ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
einen verführerischen Kuss auf die Wange, zog ihre Jacke an und eilte davon. Sie lief zum Lift und drückte den Knopf, obwohl er schon leuchtete. Mit ihr warteten zwei japanische Ehepaare auf den Fahrstuhl. Sudden achtete nicht darauf. Sie hörte kurz in die Aufnahme, die sie von Victor gemacht hatte. Es war alles aufgezeichnet.
Der Lift kam, zwei Frauen stiegen aus. Und ein Mann. Greg. Sudden nahm ihn nicht wahr. Aber er erkannte sie. Sofort reagierte er und tat, als hätte er sich im Stockwerk geirrt, und stieg im letzten Moment mit in den Lift nach unten. Er drückte den Knopf der Tiefgarage.
Sudden stand hinter den Japanern und überragte sie. Erst nach und nach bemerkte sie die Blicke von Greg. Die Art und Weise, wie er sie ansah, alarmierte sie. Als er näher kam, weil noch Gäste zustiegen, sah sie kurz unter seinem Blouson seine Waffe. Sudden reagierte sofort und ging Greg an.
„Kannst du mich nicht einmal in Ruhe lassen? Mir erst ein Kind andrehen, dann abhauen und jetzt kommst du wieder angeschissen. Verpiss dich!“
Gerade als sich die Türen schlossen, entwischte Sudden hinaus, orientierte sich und rannte zum Treppenhaus. Greg wollte hinterher, aber da war die Wand aus Fahrgästen und bösen Blicken. Der Aufzug setzte sich in Bewegung.
Sudden hetzte die Stufen hinunter.
An einem Absatz blieb sie stehen und schickte die Audio-Datei, die sie aufgenommen hatte, an Olsen. Dann rannte sie weiter. Siebter Stock. Sechster. Fünfter. Außer Atem sprang sie die letzten Stufen nur noch hinunter. Und dann stand er da. Greg. Ganz ruhig. Die Waffe in der Hand.
„Tapferes Mädchen“, sagte er. „Schade ...“
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Müde und genervt starrten Edda und Simon auf die Bildschirme und gingen noch einmal durch die vorhandenen Daten, die auf Bixbys Computer darauf warteten, von ihnen in den richtigen Zusammenhang gesetzt zu werden. Olsen war unterdessen damit beschäftigt, Bixbys Aufzeichnungen durchzugehen. Doch aus den zahlreichen Forschungsergebnissen über Hirnwellen und Frequenzen wurde einfach nicht deutlich, was sie gegen Victor und Ono hätten nutzen sollen. Im Gegenteil – je mehr sie darüber nachdachten, desto gewaltiger und unlösbarer schien die Aufgabe zu werden. Es war, als hätten sie zwanzig oder dreizig lose Enden, die alle zum Ziel führen konnten, und doch mussten sie sich für eine Lösung entscheiden. Sie wussten, für mehr würde die Zeit nicht reichen, denn sie hatten vor Kurzem Suddens Audio-Datei mit Victors Plan erhalten.
„Am besten, wir gehen hin und legen Victor und diesen Ono einfach um“, sagte Simon frustriert.
„Cool. Deine neue Männlichkeit gefällt mir wirklich sehr“, sagte Edda spöttisch und tätschelte seine Hand.
Simon stöhnte. Er war müde, sein Kopf schmerzte vom Nachdenken und am liebsten wäre er ins Bett gegangen und hätte einen ganzen Tag lang geschlafen. Mit Edda.
„Wieso habt ihr die Sachen von Victor nicht einfach im Hotel mitgehen lassen? Seine Ausrüstung mitsamt dieser Frequenz“, fragte er Olsen. „Dann hätten wir jetzt kein Problem.“ Simon merkte selbst, dass er nur quengelte, doch für einen Augenblick unterbrach Olsen seine Lektüre und hob den Kopf.
„Wenn es Victor nicht macht, macht es über kurz oder lang jemand anders – der Teufel ist aus der Flasche!“
Simon seufzte und wandte sich wieder dem Bildschirm zu, auf dem Edda noch einmal die Datei abspielte, die sie gerade aufgerufen hatte.
„Vergiss es; das bringt doch nichts“, sagte Simon unwirsch.
„Und warum steht dann in Bixbys Aufzeichnungen über Bernikoff, dass er dank der beiden Platten glaubte auf dem Weg zu sein, die Welt zu verändern? Zum Guten!“ Edda gab es Simon im gleichen Ton zurück. Die Spannung zwischen den beiden erfüllte den Raum und Olsen musste sie beruhigen, wie hochgezüchtete Rennpferde vor dem Start. Er schwor sie wieder auf ihr Ziel ein. Sie mussten einen Weg finden, Victors Frequenz unschädlich zu machen.
„Zu jedem Gift gibt es ein Gegengift“, sagte Olsen. „Wir sind nah dran. Ich bin sicher.“
Als Sudden vor ein paar Stunden gegangen war, um Victor im Hotel nach den letzten Details für den Plan von Ono auszuhorchen, hatten Edda, Simon und Olsen die beiden alten Schellackplatten auf einem Grammofon abgespielt und als digitale Dateien auf dem Rechner gespeichert. Immer wieder hatte Edda seitdem die Tonfolgen laufen lassen, ohne Resultat. Sie waren so schlau wie vorher.
„Eine Frequenz muss man doch hören können, oder?“, fragte
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