Abaton
während ihm der Kopf schwirrte. Die Sache wurde immer verworrener.
[ 1231 ]
„Mission one accomplished!“ Das war die Meldung, die Clint nach Berlin übermittelt hatte. Er hatte diesen amerikanischen Präsidenten gemocht, den er da zitierte. George W. hatte gewusst, wie die Welt funktionierte. Sie war simpel. Fressen und gefressen werden. Nichts anderes war das Leben. Alles, was die Menschen hineininterpretierten, war Bullshit. Der Mensch war keinen Deut besser als ein Raubtier. Nur dass das Raubtier dazu stand, dass es ein Raubtier war, und keine anderen, höheren Ambitionen hatte. Es tötete den Schwächeren, um Raum für den Stärkeren zu machen. Gab es etwas Sinnvolleres als den Überlebenskampf der Kreaturen? Der Mensch war eine von ihnen.
Drei Stunden und elf Minuten hatte die Aufspielung gedauert. Clint hatte diesen Zeitrahmen und die Frequenz exakt eingehalten. Wie immer. Man konnte sich auf ihn verlassen. Er hatte seine Gerätschaften eingepackt und war, ohne die geringste Spur zu hinterlassen, vom Kirchturm verschwunden.
Vom Van aus hatte er einen alten Weggefährten aus den Tagen in Phnom Penh angerufen. Olsen. Er wusste, dass Olsen nach einem schweren Unfall nur am Tage schlafen konnte. Er war nicht mehr einsatzfähig, saß im Rollstuhl. Armer Kerl. Ehrensache, dass Clint ihn besuchte, wenn er in der Nähe war.
[ 1232 ]
In der Einsatzzentrale in Berlin hatte die Frau die Nachricht von Clint entgegengenommen. Sie löschte die Aktion in Köln aus der To-Do-Liste. Dann meldete sie den Vollzug per Mail an die Leitung des gene-sys -Labors. Sie hatte den Auftrag, zu jeder Tages- und Nachtzeit Bescheid zu geben.
Die ältere Frau meldete sich kurz darauf und hörte sich ohne ein weiteres Wort den kurzen Bericht an.
„Besondere Vorkommnisse?“
„Keine!“
Die ältere Frau legte auf, setzte sich wieder an den Tisch. Per Skype war sie mit Boston verbunden.
„Wann ist die gesamte Aktion abgeschlossen?“, fragte der schüttere Wissenschaftler aus Boston.
„Übermorgen Abend, schätze ich.“
„Ich weiß nicht, ob es richtig ist, was wir tun“, sagte der Wissenschaftler. „Wir gehen zu weit. Angst wird das Leben dieser Jugendlichen bestimmen.“
„Aber wenn sie sie überwinden, sind wir am Ziel“, widersprach die ältere Frau.
„Du willst es unbedingt noch erleben. Ist es das?“
„Wir haben seit Jahren auf diese drei hingearbeitet! Auch du!“
Der Mann in Boston rang mit sich. „Aber ... sie sind nur zu dritt, nur als Kritische Masse wertvoll ...“
„Keine Sorge. Sie werden zusammenfinden.“
Die Sicherheit in ihrer Stimme besänftigte. Sie erkundigte sich nach den Ergebnissen des Camps in Cape Cod.
„Business as usual, leider“, sagte der Mann in Boston und Bedauern war aus seiner Stimme herauszuhören.
„Nur Level 10.“
„Umso wichtiger, dass wir hier fortschreiten“, sagte sie mit fester Stimme. „Noch nie hat in der Geschichte der Menschheit eine Organisation menschliche Eigenschaften und Talente in der Genetik und Epigenetik isoliert. Wir verfügen bald über den kostbarsten aller Rohstoffe. Das menschliche Potenzial. Höchste Zeit, dass wir beginnen, es für einen guten Zweck einzusetzen! Steht schlecht genug, weil die Idioten sich vermehren und den ganzen Planeten ruinieren.“
Der Mann aus Boston schüttelte den Kopf.
„Alles bekannt“, versuchte er es noch einmal. „Aber in Oklahoma sind wieder 20 Kinder in psychiatrische Anstalten eingewiesen worden. In Osaka hat es eine Selbstmordwelle unter Schülern gegeben. Auch da haben wir gedacht, dass die Technik ausgereift genug sei. Selbst nach 60 Jahren befinden wir uns immer noch in einer Frühphase der Entwicklung. Und wenn herauskommt, was gene-sys in Afrika macht ...“
„Es liegt nicht an unserer Technik! Die funktioniert einwandfrei! Es liegt an dem menschlichen Material. An der Formbarkeit und an den Eigenschaften, die wir durch unsere Technik kultivieren können. Die drei haben bisher alle Erwartungen übertroffen. Durch ihre instabile Familiensituation sind sie nicht entscheidend vorgeprägt und sie verfügen über ein ungeheures psychisches Potenzial!“
„Du klingst mittlerweile, als kämst du aus dem Tausendjährigen Reich!“, sagte der Mann aus Boston sarkastisch.
„Wer die Wahrheit finden will, darf keinen Gedanken ausschließen, sich von keiner Kultur und keiner Religion behindern lassen!“
„Vielleicht ist 70 Jahre nach dem Krieg das Denken von Bernikoff überholt.“
„Aber hier
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