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Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Titel: Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
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diesem Höllenloch bezahlen!« Er warf einen schnellen Blick zu Putney hinüber, als fürchtete er, immer noch zu laut gesprochen zu haben. Doch der bullige Wärter schenkte ihnen keinerlei Beachtung. Er hatte sich gegen die Wand gelehnt, paffte seine Pfeife und starrte gedankenversunken zum Gitterfenster hoch.
    »Wer sind Sie?«, fragte Abby und setzte sich ihm gegenüber auf die Bank.
    »Du kannst mich Frederick nennen.«
    Sie musterte ihn argwöhnisch. »Das ist nicht Ihr richtiger Name, nicht wahr?«
    »Und wenn, was würde es ausmachen? Nenn mich Frederick oder lass es bleiben. Du kannst es halten, wie du willst, Abby«, sagte er ungerührt. »Da, wo ich herkomme, haben Namen nicht viel zu sagen. Man wechselt sie nach Belieben … und nach Notwendigkeit.«
    »Und wo kommen Sie her?«
    »Das tut jetzt nichts zur Sache. Man hat dir deine Sachen wiedergegeben?« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, für die Frederick eine Bestätigung wünschte.
    »Ja … man hat mir alles zurückgegeben«, antwortete Abby mit wachsender Verwirrung, aber auch mit wachsendem Argwohn. »Der Wärter sagt, jemand hat dafür bezahlt. Waren Sie das?«
    Frederick nickte und musterte sie offen. Mitleid stand auf einmal in seinen ungewöhnlich blauen Augen, deren Blick Abby Unbehagen verursachte. Doch nur für einen kurzen Moment. Dann kehrte wieder dieser merkwürdig kühle, distanzierte Ausdruck zurück.
    »Ich weiß, du hast in den letzten Tagen Schreckliches mitgemacht. Newgate ist die Hölle auf Erden. Du wirst vor allem Hunger haben. Hier, nimm das und iss.«
    Erst jetzt, als der Mann danach griff, bemerkte Abby den kleinen Leinensack, der rechts neben ihm auf der Bank gelegen hatte. Frederick öffnete ihn und holte einen halben Laib frischen Brotes, ein faustgroßes Stück Käse und einen fingerbreiten Streifen Fleisch hervor.
    Abby gingen die Augen über. Ihr Magen schmerzte vor Hunger, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen, ohne dass sie es merkte. Auch wenn sie die letzten Tage nicht hungernd und frierend im Kerker verbracht hätte, wäre ihre Reaktion beim Anblick dieser so lange entbehrten Lebensmittel nicht anders gewesen. Herrlich duftendes, frisches Brot! Einen ganzen Käse! Und Fleisch! Richtiges Fleisch!
    Frederick brach ein Stück vom reichlich schräg geschnittenen Brotkanten ab und reichte es ihr durch das Gitter. »Iss langsam, Abby. Es ist alles für dich.«
    Abby riss es ihm aus der Hand und stopfte es gierig in den Mund. Es war ihr gleichgültig, was er von ihr dachte. Sie kaute und würgte und schluckte. Und sobald er ihr ein neues Stück hinhielt, griff sie auch schon zu.
    Er ließ sie ein, zwei Minuten gewähren. Schließlich aber sagte er: »Es ist genug da. Und was du nicht schaffst, kannst du nachher mit in die Zelle nehmen. Niemand wird dir etwas wegnehmen, dafür ist gesorgt. Putney nicht und auch keiner von den anderen Gefangenen. Der Wärter wird es zu verhindern wissen. Er hat seinen Anteil schon erhalten. Also würge es nicht so in dich hinein. Dir wird schlecht werden. Es ist alles für dich, ganz für dich allein, hörst du?«
    Abby atmete heftig und drehte sich ängstlich zu Putney um.
    Doch dieser machte tatsächlich keine Anstalten, zu ihr herüberzukommen und ihr die Kostbarkeiten abzunehmen. Dabei war ihm nicht entgangen, was sich am Gitter abspielte. Mit spöttischer Miene erwiderte er ihren Blick, spuckte einen Strahl Tabaksaft auf den Boden, schob sich den Stiel der Tonpfeife wieder zwischen die fauligen Zähne und schaute weg.
    Es stimmte also, was Frederick gesagt hatte!
    »Das Fleisch!«, bat Abby und die Spannung wich aus ihrem Körper. Sie zwang sich, ihre Gier unter Kontrolle zu halten und sich nicht so gehen zu lassen. Doch das Verlangen, sich auf das frische Brot, den Käse und vor allem das herzhaft duftende Fleisch zu stürzen, war kaum zu bezähmen. Zu lange hatte sie gehungert und davon geträumt, nur einmal wieder genug zu essen zu haben. »Bitte!«
    Im nächsten Moment biss sie in den Fleischstreifen. Es war gutes Schweinefleisch. Gebraten und saftig, ohne zu fett zu sein. Ihr war, als hätte sie in ihrem Leben nie etwas auch nur annähernd so Köstliches gegessen wie dieses Stück Schweinefleisch. Sie kaute mit selbstvergessener Andacht und vergaß einen Augenblick sogar, wo sie sich befand.
    Plötzlich dachte sie an ihre Mutter und sie hörte auf zu essen. Nicht einen Bissen bekam sie mehr hinunter. Ihr war schlagartig schlecht. Wann hatten sie zu Hause das letzte

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