Abbey Road Murder Song
war jedenfalls bei Bourne & Hollingsworth«, sagte Tozer.
»Was gekauft?«
»Nein«, sie grinste. »Ich hab mich nach dem Kleid erkundigt.«
»Was? Alleine?«
»Ist bloß gegenüber, auf der anderen Straßenseite. Ich hab’s nicht über mich gebracht, mein Sandwich aufzuessen, also bin ich kurz rein.«
»Laut Dienstvorschrift dürfen Sie das nur in Begleitung eines CID-Beamten. Das wissen Sie. Sie sind in der Probezeit. Ohne Anweisung von mir machen Sie überhaupt nichts.«
Tozers Grinsen verschwand. Jetzt wirkte sie verletzt. »Ich hab einfach gedacht, es wäre eine gute Idee, das ist alles. Ist doch sinnlos, wenn ich hier rumsitze und nichts tue?«
»So sind nun mal die Vorschriften«, sagte er und merkte, noch während er es sagte, dass der Satz auch von Bailey hätte stammen können. »Und? Was haben Sie herausgefunden?«
»Ich hatte kein Glück. Die Leiterin der Damenabteilung meinte, so was hätten sie schon seit ein paar Jahren nicht mehr verkauft.«
»Okay. Das nächste Mal fragen Sie mich vorher.«
»Ja, Sir. Aber …«
»Aber was?«
»Das wird Ihnen auch nicht gefallen …«
»Was wird mir nicht gefallen?«
Sie zog mit dem rechten großen Fußzeh einen Kreis auf dem Asphalt. »Ich weiß, wo wir noch hinkönnen, wenn Sie wollen.«
»Wohin?«
»Zum Beatles-Fan-Club. Ist nur zehn Minuten zu Fuß von hier. Ich hab schon angerufen.« Sie nickte in Richtung einer Polizei-Zelle auf der Nordseite des Soho Square.
»Was Sie nicht sagen …«
»Hat bloß eine Minute gedauert.«
»Sie sind nicht befugt…« Er schluckte die Worte herunter, erinnerte sich, dass er sie noch vor wenigen Minuten gegenüber Carmichael verteidigt hatte.
»Sie waren beim Essen. Irgendwie musste ich die Zeit ja rumkriegen.«
»Okay, okay.«
Im Wagen, als sie die Tottenham Court Road entlangraste, dachte er darüber nach, dass Männer wie Carmichael mit Frauen aufgewachsen waren. Sie waren den Umgang mit Schwestern und deren Freundinnen gewohnt. In dem Alter, in dem Breen noch in der Abgeschiedenheit seines Zimmers ratlos über den Unterwäschefotos des Littlewoods-Katalogs gehockt hatte, hatte Carmichael längst mitbekommen, was Mädchen untereinander redeten. Er wusste, wie man sie bezirzte, wie man ihnen schmeichelte. Für Breen hätten Frauen ebenso gut einer anderen Spezies angehören können.
Er blickte auf die Uhr. »Ich denke, die Zeit haben wir noch.« Er betrachtete sie im Licht der Herbstsonne und fragte: »Sind Sie geschminkt?«
Sie lächelte. »Kann sein.«
»Vorhin auch schon?«
»Nein.«
»Für den Fall, dass die Beatles da sind?«
»Sie sind ja drollig«, lachte sie.
Wie sich herausstellte, befand sich der Fan-Club in einem unauffälligen neuen Gebäude in Covent Garden, an einer schmalen Seitenstraße, in der erst kürzlich Geschäfte mit Blumenhemden und Schlaghosen eröffnet hatten. Das Büro war im ersten Stock.
»Herzlich willkommen«, sagte die Frau am Schreibtisch mit einer Stimme, die kaum Herzlichkeit verströmte. »Ich habe Sie bereits erwartet.« Sie war jung und auf mütterliche Art mollig, ihre Haut war zart und rosig, ihre Haare dunkel, und an den Ohren trug sie zwei gelbe Plastikkreolen. Sie hieß Miss Judith Pattison und saß an einer Schreibmaschine in einem Zimmer, in dem es nach Druckerschwärze und Dior roch. An den Wänden hingen gerahmte Fotos von den Beatles, wie sie vor drei oder vier Jahren ausgesehen hatten – sauber rasiert und lächelnd. Sie standen an irgendeinem Strand, über ihnen blauer Himmel, blaues Wasser dahinter. John Lennon trug einen Strohhut mit vorne umgeklappter Krempe. Alle vier hatten das Foto mit schwarzem Filzstift signiert. Einer hatte geschrieben: »Für Rudith Miss Pattison. Wish you were here!« Sie guckten direkt in die Kamera. Fand Breen es verstörend, dass die vier jungenMänner auf fast schon aggressive Weise eins mit sich zu sein schienen?
Das Zimmer war mit Aktenschränken und Papierstapeln vollgestopft. Ein riesiger Turm aus braunen Umschlägen wuchs aus dem Boden, daneben stapelweise Fotos und eine Fanzeitschrift mit dem Titel Official Beatles Fan Club . Aus dem Zimmer nebenan drangen das Klappern einer Schreibmaschine und das laute Dröhnen eines Radios.
»Bitte entschuldigen Sie das Chaos«, sagte Miss Pattison. »Wir haben extrem viel zu tun. Kann ich Ihnen eine Tasse Tee bringen?« Sie sprach mit dem Anflug eines Liverpooler Akzents.
»… für Daphne, die bei einem bekannten Teppichhersteller in Manchester arbeitet und fragt,
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