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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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schallend gelacht. Holden hatte die Sendung ihrer Botschaft unterbrochen, dabei jedoch seine gesamte Kommunikation abschalten müssen. Er konnte keinesfalls rechtzeitig einen Widerruf ausstrahlen.
    Während er durch den Ring geflogen war, hatte sie drei Unterhaltungen gleichzeitig geführt und ein elektrisches Messgerät auf gefährliche Stromschwankungen hin überwacht. Erst nach der Rückkehr zur Cerisier hatte sie erfahren, dass Holden gar nicht gestorben war und auch nicht sterben würde. Die Rakete war gestoppt und der Feind war verschont geblieben.
    Auf dem Schiff war sie direkt in die Kabine gegangen, hatte sich auf der Druckliege zusammengerollt und die aufkeimende Panik unterdrückt. Ihr Gehirn ging aus dem Leim, die Gedanken streunten willkürlich in alle möglichen Richtungen. Wenn die Marsianer nur ein paar eigene Raketen abgefeuert hätten, statt darauf zu bauen, dass die AAP die Drecksarbeit erledigte, wäre Holden tot. Wäre die Rosinante der Behemoth beim Abschuss des Torpedos ein paar Tausend Kilometer näher gewesen, dann wäre Holden tot. Die kardanische Aufhängung der Koje schwenkte das Bett hin und her, während die letzte Phase des Bremsschubs begann. Schließlich wurde ihr bewusst, dass sie am ganzen Körper zitterte. Sie warf sich fest in das Gelpolster. Wenn das Ding, welches das Protomolekül erschaffen hatte, dieses namenlose böse Ding, das jenseits des Rings in der unendlichen Schwärze lauerte, nicht die Gesetze der Physik verändert hätte, dann wäre Holden tot.
    Holden lebte noch.
    Sie hatte von Anfang an gewusst, dass James Holdens Vernichtung möglicherweise scheitern würde. Wenn irgendjemand sie näher unter die Lupe genommen hätte, wären gewisse Widersprüche aufgefallen. Außerdem war es nicht möglich gewesen, die Sendung von Holdens Schiff genau auf den Zeitpunkt zu legen, wenn die Rosinante an der richtigen Stelle war und die Falle zuschnappte. Im Video gab es Artefakte, die man bei einer genauen Untersuchung entdecken konnte. Dies hätte jedoch erst geschehen sollen, wenn es längst zu spät war. James Holdens Schicksal wäre zu diesem Zeitpunkt längst besiegelt gewesen. Neue Beweise hätte man als abstruse Ideen und wilde Verschwörungstheorien abgetan. Die Voraussetzung war jedoch, dass Holden und seine Crew tot waren. Das hatte sie ihren Vater oft sagen hören. Wenn der Gegner tot war, bekam der Magistrat nur noch eine Version der Geschichte zu hören. Sobald Holden seine Kommunikationsanlage repariert hatte, würden die Nachforschungen beginnen. Man würde sie erwischen und herausfinden, dass sie dahintersteckte.
    Und – der Gedanke hatte den Kupfergeschmack der Angst – man würde Ren finden und entdecken, dass sie ihn getötet hatte. Ihr Vater würde es erfahren und in seiner Zelle hören, dass sie Ren totgeschlagen hatte, und das wäre schlimmer als alles andere. Nicht, dass sie es getan hatte, dachte Melba. Sondern vielmehr die Tatsache, dass man sie dabei erwischt hatte.
    Das Geräusch kam von der Tür. Drei energische Schläge. Unwillkürlich schrie sie auf. Ihr Herz raste, das Blut pochte im Hals und dröhnte hinter den Rippen.
    »Miss Koh?«, sagte Soledad. »Sind Sie da? Darf ich … ich würde gern mit Ihnen reden, wenn Sie …«
    Ihr wurde beinahe schwindlig, als sie die Angst in der Stimme eines anderen Menschen hörte. Melba stand auf. Entweder der Pilot richtete das Schiff neu aus, oder sie war wacklig auf den Beinen. Sie wusste nicht, was zutraf. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr eine Frau, die beinahe einem ganz normalen Menschen glich, der gerade aus einem tiefen Schlaf gerissen worden war.
    »Einen Moment.« Sie fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die Haare und presste die dunklen Locken auf den Kopf. Ihr Gesicht fühlte sich feucht an. Da konnte man nichts machen. Sie öffnete die Tür.
    Soledad stand auf dem schmalen engen Gang, ihr Unterkiefer mahlte, als kaute sie auf etwas herum. Die weit aufgerissenen Augen musterten Melba, irrten ab, kehrten zu ihr zurück.
    »Es tut mir leid, Miss Koh, aber ich kann … ich kann es nicht tun. Ich kann nicht dorthin gehen. Feuern Sie mich meinetwegen, aber ich kann nicht dorthin gehen.« Melba legte der Frau eine Hand auf den Arm. Die Berührung ließ sie beide zusammenzucken.
    »Schon gut«, sagte sie. »Alles wird gut. Wohin können Sie nicht gehen?«
    Das Schiff drehte sich. Dies war keine Einbildung, denn auch Solé bewegte sich.
    »Die Prince «, erklärte Soledad. »Ich will nicht … ich will

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