Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
Seine Hand zitterte ein wenig, vielleicht von den Schmerzen oder den Medikamenten. Aber ich konnte kaum Mitgefühl für den Scheißkerl aufbringen.
»Ich erinnere mich an diese Seite«, sagte er langsam. »Ich vermute, Madame Jarosolow hat sie aus der Akte genommen, als sie sie hatte.«
»Ja, es könnte etwas drinstehen, was mich zu Dora führt. Es überrascht mich, dass Sie nicht daran gedacht haben, mir die Akte vollständig zu übergeben. Schließlich wollen Sie Ihre Frau doch finden, oder nicht?«
Kapordelis sah mich an wie ein Löwe eine lästige Mücke und schleuderte das Blatt verärgert in meine Richtung.
»Nehmen Sie es, Miss Cooper, und finden Sie meine Frau. Ich gebe Ihnen von heute an noch drei Tage Zeit. Wenn Sie so gut sind, wie Sie sagen, sollte es für Sie nicht weiter schwierig sein. Aber keine weiteren Besuche bei der Polizei! Jetzt haben Sie ja alles, was Sie brauchen, um Dora aufzuspüren. Haben wir uns verstanden?«
Maßlos erleichtert über mein reibungsloses Entkommen stand ich eilig auf und schnappte mir die Kopie, um sie in meiner Handtasche verschwinden zu lassen. Ich wandte mich zur Tür, bevor Kapordelis es sich anders überlegen konnte, und sagte: »Vollkommen, Mr Kapordelis. In ein paar Tagen sehen wir uns wieder.«
Tapfer marschierte ich zur Tür, griff nach der Klinke, wo ich den Bruchteil einer Sekunde zögerte, halb erwartend, dass mich jemand am Weitergehen hinderte. Doch niemand tat es und so drückte ich die Tür auf und verließ schleunigst den Raum. Im Flur lief ich einfach weiter, als gehörte mir das Haus, und hoffte, niemandem über den Weg zu laufen, der mich aufhalten könnte.
Ohne Zwischenfall gelangte ich zum Wagen und nahm meinen Platz auf der ledernen Rückbank wieder ein. Niemand schob sich neben mich auf den Sitz, stattdessen warf Kobold, der kurz hinter mir das Haus verlassen hatte, die Wagentür von außen zu und klopfte dann aufs Dach zum Zeichen für den Fahrer, dass er losfahren durfte.
Als wir aus der Einfahrt auf den Lakeshore Drive einbogen, hätte ich am liebsten laut aufgeschluchzt. Ich war tatsächlich lebend wieder da rausgekommen. Das Wichtigste war jetzt, Dutch zu warnen, sobald ich zu Hause ankam. Nervös tippte ich mit der Fußspitze auf den Teppichboden des Wagens, während ich den Fahrer in Gedanken zur Eile antrieb. Doch als wir auf den Highway auffuhren, war an eine schnelle Heimfahrt nicht mehr zu denken.
Wir landeten in einem Megastau. Die Wagen standen Stoßstange an Stoßstange, so weit das Auge reichte. Meine Intuition schaltete sich ein und ein Gedanke wiederholte sich ständig: Ich musste Dutch warnen - sofort, ohne weitere Verzögerung.
Ich blickte zu meiner Handtasche, die neben mir auf dem Boden stand, und mit Herzklopfen griff ich hinein und holte das Handy heraus. Jetzt musste ich schnell sein und es schlau anstellen. Trotzdem blieb die Frage, ob ich nach diesem Telefonat noch heile zu Hause ankäme. Als ich das Handy aufklappte und zu wählen begann, blickte ich wie zufällig auf und bemerkte, dass mich der Fahrer aufmerksam beobachtete. Ich musste sehr, sehr vorsichtig sein.
Ich setzte ein gelangweiltes Gesicht auf und ignorierte den Fahrer, während es klingelte. Zwei, drei Mal, dann wurde abgenommen und Milo meldete sich. »Johnson.«
»Hallo«, sagte ich in eifrigem Ton.
»Abby?«, fragte Milo. Ich sah die misstrauischen Augen des Fahrers im Rückspiegel auf mich gerichtet.
»Ich habe eine Nachricht von Edgar«, sagte ich.
»Von wem?«
»Edgar«, wiederholte ich deutlich. »Er lässt ausrichten, dass Sie noch heute Ihren Partner in Holland anrufen müssen. Er weiß, dass er schwer zu erreichen ist, glaubt aber, dass Sie seine Nummer haben. Ist das richtig?«
Es entstand eine längere Pause, in der Milo mit Entschlüsseln beschäftigt war. Schließlich fragte er mit gedämpfter Stimme: »Abby, bist du in Schwierigkeiten?«
»Nö«, antwortete ich, »aber Edgar meint, dass sich in Holland was Übles zusammenbraut und Sie deshalb anrufen müssen. Verstehen Sie?«
»Ja, ich soll Dutch anrufen, hab verstanden. Aber du wirst mir später erklären, warum, ja?«
»Klingt gut. Ich melde mich wieder«, sagte ich und klappte das Handy zu, während ich aus dem Fenster starrte und einen gelangweilten Seufzer abgab. Mein Magen war ein harter Klumpen und mein Herz klopfte so heftig, dass ich das Gefühl hatte, gleich ohnmächtig zu werden. Aber irgendwie gelang es mir, mich zusammenzureißen.
Es dauerte fast eine Stunde, bis
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