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Abbild des Todes

Abbild des Todes

Titel: Abbild des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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Maiglöckchen duftend. Er hatte nur dagelegen und sich danach gesehnt, sie zu lieben. Doch gleichzeitig hatte er sich daran erinnert, dass das, was Zoe in diesen schwierigen Tagen brauchte, Trost und Zärtlichkeit war, nicht einen Exmann, dessen Hormone mit ihm durchgingen. Leise fluchend hatte er die Decke zurückgeschlagen und war ins Badezimmer gegangen, um kalt zu duschen.
    Er konnte nicht genau sagen, was er für sie empfand, außer Zuneigung und Verlangen. Alles, was er wusste, war, dass er sich, seitdem sie vor zwei Wochen wieder in sein Leben getreten war, immer öfter dabei ertappte, viel zu oft an sie zu denken. An die Frau, die sie geworden war. Ja, sie war noch immer so dickköpfig wie damals, sie konnte einen damit noch immer zur Verzweiflung treiben. Auf der anderen Seite hatte sie aber so vieles an sich, was er bewunderte – ihre Loyalität, Hartnäckigkeit und Stärke überwogen ihre Fehler bei Weitem. Wie viele Frauen, die er kannte, hätten so viel für jemanden riskiert, den sie nicht einmal getroffen hatten? Nicht viele. Ehrlich gesagt, gar keine.
    “Halte durch, Baby.” Er hatte nicht bemerkt, dass er laut gesprochen hatte, bis Archie leise in seine Tüte kicherte. “Was ist so lustig?”
    “Du. Dich hat es schwer erwischt.”
    “Meinst du?”
    “Ja, Sir, das tue ich.” Archie lachte.
    Rick nickte kurz. “Weißt du was, Archie? Ich glaube, du hast recht. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, aber jetzt, wo du es sagst, fällt mir auf, dass es keine Schande ist zuzugeben, eine Frau zu lieben.” Nun hatte er es ausgesprochen. Das große Wort. Das L-Wort. Und es fühlte sich verdammt gut an.
    Rick bremste den Wagen ab und parkte vor dem Neunten Revier ein. “Da wären wir.”
    Archies gute Laune schien sich mit einem Mal zu verflüchtigen, als er das große Gebäude betrachtete. Bevor er seine Meinung ändern und weglaufen konnte, eilte Rick um das Auto herum und öffnete seine Tür. “Die Person, mit der wir uns unterhalten werden, heißt Detective O’Bryan”, erklärte er. “Er wird dir eine Menge Fragen stellen und vielleicht auch versuchen, dich hereinzulegen.”
    “Warum?”
    “Um zu sehen, ob du die Wahrheit erzählst.”
    “Ich lüge nicht!”
    “Das sagst du ihm auch, Archie. Er wird dir glauben. Genauso wie ich.”
    Lenny wartete bereits auf sie, als sie in die Lobby traten. Etwas verblüfft betrachtete der Exmarine das seltsame Paar, das auf ihn zukam, hielt sich aber mit seinen Fragen zurück, bis Rick ihn zur Seite nahm.
    “Was ist los?”, fragte Lenny und schaute über Ricks Schulter zu Archie. “Wer ist dein Freund da?”
    “Sein Name ist Archie. Er ist der Obdachlose, der Lolas Armband gefunden und an den Pfandleiher verkauft hat.”
    “Was macht er bei dir?”
    “Er war in der Gasse, als Lola ermordet wurde. Er hat alles gesehen.”
    Lennys Gesichtsausdruck wurde ernst. “Sie ist tot? Kein Zweifel möglich?”
    “Jetzt nicht mehr.”
    “Wer hat es getan?”
    “Joe Santos.”
    Er war genauso schockiert wie Rick zuvor. “Der Vorzeigejunge? Du machst Witze.”
    “Ich mache keine Witze. Außerdem hat Joe Zoe in seiner Gewalt, und ich habe keine Ahnung, wohin er sie gebracht hat.”
    “Mist.” Lenny kratzte sich am Kopf. “Was kann ich bloß tun?”
    “Du musst Archie mit zu dir nehmen, während ich Zoe suche. Lass ihn duschen, gib ihm ein paar saubere Klamotten, etwas zu essen.”
    “Ich soll ihn mit in
meine
Wohnung nehmen?”
    “Ich habe ihm versprochen, ihn in Sicherheit zu bringen.”
    “Warum lässt du ihn dann nicht hier? Was könnte sicherer sein als ein Polizeirevier?”
    “Davon will er nichts hören. Er vertraut der Polizei nicht. Aber er wird bei dir bleiben.”
    “Er kennt mich doch gar nicht.”
    Rick verzog den Mund zu einem Grinsen. “Ich habe ihm Großartiges von dir erzählt.”
    “Na toll, danke.”
    “Er hat Angst, Lenny, trotzdem ist er mit mir gekommen. Ich kann ihn nicht im Stich lassen. Und ich kann ihn nicht zurück auf die Straße schicken, solange Santos noch frei herumläuft.”
    Lenny sah immer noch skeptisch aus.
    “Wenn du mit ihm lieber in meine Wohnung gehen willst, ist mir das auch recht.”
    “Und mich den demütigenden Blicken deines Portiers aussetzen, wenn ich mit ihm da hineinmarschiere? Nein, danke.” Er stieß ein resigniertes Seufzen aus. “Ich nehme ihn mit zu mir.” Er musterte Archie von Kopf bis Fuß. “Was hat er da in seiner Tüte?”
    “Seine Habseligkeiten. Ohne sie geht er nirgendwo

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