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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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betrachtete ihr junges Gesicht darin. Ihre Wangen glühten.
    „Sie ist nervös.“
    Greta fixierte den Bildschirm angespannt. Sie kamen der entscheidenden Begegnung näher. „Hoffentlich hat sie es nicht versaut.“
    Victor wandte sich Greta zu. Er sah, wie sich ihre Hände vor Anspannung verkrampften. Weiß glänzten die Knöchel durch die dünne, alte Haut. Die Frau, die er immer für ihren Mut, die Grenzen der Wissenschaft zu überschreiten, bewundert hatte, hatte sich verändert. Ihre Leidenschaft war einem gefährlichen Fanatismus gewichen. Auch Victor war nervös. Greta hatte ihn dazu überredet mehrere Areale in Maries Hirn gleichzeitig zu stimulieren. Traum, Erinnerung, Langzeitgedächtnis – irgendwo musste die Begegnung von Bernikoff und Marie mit Hitler und den anderen Größen des Dritten Reichs zu finden sein.
    „Ich habe kein gutes Gefühl“, sagte auf dem Bildschirm Marie in die Stille und Greta atmete tief durch.
    Mit besorgtem Blick schaute Bernikoff Marie an. Dann strich er ihr mit dem weichen Rücken seiner Hand über die Wange. Für einen Augenblick wanderten Maries Mundwinkel nach oben, doch ihre Augen blieben skeptisch.
    „Schau ihm nicht in die Augen. Er liebt es, wenn Menschen vor ihm den Blick senken. Du brauchst nichts zu tun, als zu lächeln, wenn du mir assistierst“, versuchte Bernikoff sie zu beruhigen, doch seine Worte bewirkten das Gegenteil.
    Marie schluckte.
    „Willst du sie alle umbringen?“, fragte Marie mit leiser Stimme.
    Für einen Moment hingen sie beide dem Klang der Frage nach. Bernikoff schüttelte den Kopf.
    „Wenn ich sie töten würde, wäre ich wie sie. Das wäre das Schlimmste, was mir passieren könnte.“
    Marie nickte. Sie spürte, weshalb ihr Vater den Grund für sein Handeln für sich behalten wollte. Sie nahm sich vor, weniger Fragen zu stellen und ihrem Vater zu vertrauen. Dann ergriff sie seine Hand und drückte sie.
    „Ich helfe dir, Papa“, sagte sie leise.
    Es klopfte laut an der Tür der Umkleide. Marie fuhr zusammen.
    „Herein!“, rief Bernikoff.
    Ein älterer Mann, der zum Wintergarten gehörte, steckte den Kopf in die Tür und sah sich mit flinken Augen in der Garderobe um.
    „Sind wir schon dran?“, fragte Bernikoff erstaunt.
    „Zwei Herren haben eben nach Ihrer Garderobe gefragt – dachte, das würde Sie interessieren. Hab sie auf Besichtigungstour durch den Keller geschickt, aber die sehen nicht aus, als ob sie sich lange aufhalten lassen. Prinz-Albrecht.“
    Marie sah, wie Bernikoff trotz seiner dunklen Haut erbleichte. In der Prinz-Albrecht-Straße lag das Hauptquartier der Gestapo.
    „Verdammt!“, schimpfte Greta. „Das heißt, sie sind ihm gar nicht begegnet! All dieser Hokuspokus umsonst!“
    „Immer mit der Ruhe“, sagte Victor.
    „Du solltest die Frequenz intensivieren. Hast du alle Areale ihres Hirns erfasst?“, drängte Greta.
    „Ein Mensch ist keine lebende Datei mit Schnellvorlauf und Suchfunktion!“ Victor deutete auf das EKG von Marie, das permanent erstellt wurde. „Wenn ich die Frequenz erhöhe oder gleichzeitig verschiedene Regionen ihres Hirns stimuliere, kann sie daran sterben. Oder sie bleibt in dem Alter stecken, in dem sie sich gerade befindet. Lock-in.“
    „So nah vor dem Ziel gebe ich nicht auf! Ich will wissen, was hinter Bernikoffs Plan steckt! “
    Victor schüttelte deprimiert den Kopf. Dieses Projekt begann ihn zu erschöpfen.
    „Ich weiß wirklich nicht, was daran so interessant sein soll“, sagte er.
    Greta starrte ihn an.
    „Das kann ich dir sagen: Hitler wurde 1918 wegen einer hysterischen Erblindung in einem Kriegslazarett in Mecklenburg durch Hypnose behandelt, um ihn wieder zurück an die Front zu schicken – weil er es unbedingt wollte. Allerdings wurde der behandelnde Arzt vorher abkommandiert und er hatte keine Zeit mehr ihn zu erwecken.“
    Victor winkte ab.
    „Das ist nicht bewiesen!“
    „Ach nein? Und wieso hat man den behandelnden Arzt 1933 gezwungen sich zu töten?“
    „Das sind doch Verschwörungstheorien aus dem Internet! Was soll so schlimm an einer Hypnose Hitler s sein?“, fragte Victor. „Das war ewig her, als er an die Macht kam!“
    „Wenn der Führer in Wahrheit ein hysterischer Blindgänger war und das deutsche Volk einem verrückten Schlafwandler folgte – ja, was sollte daran eigentlich schlimm sein?“, fragte Greta zynisch. „So dumm kann nur ein Amerikaner fragen! Möglicherweise befand Hitler sich für den Rest seines Lebens im Zustand einer

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