnen können. Es sieht so aus, als gebe es auf der anderen Seite eine maximale Geschwindigkeit.«
»Könnten Sie das etwas genauer erklären?«, fragte Pa.
»Die Y Que flog sehr schnell durch den Ring«, sagte Chen. »Etwa sieben Zehntelsekunden nach Erreichen der anderen Seite setzte ein starker Bremsvorgang ein. Binnen fünf Sekunden verlor das Schiff fast die gesamte Geschwindigkeit. Anscheinend tötete der abrupte Bremsvorgang den Piloten. Seitdem entfernt sich das Schiff langsamer vom Ring und fliegt in den Raum auf der anderen Seite hinein.«
»Wir wissen, dass das Protomolekül, wenn es aktiv ist, die Trägheitsgesetze verändern kann«, gab Sam zu bedenken. »Hat es das Schiff auf diese Weise aufgehalten?«
»Das ist gut möglich«, bestätigte Chan. »Mars hat Sonden durch den Ring geschickt. Anscheinend setzt der Effekt bei etwa sechshundert Metern pro Sekunde ein. Darunter verhält sich die Masse, wie wir es erwarten. Darüber wird sie brutal abgebremst und bewegt sich ungefähr in die gleiche Richtung wie die Y Que .«
Sam pfiff leise durch die Zähne.
»Das ist wirklich langsam«, sagte sie. »Da wäre der Hauptantrieb fast nutzlos.«
»Es ist langsamer als ein Gewehrschuss«, erklärte Chan. »Das Gute daran ist aber, dass es nur Masse oberhalb der Quantenebene beeinflusst. Das Lichtspektrum ist normal, was das sichtbare Licht einschließt.«
»Man muss ja für jede Kleinigkeit dankbar sein«, bemerkte Sam.
»Was verraten uns die Sonden sonst noch?«
»Da draußen ist etwas«, fuhr Chan fort. Nun klang seine Stimme eindeutig besorgt. »Die Sonden erkennen große Objekte. Allerdings gibt es dort nicht viel Licht, wenn man von dem absieht, was durch den Ring strahlt oder von den Sonden selbst erzeugt wird. Wie ich schon sagte, liefert der Ring widersprüchliche Daten. Aber wenn das, was dort drüben ist, aus dem gleichen Zeug besteht, kann man nicht viel sagen.«
»Schiffe?«, fragte Ashford.
»Vielleicht.«
»Wie viele?«
»Mehr als hundert, weniger als tausend. Wahrscheinlich.«
Bull beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. Ashford und Pa betrachteten die bleichen Gesichter in der Runde. Sie hatten es vorher gewusst, denn sie mussten nicht auf eine Konferenz warten, um die Informationen zu erhalten. Jetzt schätzten sie die Reaktionen der Teilnehmer ein. Also schenkte er ihnen eine Reaktion und leitete einen kontrollierten Absturz ein.
»Viel verrückter wäre es gewesen, wenn dort überhaupt nichts gewesen wäre. Wäre es allerdings eine Invasionsflotte, dann hätte sie längst angegriffen.«
»Richtig.« Ruiz stürzte sich dankbar auf diese Einschätzung.
Ashford ließ nun Fragen zu. Wie viele Sonden hatte der Mars abgeschossen? Wie lange dauerte es, bis ein Objekt bei einer Geschwindigkeit von sechshundert Metern pro Sekunde eines der fremden Objekte erreichte? Hatten sie es mit kleineren Sonden versucht? Hatte es irgendwelche Versuche der Kontaktaufnahme vom Protomolekül gegeben, ähnlich den gestohlenen Stimmen der Menschen auf Eros? Chan bemühte sich, die Teilnehmer zu beruhigen, konnte aber im Grunde nicht viel mehr sagen. Bull nahm an, dass Ashford und Pa einen ausführlicheren Bericht erhalten hatten, und fragte sich, was darin gestanden hatte. Es schmerzte, auf diese Weise ausgeschlossen zu werden.
Ashford beendete die Fragestunde. »Das ist ja schön und gut, aber es ist nicht unser wichtigstes Anliegen. Wir sind nicht hier, um Sonden durch
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