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Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Titel: Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
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legte das Schiff stark auf die Seite.
    Sarah, die mit ihrem Vater an der Brüstung zum Mittschiff gestanden und mit ihrer Puppe gespielt hatte, stolperte, als sich das Deck unter ihr neigte. Unwillkürlich ließ sie ihre Puppe los.
    Sie fiel über die Brüstung, wurde vom Wind gepackt und landete jenseits der Holzbarrikaden mittschiffs auf den Planken.
    »Meine Puppe! Meine Puppe!«, rief Sarah aufgeregt. Und bevor Jonathan Chandler sie noch festhalten konnte, rannte sie schon die Treppe hinunter.
    »Sarah! Hier geblieben!«, rief er.
    Doch Sarah hörte nicht auf ihren Vater.
    Die Stoffpuppe landete direkt vor Abbys Füßen auf den Planken. Sie bückte sich, hob sie auf und sah, dass das winzige Kleid auf der Brust mit dem Namen Alice bestickt war.
    Sarah hatte sich indessen zwischen zwei Rotröcken an die Barrikade gedrängt. Abby trat nun an die Absperrung, beugte sich vor und reichte ihr die Puppe hinüber. »Hier hast du deine Alice wieder. Es ist ihr nichts passiert«, sagte sie freundlich.
    Kaum hielt Sarah ihre heiß geliebte Puppe wieder in ihren Armen, als einer der Soldaten sein Gewehr hob und Abby mit dem Kolben einen so derben Stoß vor die Brust versetzte, dass sie schmerzhaft aufschrie und fast gestürzt wäre. Tränen schossen ihr in die Augen.
    »Zurück!«, herrschte der Soldat sie an. »Hast du vergessen, dass es verboten ist, so nahe an die Absperrung zu kommen?«
    Jonathan Chandler, der hastig die Treppe hinuntergeeilt war, packte den Marinesoldaten grob am Arm. »Mein Gott, was machen Sie da?«, rief er ungehalten. »Haben Sie denn nicht gesehen, dass sie dem Kind nur die Puppe wiedergegeben hat? Sie hatten keinen Grund, sie mit dem Gewehr zurückzustoßen!«
    »Ich hab meine Befehle … Sir!«, gab der Soldat störrisch zurück.
    »Sie sollten sich schämen!«, fuhr Jonathan Chandler ihn aufgebracht an und wandte sich dann Abby zu, ohne sich um den Protest des Soldaten zu kümmern. Er musterte sie und verbarg seine Betroffenheit, als er sah, wie jung diese Deportierte war. »Wie heißt du?«
    Abby hielt sich die Hand vor die schmerzende Brust. »Abby, Abby Lynn … Sir.«
    »Tut mir Leid, was passiert ist«, entschuldigte er sich für das grobe Verhalten des Soldaten. »Es war nett von dir, meiner Tochter die Puppe zu reichen. Das hast du dafür wirklich nicht verdient.«
    »Daran gewöhnt man sich mit der Zeit, Sir«, erwiderte Abby bitter.
    »Entschuldigen Sie, Sir!«, meldete sich Lieutenant Glennwick, der kommandierende Offizier der Truppeneinheit, höflich, aber energisch zu Wort. Er war sofort herbeigeeilt. »Es ist jedermann strengstens untersagt, mit Sträflingen zu sprechen, wenn es dienstlich nicht notwendig ist, und das gilt auch für Passagiere.«
    »Wollen Sie mir verbieten, dass ich mich für eine freundliche Geste bedanke?«, fragte Jonathan Chandler scharf und baute sich zu seiner vollen beeindruckenden Größe vor dem jungen Offizier auf.
    »Es sind Sträflinge!«
    »Aber auch Sträflinge bleiben Menschen! Oder zählen Sie sie zu einer anderen Spezies von Lebewesen?«
    Lieutenant Glennwick schoss das Blut vor Ärger ins Gesicht.
    Er setzte zu einer schroffen Erwiderung an. Doch in diesem Augenblick schallte die Stimme des Ausgucks zu ihnen herab: »Land in Sicht! … Land in Sicht! … Land Backbord querab!«
    Alles, bis auf die Soldaten, stürzte jetzt unter freudigem Stimmengewirr an die Backbordreling, um sich mit eigenen Augen vom Auftauchen der Küste von New South Wales zu überzeugen. Auch Jonathan Chandler und Lieutenant Glennwick vergaßen in diesem Moment, auf den sie sieben Monate gewartet hatten, ihren Disput.
    Abby nutzte den günstigen Augenblick, um schnell wieder in der Menge der Sträflinge unterzutauchen, die nun genauso aufgeregt durcheinander redeten.
    Nur Rachel zeigte Missmut statt Freude. »Das war eine kleine Kostprobe davon, wie uns die verdammten Rotröcke in der Kolonie behandeln werden, wenn wir erst mal vom Schiff und ihnen uneingeschränkt ausgeliefert sind!«
     

Viertes Kapitel
     
    Obwohl Captain Winston jeden Fetzen Tuch setzen ließ, den Rahen und Masten noch tragen konnte, schaffte es der Ostindien-Segler nicht mehr, noch vor Einbruch der Dämmerung in Sydney zu sein. Die Kent erreichte den Zugang zur Bucht, als die Nacht schon ihren schwarzen Mantel über die Küste gelegt hatte. Da Captain Winston das Risiko nicht eingehen wollte, sein Schiff im Dunkel an Klippen zerschellen oder auf Untiefen auflaufen zu lassen, ließ er beidrehen und

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