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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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überschritten, inhaftiert wurden und der DDR durch den Freikauf – abhängig vom Alter und von der Ausbildung der
     jeweiligen Person – noch mehrere zehntausend Westmark einbrachten. Dabei steht außer Frage, dass westdeutsche Politiker und
     Ministerialbeamte um die Zusammenhänge wussten. Der organisierte Menschenhandel, die Bezahlung und Einbürgerung ostdeutscher
     »Problembürger«, war ein westdeutscher Beitrag zur Stabilisierung |245| der DDR. Die SED-Führung revanchierte sich auf ihre Weise. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützte die Staatssicherheit
     die Arbeit der westdeutschen Geheimdienste und bot im Westen verfolgten »Problembürgern« wie RAF-Mitgliedern eine neue Identität
     und ein neues Leben in der DDR.

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Das erste Gebot
    Nach westdeutscher Geschichtsdarstellung stellten die evangelische und die katholische Kirche das Taufbecken für die DDR-Opposition.
     Dies ist inzwischen einer der historischen Grundsätze, die kaum noch kritisch hinterfragt werden. Wohin auch sollte sich eine
     vermeintliche Oppositionsbewegung in der DDR flüchten, wenn nicht unter das Dach der Kirche, in die Diaspora. Tatsächlich
     gehören Kirchenmitglieder bis heute zu den heftigsten Kritikern der DDR. Das klerikale Selbstverständnis geht so weit, dass
     Kirche und Oppositionsbewegung gleichgesetzt werden und, ließe man sich tatsächlich auf diese Argumentation ein, die evangelische
     und die katholische Kirche den Zusammenbruch des DDR-Regimes wenn nicht herbeigeführt, so doch maßgeblich vorangetrieben hatten.
     Seit dem Urchristentum hatten die Staatskirchen keine Erfahrungen mit der Oppositionsrolle. Der Klerus schwamm stets wie ein
     Korken auf dem Meer der Weltgeschichte. Weltreiche entstanden und gingen unter, Diktatoren erbaten den Segen der Kirchenfürsten,
     das Blut floss in Strömen, allein die Staatskirchen überdauerten alle politischen Wirrungen, mächtiger, reicher und unangefochtener
     denn je. Dabei hatte sich der Klerus im Laufe der Jahrhunderte noch mit jedem Regime arrangiert, sich gegenüber jeder gesellschaftspolitischen
     Konstellation duldsam gezeigt, solange sie nicht den eigenen Stand gefährdete.
    Doch mit den Kommunisten kamen Machthaber, die jegliche Religiosität ächteten und sich offen zum Atheismus bekannten. Sie
     drängten den Einflussbereich der Kirchen zurück und vollzogen eine strikte Trennung zwischen Staat und Kirche. Der ostdeutsche
     Fiskus kassierte nicht länger Kirchensteuern. Kirchengebäude |246| , Pfarrhäuser und andere Besitzungen verfielen zusehends, und ohne die finanziellen Zuwendungen aus den reichen westdeutschen
     Kirchengemeinden wäre der Verfall noch sehr viel rascher vorangeschritten. Gläubige standen von Kindesbeinen an im Zwiespalt
     mit einem Staat, der sie schon in staatlichen Kindergärten umerziehen wollte, später ihre Mitgliedschaft bei den Jungpionieren
     und der Freien Deutschen Jugend einforderte, der sie ein weiteres Mal ins Abseits stellte, wenn sie an der Konfirmation und
     nicht an der Jugendweihe teilnahmen, und der ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einschränkte. Diese gesellschaftliche
     Sonderrolle vertrug sich gut mit dem christlichen Selbstverständnis. Die Gläubigen zelebrierten ihr Leben in der Diaspora.
     Die Kirchengemeinden boten ihren Mitgliedern ein vergleichsweise fortschrittliches politisches Forum und engagierten sich
     für ein kulturvolles, von ideologischer Verbrämung befreites Menschenbild. Auch wenn sich dort niemand ernsthaft mit der Wiedervereinigung
     Deutschlands beschäftigte, so diskutierten kirchliche Gruppen über »die führende Rolle der Arbeiterklasse« und unterzogen
     das gesamte theoretische Fundament der angeblich »entwickelten sozialistischen Gesellschaft« einer kritischen Bestandsaufnahme.
     Dennoch hatten die Kirchenoberen große Bauchschmerzen mit jeder Form von Opposition, die über kircheninterne Diskussionsforen
     hinausging. Sie predigten Mäßigung im Interesse des Burgfriedens zwischen Staat und Kirche und unterbanden spontane Aktionen.
     Im ersten Nachwendejahrzehnt war immer deutlicher geworden, dass es in beiden Kirchen ebenso viele Spitzel gab wie in anderen,
     für die Staatssicherheit interessanten Gesellschaftskreisen. Auch die Kirche konnte einer Opposition, die sich erst herausbilden
     und allmählich wachsen musste, keine Sicherheit bieten. Nicht endgültig beantwortet ist die Frage, ob die Staatssicherheit
     diese besondere Funktion der Kirchen, den

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