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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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riesigen Händen griff er nach den Hälsen der Männer und schlug ihre Köpfe mit solcher Wut und unfehlbarer Präzision zusammen, dass ein lautes Knacken von den Wänden hallte und sie leblos zu Boden sackten wie Marionetten, denen jemand die Fäden gekappt hatte. Entsetzt starrte Linus seinen Retter an, dessen Gesicht ihm im Gegenlicht entgegenstrahlte, während er Linus mit einem Ruck an der Jacke auf die Beine zog. Es war tatsächlich Bobo, der nun ohne Umschweife daran ging, die Taschen der beiden Männer zu durchsuchen und ihre Brieftaschen zu plündern.
    „Eigentlich sollte man ja keinen Abfall auf die Erde werfen.“ Bobo deutete ungerührt auf die beiden Männer. „Aber für den Mülleimer sind sie einfach zu groß.“
    „Wieso waren Sie plötzlich da?“, fragte Linus.
    Bobo kratzte sich mit einer Kreditkarte unter der zu kleinen Mütze und deutete dann auf das Telefon am Boden, das in eine der Kabinen geschliddert war. Linus hob es auf und steckte es in die Tasche. Dann ließ Bobo die leeren Brieftaschen auf den Boden segeln.
    „Musste pinkeln“, sagte er schließlich lapidar und wendete sich zum Ausgang. „Jetzt nicht mehr. Is’ mir vergangen. Seltsam, oder? Muss ich im Blick behalten, ob es da einen Zusammenhang gibt. Zwischen Brutalität und Harndrang.“ Er hielt er inne, überlegte.
    „Wenn ich mich recht erinner, dann musste ich gar nicht pinkeln. Da war nur dieses ... ‚Geh pinkeln!‘ plötzlich in meinem Kopf. Wie ’n Befehl.“ Er sah Linus an, war nun verwirrt. „Hattest du mich gerufen?“
    Linus zuckte mit den Schultern.
    „Weiß nicht, weiß nicht mehr ...“ In Wirklichkeit aber wusste er sehr genau, dass er um Hilfe gebeten hatte. Und dieser weiße Wal in Schaffneruniform da vor ihm hatte das Signal empfangen. Dass er mit Edda kommunizieren konnte, ohne zu reden, das hätte er sich gerne damit erklärt, dass sie einander so nah waren. Jetzt sollte es mit diesem Riesenbaby genauso sein? Näää ... das war Zufall. „Sie mussten einfach zum richtigen Zeitpunkt pinkeln. Danke dafür.“
    Als sie die Toilette verließen, gewährte Bobo Linus den Vortritt und ein Reisender drängte in die offene Tür. Neugierig starrte er auf die am Boden liegenden Männer.
    „Besoffen“, sagte Bobo. Der Reisende überlegte es sich anders und verschwand eilig wieder nach draußen.
    Linus und Bobo steuerten auf den Ausgang des Bahnhofs zu und fanden schließlich wieder hinaus auf den Parkplatz, wo Edda und Simon immer noch auf sie warteten. Als Simon Bobo in der Uniform erkannte, lachte er laut.
    Mit keinem Wort erwähnten Linus oder Bobo, was sich in der Toilette ereignet hatte. Der Vorfall hatte Linus sehr verstört und er versuchte sich zu erklären, wie es dazu hatte kommen können. Hatte sein sorgloses Verhalten mit der vollkommenen Freiheit von Angst zu tun? Waren das Nebeneffekte? Linus schämte sich für das, was geschehen war, gleichzeitig wusste er, dass er es den anderen sagen müsste – weil er sich angeschlagen fühlte. Aber er konnte es nicht. Stattdessen reichte er die Tüte mit den Süßigkeiten nach hinten und sah zu, wie Edda und Simon sich freuten und vollstopften. Die Stimmung wurde ausgelassener und Linus war es recht.
    „Wo hast du die ganzen Sachen her, Bobo, alte Scherbe?“, rief Simon.
    „Klopfe und dir wird aufgetan!“, antwortete Bobo mit salbungsvollem Kopfnicken.
    „Besonders wenn man » der Klopfer « heißt!“, rief Simon heiter.
    Bobo nickte. „Fürwahr, die Menschen sind gut und gütig zu einem, der in Not ist. Man muss nur auf die richtige Weise fragen und ihre Antworten zu deuten wissen. Jeder möchte Gutes tun, doch viele brauchen einen Anstoß.“
    Bei den letzten Worten schaute er zu Linus und dieser lächelte. Linus war dankbar für Bobos Schweigen. Der Teletubby hatte ihn gerettet. Wie er damit umging, zeugte von großem Einfühlungsvermögen. Doch Linus spürte auch, dass Bobo versuchte ihn aufzurichten. Das heißt, er wusste, dass es ihn getroffen hatte, dachte Linus. Mit einem Mal drehte Bobo sich zu Edda und Simon um und sein Lächeln verschwand.
    „Es war nett mit euch, meine kleinen Freunde, aber ich muss mich auf den Weg machen. In Berlin kann ich nicht bleiben“, sagte er. „Und der Dame sind das zu viele Männer ...“
    „Das stimmt ... gar nicht“, wollte Edda sagen, doch dann merkte sie, dass das eine Lüge gewesen wäre und sie blieb stumm. „Kannst du uns nicht helfen, meine Oma zu befreien?“, fragte sie stattdessen. Die Jungs

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