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Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt

Titel: Abby Lyne 01 - Verbannt ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
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ähnelte dabei einem hageren Huhn, das nach Körnern pickt. »Was hat so etwas Gottloses wie Rum damit zu tun?« Sie stieß die Worte wie ein Ankläger hervor, der jemanden vor Gericht eines schweren Verbrechens bezichtigt.
    »Wenn Sie es noch nicht wissen, sollte ich Sie eigentlich im Zustand der Unwissenheit lassen«, sagte Bruce Potter überheblich und zwinkerte der reizenden Deborah zu, die in diesem Moment zu ihm geblickt hatte, nun aber sofort wieder auf ihren Teller schaute, als hätte sie etwas Verbotenes getan. »Doch da ich ein großzügiger Mensch bin, will ich gern jetzt schon mit Ihnen teilen, was Sie ja sowieso erfahren werden, sobald wir die Kolonie erreicht haben.«
    Andrew beugte sich über seine Schwester Sarah, die gelangweilt mit ihrer Stoffpuppe in ihrem Schoß spielte, zu seinem Bruder hinüber. »Weißt du keine Möglichkeit, wie man sein Großmaul abstellen kann?«, raunte er ihm zu.
    »So weit bin ich in dem Buch noch nicht gekommen, doch ich werde darauf achten«, antwortete Melvin schnell mit einer Belanglosigkeit und für alle hörbar, als er den zurechtweisenden Blick ihres Vaters bemerkte. Doch unter dem Tisch trat er Andrew gegen das Bein, damit er ihn nicht wieder in Verlegenheit brachte. Doch außer ihrem Vater hatte offenbar keiner etwas von dem mitbekommen, was Andrew ihm zugeflüstert hatte.
    »Rum ist der Schlüssel zum Erfolg in New South Wales!«, fuhr Bruce Potter fort und fügte mit einem selbstgefälligen Lächeln zu Captain Winston gewandt hinzu: »Sagen Sie es Ihnen, Captain. Offenbar schenken die Gentlemen meinen Worten wenig Glauben.«
    »Mir scheint, Sie sind Ihr bester Anwalt und wissen Ihre Ansichten mit der nötigen Kraft des Wortes darzulegen«, sagte Captain Winston mit kaum merklichem Spott in der Stimme.
    »Ihnen Beistand zu leisten, erscheint mir so unsinnig zu sein, wie einem Delfin das Schwimmen beibringen zu wollen.«
    Gelächter, das auch einige schadenfrohe Untertöne hatte, erhob sich an der Tafel.
    Bruce Potter nahm es mit einem Lächeln hin. »Dennoch wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir bestätigen würden, dass nicht der Gouverneur die Kolonie regiert, sondern der Rum.«
    »Eine Übertreibung, die im Kern jedoch nicht ganz unzutreffend ist. Rum hat in New South Wales ohne Zweifel einen hohen Stellenwert«, brummte Captain Winston, dem dieses Thema sichtlich unangenehm war. Und bevor man ihn noch bitten konnte, darauf näher einzugehen, legte er seine Serviette kurz entschlossen weg und erhob sich. »Sie entschuldigen mich bitte, aber mir scheint, der Wind hat umgeschlagen.«
    Bruce Potter lächelte, als der Captain die Messe verlassen hatte. »Ein ehrenwerter Gentleman, unser Captain Winston.
    Lieber zieht er sich unter einem fadenscheinigen Vorwand zurück, als dass er eine Tatsache ausspricht, die ein schlechtes Licht auf den Gouverneur der Kolonie oder die Offiziere vom New South Wales Corps werfen könnte. Dabei sitzt unser fescher Lieutenant Glennwick heute gar nicht mit uns am Tisch, sondern bewacht mit seinen Soldaten diese Jammergestalten von Sträflingen, als fürchteten sie ernsthaft, diese Frauen könnten versuchen, das Schiff in ihre Gewalt zu bekommen!«, sagte er von oben herab.
    »Diese menschlichen Ausgeburten des Teufels sind zu allen Verbrechen fähig!«, rief Lydia Delton schrill und mit flammendem Blick.
    »Es geht jetzt nicht um Sträflinge, sondern um Rum!«, fuhr ihr Mann ihr barsch in die Rede und deutete mit seiner Gabel auf Potter, als wollte er ihn aufspießen. »Sagen Sie endlich, was Sie zu sagen haben!«
    William Thackery schnaubte wieder, blieb jedoch weiterhin stumm.
    »Also gut«, sagte Bruce Potter. »Man spricht nicht gern darüber, doch Tatsache ist, dass längst nicht mehr der Gouverneur die Kolonie regiert, sondern die Offiziere vom New South Wales Corps. Und das nicht etwa deshalb, weil sie eine schlagkräftige Truppe befehligten. Weit gefehlt! Sie haben die Macht, weil sie das Rum-Monopol besitzen. Ohne Rum läuft in der Kolonie gar nichts. Die Sträflinge empfangen täglich ihre Ration Rum, die gar nicht mal so knapp bemessen ist. Ohne Rum gehen die meisten gar nicht an die Arbeit. Und ohne Rum kann man auch keine Gerätschaften kaufen.«
    »Wollen Sie behaupten, Rum ersetzt in der Kolonie Geld?«, fragte Melvin erstaunt.
    Bruce Potter nickte. »Genau so ist es, mein junger Freund! Die Offiziere tun alles, damit so wenig Geld wie möglich in Umlauf ist. Rum ist die Währung der Kolonie! Und die Offiziere

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