Abbey Road Murder Song
doch wahrscheinlich ein Obdachloser gewesen, oder?«, fragte Prosser.
»Ich vermute, dass er sternhagelvoll war. Um sich warm zu halten, hat er sich mit Zeitungen zugedeckt. Hatja in gewisser Hinsicht auch prima funktioniert, warm ist es jedenfalls geworden. Auf dem Boden stand eine Dose Feuerzeugbenzin. Wahrscheinlich hat er was davon ins Feuer gespritzt, um es anzufachen.«
»Was ist mit seiner Kleidung?«
»Ah ja. Calcium und Silikonoxide. Viele davon unterhalb des Knies.«
»Was heißt das?«
»Betonstaub. Seine Hose war voll davon.«
»Dann war er möglicherweise Bauarbeiter?«
»Kann sein.«
»Größe?«
»Schwer zu sagen. Zwischen einsachtundsechzig und einsdreiundsiebzig, denke ich«, sagte Wellington. »Wird eine Weile dauern, bis ich die Einzelteile wieder zusammengesetzt habe.«
»Alter?«
»Anfang dreißig. Vielleicht auch noch in den Zwanzigern. Was wollen Sie sonst noch wissen? Die Augenfarbe?«
Der Mann hatte keine Augen mehr.
»Das ist nicht viel, Mr Wellington«, sagte Prosser.
»Nein.«
»Wahrscheinlich verschwendet Breen mit dem Toten hier seine Zeit, was meinen Sie?«
»Das ist Ihre Sache, Sergeant.«
»Arme Sau«, sagte Prosser. »So ein Ende wünscht man niemandem.«
»Amen«, sagte Wellington.
Sie überließen es Wellington, den Mann wieder mit allen seinen Einzelteilen einzupacken. Als sie den dunklen Gang zur Treppe zurückgingen, sagte Prosser: »Versteh mich nicht falsch, ich hab Respekt davor, dass du in dem Fall trotzdem nicht aufgibst.«
»Aber?«, fragte Breen.
Prosser steckte die Hände in die Taschen. »Sei nicht so, Paddy. Ich will dir nur einen guten Rat geben. Ich bin rumgekommen, hab einiges mitgemacht, das weißt du. Ich bin länger dabei als du, ein Überlebender. Ich weiß, wie’s läuft. Verschwende deine Mühe nicht auf Jobs, für die dir niemand danken wird.«
Breen nickte. Das waren die ungeschriebenen Regeln, wie Prosser sie verstand. Nicht die Vorschriften, die Bailey gewahrt sehen wollte, sondern die Regeln, nach denen es tatsächlich lief. Ein Nicken und ein Zwinkern. Das ganz gewöhnliche Spiel, bei dem eine Hand die andere wäscht und bei dem sich Breen immer ausgeschlossen fühlte. Das war der Grund, weshalb er Prosser nie vertraut hatte und weshalb Prosser ihn nicht leiden konnte. »Wie läuft’s mit dem Mord in Kensal Town?«, fragte er.
»War schnell erledigt. Wir haben den Ehemann festgenommen. Wär’s okay, wenn du zur Wache läufst? Ich hab noch zu tun.«
»Und wie macht sich Constable Tozer?«
»Gibt sich Mühe, das muss ich schon sagen. Redet ein bisschen viel. Wird nicht lange dauern, dann gehört sie fest dazu.«
Breen hatte seine Zweifel. Er hatte sie immer noch nicht angerufen. Jetzt zögerte er kurz, dann sagte er: »Hab gedacht, ich fahr mal hoch zur St John’s Wood High Street und sehe mir Martin and Dawes an. Wo auf dich eingestochen wurde. Hast du Lust mitzukommen? Ich hätte nichts dagegen, wenn ich nicht den Bus nehmen müsste.«
Prosser schüttelte gereizt den Kopf, wandte den Blick ab. »Jetzt fängst du schon wieder an«, nuschelte er.
»Womit?«
»Du verschwendest deine Zeit. Das ist mein Fall. Ich kümmere mich drum.«
»Ich dachte, wenn ich mich mal vor Ort umsehe, fällt mir vielleicht was auf, das ich in der Nacht übersehen habe. Ich war müde. Oder vielleicht fällt mir noch was ein.«
»Ich erinnere mich noch ganz deutlich: Du hast blitzschnell die Kurve gekratzt.«
»Ich würde auch gerne mal ein Wort mit dem Inhaber wechseln. Vielleicht hat er was gehört.«
»Was willst du, Paddy? Mir auf den Geist gehen? Ich dachte, wir kommen allmählich wieder besser miteinander klar.«
»Ich dachte nur, ich könnte …«
Prosser blieb abrupt stehen. »Pass auf. Du hast es vermasselt, und ich wäre fast dabei draufgegangen. Beim Mord an dem Mädchen hast du’s auch vermasselt, indem du den falschen Mann verhaftet hast. In Cornwall hast du, nach allem, was man so hört, so ziemlich alles vermasselt, was man vermasseln kann. Fang jetzt bloß nicht an und häng dich in meine Fälle rein, okay?«
Er bohrte Breen einen Finger in die Brust.
»Okay?«
Breen stand im Eingangsbereich und blickte durch die Schwingtür.
Draußen regnete es heftig. Prosser war mit seinem Regenmantel weggefahren. Während er wartete, dass der Regen nachließ, erkannte er den Mann, der in einem Korridor links von ihm stand.
»Mr Ezeoke«, rief er.
Ezeoke wandte sich zu ihm um. Der Chirurg runzelte die Stirn, als hätte er ihn
Weitere Kostenlose Bücher