Abby und Schneewittchen in Gefahr: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
besser gehen«, sage ich zu Jonah.
»Wohin?«
Knurr, knack, knurr, knack, knurr, knack, knack!
»Irgendwohin, Hauptsache, weg von hier!«
Ich greife nach seiner Hand, und wir rennen los.
Kapitel 5
Versteckspielen
I ch wusste gar nicht, dass ich so schnell laufen kann.
Wenn ich jetzt in der Schule wäre und wir Fangen spielen würden – auf die richtige oder die falsche Weise –, würde mich niemand kriegen.
Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass ich keine Ahnung habe, wohin Jonah und ich gerade wie die Verrückten rennen, weil ich gar nicht weiß, wo genau in Smithville wir überhaupt sind.
Und ich habe außerdem keine Ahnung, was da hinter uns her ist. Aber wisst ihr was? Wir laufen so schnell, dass wir das Tier vielleicht sogar abgehängt haben, denn ich höre es nicht mehr. Was allerdings auch daran liegen kann, dass mein lautes Schnaufen alle anderen Geräusche übertönt.
Da boxt Jonah mich in die Seite, dass es wehtut, und ich bleibe stehen.
»Ich habe Durst!«, keucht er. »Und Hunger! Vergiss die Flips. Ich esse alles! Nur keinen Brokkoli, bitte!«
Ich beuge mich vor und versuche wieder zu Atem zu kommen. »Ich weiß ja nicht, was mit dir ist, aber ich habe hier noch kein Restaurant gesehen. Nur Bäume. Bäume, Bäume und noch mehr Bäume.«
»Guck mal«, sagt Jonah leise und zeigt zwischen die Bäume.
Als ich aufblicke, macht mein Herz einen Satz. Es ist ein Mensch! Eine erwachsene Frau!
»Oh, hallo!«, rufe ich und stürme auf sie zu. »Hey, hallo!«
Doch sie geht einfach weiter und verschwindet zwischen den Bäumen. Hat sie mich etwa nicht gehört?
»Entschuldigung!«, rufe ich. »Warten Sie!«
Schließlich dreht sie sich um. Sie ist alt. Ungefähr so alt, wie Großeltern sind, aber im Gegensatz zu meiner Oma trägt sie keinen rosa Lippenstift. Sie trägt einen schwarzen Umhang, und sie hat einen Korb dabei.
Lächelnd winke ich ihr zu.
Sie starrt mich an. Und geht weiter.
Wie unhöflich! Erwachsene dürfen nicht unhöflich sein! Meine Oma wäre niemals so unhöflich.
Was soll ich denn jetzt machen?
»Entschuldigung!«, schreit Jonah. »Entschuldigung, Ent schuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung, ENTSCHULDIGUNG! «
Die alte Dame bleibt wieder stehen und dreht sich nach uns um. »Was?«, reagiert sie barsch.
Super, Jonah! Hartnäckigkeit zahlt sich manchmal eben doch aus.
»Wissen Sie, wo wir sind?«, fragt er.
»Wir haben uns irgendwie verlaufen«, ergänze ich. »Wir waren bei uns im Keller, aber dann haben wir an den Spiegel geklopft, oder besser gesagt, mein dummer Bruder hat an den Spiegel geklopft, und …« Vielleicht ist es besser, ihr die Details zu ersparen. »Na ja, wie auch immer. Können Sie uns bitte helfen?« Ich schenke ihr mein bezauberndstes Lächeln. Jonah gebe ich einen Stoß mit dem Ellenbogen, damit er es mir nachtut.
Doch sie schaut nur finster drein und setzt ihren Weg fort.
Meine Oma würde niemals zwei Kinder, die sich im Wald verlaufen haben, einfach stehen lassen, auch dann nicht, wenn es fremde Kinder wären. Sie würde sie mit nach Hause nehmen, sie warm einpacken und ihnen Hühnersuppe kochen.
»Und was machen wir jetzt?«, frage ich Jonah.
»Ihr hinterhergehen!«
»Besser nicht«, sage ich. »Ich glaube, sie ist böse. Und außerdem glaube ich nicht, dass sie will, dass wir ihr folgen.«
»Hast du eine bessere Idee?«, fragt er.
Ich kaue auf der Unterlippe.
Jonah versteht das als Okay, dann lass uns der bösen alten Frau hinterhergehen!, und schon ist er unterwegs. Ich zögere noch, aber dann beeile ich mich hinterherzukommen.
»Leise«, flüstere ich. Ich fasse ihn am Arm und bremse ihn etwas, damit er nicht auf jeden knackenden Zweig tritt.
Die böse Frau geht um einen Baum, und wir gehen um denselben Baum, und dann verstecken wir uns schnell. Sie geht geradeaus; wir gehen geradeaus. Sie geht rechts; wir gehen rechts. Wir folgen ihr überallhin. Und dann verstecken wir uns. Wir folgen ihr und verstecken uns und folgen ihr und verstecken uns.
»Ich hoffe, sie hat sich nicht selbst verlaufen«, flüstert Jonah, während wir uns hinter einem Baum verbergen.
Aber zehn Minuten später erreicht die Frau einen Weg. Juhu! Ich weiß nur immer noch nicht, wo wir sind. Wieso gibt es in Smithville Wälder mit Wegen, die anscheinend nirgendwo hinführen? Es ist wirklich alles so merkwürdig hier. Erst Limonade statt Brause und jetzt auch noch höchst eigenartige Wälder.
Wir folgen der alten Dame weitere fünf
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