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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Seite. „Wo ist das?“, fragt er.
    Edda antwortete nicht. Als sie von ihrem Buch aufschaute und ihm in die Augen blickte, berührte Simons Mund beinahe Eddas Scheitel und er sog den Geruch ihrer Haare ein.
    „Machst ’n du da?“, fragte sie verwundert.
    „Ich schau die Bilder an!“, sagte Simon so harmlos wie möglich und schaffte es, nicht rot zu werden. Er merkte, dass er unsicher und befangen wurde, und wusste nicht, was er dagegen tun sollte. Edda schaute ihm ins Gesicht, legte die Stirn in Falten.
    „Was glotzt du ’n so ?!“
    „Nix. Ich freu mich, dass du hier bist.“
    „Und wieso freust du dich?“
    „Nur so ...“, sagte Simon. „Mag dich halt. Wieso stellst du immer so doofe Fragen?“
    „Typisch!“ Edda sprang vom Stuhl auf. Die Bilder in dem Buch hatten sie verstört, sie wollte jedoch nicht darüber reden.
    „Was ist typisch?“
    „Dass du ‚nur so’ gesagt hast, mehr nicht.“
    „Ich hab sonst nix zu sagen.“
    „Eben.“ Störrisch wandte sich Edda ab.
    Simon stöhnte auf. Gott, wieso war es so schwer? Wieso konnte er in ein Gefängnis einbrechen, einen glatzköpfigen Verbrecher zähmen, wieder aus dem Gefängnis ausbrechen, seine Verfolger abschütteln, aber nicht mit dem Mädchen reden, das er liebte? Mit dem er jetzt allein in einer geheimnisvollen Wohnung in Berlin war, von der er nicht wusste, ob er sie nicht einfach nur träumte.
    War Edda auch ein Traum?
    Frustriert beobachtete er, wie Edda auf die Bühne in dem angrenzenden Keller trat und die fremdartigen Apparate betrachtete, die aussahen wie wissenschaftliche Geräte aus einer alten Arztpraxis oder Requisiten aus einem Stummfilm.
    Simon fluchte innerlich.
    „Ich begreif das alles nicht“, sagte Edda. „Was sind das für Geräte? Ist das ’ne Arztpraxis? Meine Großmutter hat mir nie hiervon erzählt.“ Edda war ratlos.
    Wie gerne hätte Simon ihr jetzt eine Antwort geliefert. Aber wie? Weil ihm nichts Besseres einfiel, blätterte er durch die Kuverts, die in der Schale mit der Aufschrift »Posteingang« lagen. Ganz oben war ein großer Umschlag, mit dem Briefkopf nach unten. Er nahm ihn heraus, drehte ihn um und las: „Simon, Edda und Linus. Vertraulich“. Es war dieselbe alte, verschnörkelte Handschrift, mit der auch die Notizblätter auf dem Nachttisch beschriftet waren. Für eine Sekunde hatte Simon das Gefühl, in eine Zeitmaschine geraten zu sein, Teil eines großen endlosen Kreises zu sein, dem er unbewusst folgte und in dem er ein kleines, ferngesteuertes Rädchen war, das nicht wusste, was es tat, außer sich zu drehen, wenn auch das große Rad sich drehte.
    „Edda ...“, stammelte er.
    Edda kam zurück und beugte sich über Simon. Er spürte, wie sie ihre warme Hand auf seine Schulter legte. Sie las verwirrt ihre Namen auf dem Kuvert und suchte nach einer schnellen, logischen Erklärung.
    „Hast du doch geschrieben, oder?“ Sie versuchte, leicht zu klingen; unbesorgt.
    Simon aber schüttelte nur den Kopf und riss schon den Umschlag auf. Er zog eine kleine Rolle heraus, deren Durchmesser etwa zehn Zentimeter maß und auf die ein braunes glänzendes Band gewickelt war. »Magnetophon« stand darauf. Sie starrten es ratlos an.
    „Altes Tesa oder so was ...“, sagte Simon enttäuscht.
    „Nee! ´ne Tonbandspule“, sagte Edda und nahm die Hand weg. „Meine Oma hat so ein Ding gehabt, als ich klein war. Damit haben die früher Musik aufgenommen und abgespielt.“
    Ungläubig starrte Simon auf die Plastikspule. „Mit so ’ner Rolle?“
    „Man legt sie in ein Tonbandgerät ein und spielt sie ab.“
    „Weißt du, wie so ein Ding aussieht?“
    „So ’n Kasten mit zwei Spulen halt“, meinte Edda.
    Simon und Edda begaben sich zu der Bühne mit den wissenschaftlichen Geräten, aber keins davon erinnerte Edda an das Tonband, das sie bei Marie gesehen hatte.
    Edda betätigte einen kleinen Schalter in der Bühnenwand. Eine Metalltür glitt erstaunlich leise auf und gab den Blick auf einen kabinenartigen, dunklen Raum frei: Dort, hinter einer Glaswand, stand ein Tonband. Ohne zu zögern trat Edda ein, doch im gleichen Augenblick schloss sich die Tür hinter Edda genauso lautlos, wie sie sich geöffnet hatte.
    „Simon!“, schrie Edda.
    Er sprang auf die Tür zu und versuchte hektisch, den Fuß zwischen das Metall und die Wand zu bringen, doch es war zu spät.
    Edda war verschwunden. Der Mann hatte ihn gewarnt!
    Simon stand vor dem kleinen Brett, auf dem mehrere Schalter angebracht waren, und versuchte,

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