ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
Olsen ruhig. „Auf ihn ist geschossen worden.“
Einen kurzen Augenblick hielt die Ärztin inne. Dann nickte sie und gab Olsen den Wink, ihr zu folgen. Ohne ein Zeichen von Erschöpfung ging er hinter der Frau her. Immer wieder sah er dabei in das leblose Gesicht von Linus, als wolle er sich vergewissern, dass er ihn nicht verloren hatte. Die bunten Lichter der Rettungswagen wischten über Linus’ schon blasse Haut.
„Das schaffst du“, flüstert Olsen und machte damit vor allem sich selber Mut. „Du musst doch noch die Welt verändern, weißt du nicht?“
Olsen versuchte zu lächeln und wandte dann doch nur seinen Blick ab. Eilig schritt er weiter voran. An der Rampe hatte die Ärztin eine Trage organisiert.
„Du wirst die Welt noch verändern“, sagte Olsen. „Ganz sicher.“ Damit legte er Linus auf die Trage und half, sie in die Notaufnahme zu bugsieren. Meine Schuld, dachte Olsen und wünschte sich in diesem Moment, dass er an irgendetwas glauben könnte. Meine gottverdammte Schuld.
[3102]
„Gotcha!“
Der junge Kerl vor dem Bildschirm ballte die Faust. Er lehnte sich zurück und trank mit abwesendem Blick den letzten Rest des Energydrinks, der so lange neben seinem Rechner gestanden hatte, dass er warm und klebrig geworden war. Der fahle Geschmack der Plörre schien ihn nicht zu stören. Vielleicht nahm er ihn nicht einmal wahr. Zu fesselnd war das G eschehen vor ihm auf dem Monitor, doch kaum jemand hätte begriffen, was sich dort auf dem blau schimmernden Display gerade abspielte. Ein kleiner und ein größerer weißer Punkt hatten sich aufeinander zubewegt, bis sie zu einem Punkt verschmolzen waren. Das war a l les. Und das war es, was ihm keiner geglaubt hatte. Dass er den Satelliten würde hacken können, um ihn zur Überwachung des Meeres zu nutzen. Er hatte es geschafft. Fast ohne Zeitverzögerung konnte er jetzt die Satellitenbilder auf einen Computer holen. 5000 Pfund hatten sie ihm versprochen, wenn er das hinbekäme. Und er hatte Ja gesagt.
5000 Pfund. Die konnte er wirklich gut gebrauchen. Deshalb brachte er es fertig, nicht darüber nachzudenken, warum seinen Auftraggebern diese Sache so wahnsinnig wichtig gewesen war.
Mit sanftem, fast ger ä uschlosem Wischen öffnete sich die Glastür zu dem fensterlosen Raum und eine Frau trat ein. Sie war Ende vierzig, hatte praktisch-kurze Haare, kalte Augen und trug ein dezent-graues Kostüm. Schon eine Weile hatte sie hinter der Tür ge s tanden und dem Jungen zugeschaut. Wie naiv er doch war. Er glaubte wirklich, er arbeite für das britische Innenminist e rium und es gehe darum, die Küsten des Königsreichs vor illegaler Einwanderung zu schützen. Die F r au hatte das Schlagen von Big Ben als Zeichen genommen und den Raum betreten.
Der Junge bemerkte ihr Auftauchen erst, als sich ihre Silhouette in dem Bildschirm spiegelte. Er entfernte die Earphones und drehte Pitbull damit den Ton ab.
„Also ... was hast du?“, fragte die Frau. Ihr Ton kla n g militärisch; sie war es gewohnt, zu bestimmen.
Mit stolzem Lächeln bewegte der Junge die Computermaus. Auf dem Monitor kam die Nordseeküste Deutschlands ins Bild. Die Elbmündung.
„Es läuft“, sagte er. „In verdammter Echtzeit! Sie haben diese »Shiva« erreicht.“
Die Frau schaute auf den Punkt, auf den der Junge immer näher heranzoomte. Dadurch formten sich aus dem einen Punkt wieder zwei. Sie wurden länglich und dann waren zwei Schiffe zu erkennen. Das kleinere war bei dem größeren längsseits gegangen.
Die Frau zeigte keine Reaktion.
„Warten wir, ob unser Informant es bestätigt“, sagte sie so beiläufig wie möglich und nahm dem Jungen damit seinen Stolz. Das ärgerte ihn.
„Der Kurs der beiden Schiffe kam von Ihnen“, sagte er reserviert. „Müssen also die richtigen sein.“
Sie fing seinen Ärger mit einem kurzen Lächeln auf und tat so, als ob sie gehen wollte, dann wandte sie sich noch einmal um.
„Das Programm läuft also von selbst und wir können den weiteren Kurs der »Shiva« jederzeit verfolgen?“
„Korrekt. Läuft ganz von allein“, sagte der Junge. „Garantiert. Wenn kein Unwetter aufzieht, kann sie sich nirgendwo verstecken.“
Selbstbewusst sah er auf und schaute ihr in die Augen. „Wie machen wir das mit dem Geld?“, fragte er. „ B ar wär mir am liebsten.“
„Selbstverständlich bar“, sagte die Frau und zufrieden wandte sich der Junge w i eder dem Bildschirm zu, schaute noch einmal kontrollierend auf den Monitor und packte
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