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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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Jahren. Er war ein Genie. Jedenfalls fühlte er sich so. Und litt darunter, dass er sein Genie nie einer Öffentlichkeit hatte beweisen können.
    Er zückte sein Handy. Wählte eine eingespeicherte Nummer. Ein knappes „Ja“ war am anderen Ende der Leitung zu hören.
    „Olsen lebt“, sagte Fischer kurz. Schweigen. Dr. Fischer konnte sich vorstellen, was in Clint vor sich ging, als er diese Nachricht hörte. Gerade erfahrene Söldner konnten nur schwer mit eigenem Versagen umgehen. Aber Dr. Fischer wusste auch, dass Clint trainiert war, keine Emotionen an solche Gedanken zu verschwenden.
    „Stehe zur Verfügung“, sagte Clint knapp.
    „Nicht nötig“, antwortete Dr. Fischer und berichtete kurz, was in den letzten 36 Stunden geschehen war. „Olsen ist wieder auf Kurs.“ Er bemühte sich gar nicht erst, den Stolz in seiner Stimme zu verstecken.
    Clint schwieg wieder. Es war klar, dass er überlegte, ob er den Ausführungen des Arztes glauben konnte. Die Nachricht war ungewöhnlich. Clint hatte Olsen erlebt. Er wusste, dass eine Rückführung nicht einfach war. Clint legte auf. Dr. Fischer lächelte. Clint würde ihn in Kürze zurückrufen. Er würde es einmal klingeln lassen, dann zweimal. Und erst beim dritten Anruf würde er erwarten, dass Dr. Fischer sich meldet. Tat er das, war es eindeutig, dass Dr. Fischer nicht zu seinem Anruf bei Clint und zu der Botschaft gezwungen worden war. Es klingelte einmal. Das Handy verstummte. Es klingelte zweimal. Beim dritten Anruf meldete sich Dr. Fischer.
    „Okay“, sagte Clint. „Wie ist er zu erreichen, wenn ich Kontakt herstellen will?“
    Dr. Fischer nannte die Nummer des Prepaid-Handys, das er Olsen mitgegeben hatte. Doch er riet Clint, Olsen noch ein wenig Zeit zu lassen. Olsen erfüllte gerade seinen ersten Auftrag. Exit.
    Der See lag ruhig und schwarz vor ihm. Olsen hatte den Ort mit den Koordinaten, die Dr. Fischer ihm gegeben hatte, erreicht. Er war mit dem Passat an das Ufer heruntergefahren und hatte sich umgesehen. Er war allein. Kein nächtlicher Angler war unterwegs, kein Liebespaar, das sich heimlich hier traf. Olsen öffnete die Heckklappe des Wagens und zerrte ein seltsames Paket heraus. Eingewickelt in eine Folie sah der Inhalt aus wie ein lebloser menschlicher Körper. Olsen hatte die Folie mit Nylonschnur umwickelt und verzurrt. Er holte von der Rückbank zwei Eisengewichte, die er mit den Nylonschnüren verknotete. Dann watete er in das Wasser und zog den Kokon ins Wasser. Leise schwappten die Wellen ans Ufer. Scheinwerfer strichen plötzlich über das spiegelnde Schwarz des Sees. Kamen näher. Olsen verharrte geduckt. Ein Wagen passierte auf der Uferstraße. Das Licht verschwand, ohne dass es Olsen oder den Passat erfasst hätte. Olsen beeilte sich, das Paket tiefer in den See zu ziehen. Schließlich hatte er die Kante erreicht, an der der Untergrund steil abfiel. Er rollte den verschnürten Körper voran, gab ihm einen letzten Stoß und hielt kurz inne. Er lauschte seinem Atem, der langsam ruhiger wurde. Ein paar Luftblasen stiegen auf, dann hatte das schwarze Wasser alles verschluckt, was Olsen hätte gefährlich werden können.
    Unbemerkt von den Nachbarn kehrte Olsen in die Wohnung von Elisabeth zurück. Er ging an ihren Schrank, fand einen Koffer und begann, ihn mit ihren Sachen zu packen. Alles, was man für einen langen Urlaub brauchen konnte, packte er in den roten Samsonite. Bevor er ihn schloss, holte er Elisabeths Reisepass aus dem Schreibtisch, ging in die Küche und kramte zielstrebig aus der Zuckerdose den Schmuck, den Elisabeth hier versteckt hatte. Er rollte die Ketten, die Broschen und die drei Ringe in ein Paar Socken, warf sie in den Koffer, verschloss ihn und verließ damit das Haus.
    Keine vier Stunden nachdem er mit der reglosen Elisabeth im Wagen Frankfurt und Dr. Fischer verlassen hatte, war Olsen wieder auf dem Weg in die hessische Metropole. Er staunte über sich selbst. Wie leicht es ihm gefallen war, einem Menschen das Leben zu nehmen.
    Zielstrebig steuerte Olsen den Passat Richtung Flughafen. Er parkte den Wagen in einem der Parkhäuser und machte sich mit dem roten Koffer auf den Weg zum Terminal der Lufthansa. Er durchquerte die Halle und marschierte zu dem Imbiss in der Ladenstraße, der gerade öffnete. Er lächelte. Wie verabredet wartete Elisabeth auf ihn. Sie hatte sich die Haare schneiden und blond färben lassen. Es gab so viele Fragen, die sie ihm stellen wollte, doch Olsen war nicht bereit zu

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