Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
irgendwie zusammengeknautscht aus und war außerdem voller Aknenarben. Seine Augen waren klein und tief eingesunken und starrten mich an, ohne zu blinzeln. Er sah aus wie ein Kobold, der sich an Halloween auf dem Rückweg in die Hölle verlaufen hatte. Der andere war groß und klapprig und seine gebeugte Haltung gab ihm etwas Finsteres. Sein Gesicht war schmal und verkniffen, die Nase ein bisschen zu lang und die Unterlippe hing herab und entblößte die untere Zahnreihe, als ob er permanent knurrte. Mit dieser Fratze hätte er als Wasserspeier auf Notre Dame hocken können. Ihm fehlten nur noch zwei Fledermausflügel.
»Bei mir ist Rauchen verboten, Jungs«, sagte ich cool und betrat mein Heim. Mit dieser Kaltschnäuzigkeit hoffte ich ernsthaft, verbergen zu können, dass ich mir vor Angst fast in die Hosen machte.
Ganz offensichtlich hatte Kapordelis seine Schergen geschickt, damit sie mich abholten. Fragte sich nur, wofür. Die Männer standen augenblicklich auf und musterten mich.
Fratze lächelte Kobold bösartig an und sagte: »Kein Problem. Wir machen sie sofort aus.« Damit ließ er seine Zigarre auf den Teppich fallen und zertrat sie mit dem Absatz.
Verdammt! Der schöne Teppich.
»Nett«, sagte ich und zog dabei das gleiche Gesicht wie bei »Arschloch!«. Kobold verfolgte kichernd mein Mienenspiel - es klang wie ein Motor, der nicht in Gang kommen wollte. Dann ließ auch er die Zigarre fallen und machte den gleichen widerlichen Fleck auf den Teppich, worauf sie beide gackerten wie zwei alte Hexen.
Ich kochte vor Wut, aber was sollte ich machen? Mir blieb nichts weiter übrig, als abzuwarten, bis sie sich genug auf meine Kosten amüsiert hatten.
Als sie mit Lachen fertig waren, setzten sie sich synchron in Bewegung und deuteten zur Tür.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und ging vor den beiden her nach draußen. Ein Stückchen vom Haus entfernt rollte ein Wagen an, um vor meiner Einfahrt anzuhalten. Kobold hielt mir die Tür auf und gehorsam stieg ich ein. Fratze stieg auf der anderen Seite ein, um mir den Fluchtweg zu versperren. So saß ich zwischen den beiden eingeklemmt.
Als alle Türen verschlossen waren, fuhr der Wagen durch mein Viertel und auf den Highway Richtung Innenstadt.
Diesmal schaute ich nicht aus dem Fenster. Ich war zu sehr mit Spekulationen beschäftigt, was dieser Spontanbesuch zu bedeuten hatte. Ich wusste nicht, ob Kapordelis meiner überdrüssig geworden war, oder ob er plötzlich fand, ich wüsste zu viel, oder ob er meine Beziehung zu Dutch herausgefunden hatte. Das lag alles im Bereich des Möglichen und ich hatte Angst, dass ich die Nächste sein könnte, der sie Schuhe mit Zementsohlen anpassen würden.
Zwanzig Minuten später erreichten wir das Anwesen der Familie und man ließ mich unbehelligt aus dem Wagen steigen. Wir betraten das Haus durch die riesige Vordertür, liefen durch die bekannten Dielen und Flure, bis wir vor der geschlossenen Tür von Kapordelis’ Arbeitszimmer standen. Kobold zeigte auf einen Stuhl, der rechts daneben stand, und ich nahm Platz, um meinem Schicksal entgegenzusehen.
13
Die Zeit verging im Schneckentempo. Von drinnen hörte ich gedämpfte Stimmen, konnte aber kein Wort verstehen. Fratze und Kobold standen zu beiden Seiten der Tür Wache, den geistlosen Blick ins Leere gerichtet, womit sie meinen Verdacht noch bestärkten, dass sie nicht mit Intelligenz gesegnet waren. Finster sah ich sie an. Es gab nur eins, das schlimmer war, als von Mafiosi gekidnapped zu werden: von dämlichen Mafiosi gekidnapped zu werden.
Endlich ging die Tür auf und eine bekannte Gestalt kam heraus. Ich schnappte verblüfft nach Luft. Hastig senkte ich den Blick und drehte den Kopf zur Seite, um nicht erkannt zu werden. Die Mühe hätte ich mir sparen können. Officer Shawn Bennington schlenderte ekelhaft grinsend an mir vorbei und hatte nur Augen für das Bündel Geldscheine, das er in seinen kleinen Fettfingern hielt. Eifrig zählend lief er mit Fratze den Flur hinunter, den ich gekommen war.
Während ich auf seinen Rücken starrte, lief es mir eiskalt über den Rücken, und mir fiel das Knöllchen wieder ein, das er geschrieben und das Kapordelis nun dank meiner in den Händen hatte. Augenblicklich war mir klar, dass ich einen Riesenfehler gemacht hatte. Dutch steckte in Schwierigkeiten. In großen Schwierigkeiten. Und im Moment war ich nicht in der Lage, ihm zu helfen. Im Gegenteil, dachte ich schaudernd. Wahrscheinlich befand ich mich in genau derselben
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