Abbey Road Murder Song
Passanten hin.
Detective Sergeant Carmichael wartete schon beiPollo’s auf ihn, saß auf einer der rot-schwarz-gestreiften Sitzbänke. Das Pollo’s war immer Breens Lieblingsrestaurant gewesen, ein Italiener. Italiano. Kaffeemaschinen von Gaggia, alles, was dazu gehört. Der Laden war der Beweis dafür, dass es Katholiken mit Klasse gab – trotz aller gegenläufigen Erfahrungen, die er aufgrund seiner irischen Herkunft hatte machen müssen.
»Du kommst zu spät«, sagte Carmichael. »Jetzt ist er gerade weg.«
»Wer?«
»Der Mann, den ich dir vorstellen wollte.«
»Tut mir leid. Musste noch bei Wellington vorbei. Mit wem wolltest du mich denn verkuppeln?«
»Pilcher.«
»Pilcher? Pilcher vom Drogendezernat?«
»Hab ein gutes Wort für dich eingelegt, ob du’s glaubst oder nicht«, sagte Carmichael.
»Ein gutes Wort für mich? Warum?«
»Weil’s bei der D-Division drunter und drüber geht. Das weiß jeder. Besonders beim CID. Früher oder später fliegt der Laden in die Luft. Bailey hat nichts zu melden, Prosser bestimmt, wo’s lang geht. Die tanzen alle nach seiner Pfeife. Und offen gesagt, mag er dich nicht besonders. Du wärst woanders besser dran.«
»Beim Drogendezernat? Das ist nichts für mich.«
»Pilcher ist der Mann der Stunde, hör auf meine Worte. Der wird’s weit bringen. Und wenn du ehrlich bist, brauchst du derzeit ein bisschen Hilfe. Auf jeden Fall solltest du raus aus der Mordkommission.«
»Das sehe ich anders«, sagte Breen.
»Mord ist Mord. Aber Drogen werden das Riesending, das sag ich dir.«
»Wenn du meinst.«
»Ist doch logisch. Wir sitzen auf der Spitze eines Eisbergs. Komm mit an Bord, Paddy. Der Kahn legt bald ab.Mord ist immer wieder dasselbe alte Lied. Und ich bin bei der Sitte. Das ist noch schlimmer. Die Sitte ist erledigt. Wir leben in einer freizügigen, toleranten Gesellschaft. Wenn sich im Shaftesbury Theatre Leute splitterfasernackt auf die Bühne stellen und von einem neuen haarigen Zeitalter singen, muss man sich doch über gar nichts mehr wundern. Hast du’s dir angesehen? Nein? Ich aber. Gott, da sind vielleicht ein paar hässliche Frauen dabei. Am liebsten hätte ich gebrüllt, zieht euch um Gottes willen wieder an. In ein paar Jahren geht’s hier zu wie in Schweden, ich sag’s dir. Aber der Knackpunkt ist, dass heute keiner mehr dafür bezahlen muss. Diese jungen Dinger heutzutage ficken mit jedem. Drogen sind die Zukunft. Nobby Pilcher weiß, wo’s langgeht. Das ist eine Wachstumsbranche. Ich mein’s ernst, Paddy. Du musst raus aus der D-Division.«
Das Restaurant hatte sich inzwischen gefüllt. Alle Tische waren besetzt. Draußen auf der Old Compton Street bildete sich eine Schlange.
Soho veränderte sich – es war voller Werbeleute und Filmemacher, die keine Jacketts trugen und Wein zum Essen tranken. Erwachsene Männer in Schlaghosen, die sich einparfümierten. Wohin sie auch gingen, ständig hatten sie Tagebücher und Notizhefte dabei, hingen lässig rum und rauchten Zigarren.
»Ich bin auf deiner Seite, das weißt du. Aber …«
»Ich weiß.«
»Wir verkacken alle mal was. Aber du brauchst einen Neustart.« Carmichael brach energisch ein Grissino entzwei, so dass die Krümel spritzten. »Tut mir leid wegen deinem Dad.«
»Danke.«
Die Kellnerin kam. Carmichael bestellte Lasagne mit Fritten und ein Pint Harp.
»Für mich nichts«, sagte Breen. »Danke.«
»Willst du nichts essen?«
»Nein, hab keinen Hunger.«
»Du musst was essen, Paddy. Du bist bloß noch Haut und Knochen.«
Breen bestellte Spaghetti al burro und ein Glas Chianti.
»Machen Sie wenigstens Bolognese draus. Der braucht ein bisschen Carne.« Sie verschwand mit der Bestellung. »Ich will dir nur helfen«, sagte Carmichael. »Das ist alles.«
»Ich weiß«, sagte Breen. Er kannte Carmichael seit den fünfziger Jahren, seit der Ausbildung auf der Polizeischule in Hendon. Als er die Werbeleute und Selfmade-Menschen um sich herum betrachtete, wurde ihm klar, dass auch Carmichael einer von ihnen war. Er passte dazu. Er war ein Profi, ein Selfmademan.
»Ernsthaft. Du warst mal einer von uns.«
»Mein Vater war lange krank.«
»Das wissen wir ja. Aber wir halten alle fest zusammen, wir bei der Polizei. Und entweder gehörst du dazu oder nicht.«
»Und ich gehöre nicht dazu …«
»Das hab ich nicht gesagt. Aber auf der Wache stehen wir alle füreinander ein. Jedenfalls war das mal so. Heutzutage halten dich die anderen für einen Großkotz.«
»Es gab niemanden, der
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