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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Unverschämtheiten, die ich vermeiden wollte, grad herbeigeführt. Es gibt da eine gewisse Art von Blick, der immer wirksam ist, wenn man ihm die nötige Festigkeit zu geben versteht. Den richtete ich auf denjenigen von ihnen, welcher der Vornehmste zu sein schien. Er wurde verlegen, hob die Hand an die Brust, verbeugte sich leicht und sagte:
    »Sallam!«
    Das klang sehr kurz.
    »Sallam!« antwortete ich darum ebenso kurz, ohne daß ich aufstand.
    »Sallam!« antwortete auch der Bub.
    »Ich bin Abdullah, der Schreiber des Schech el Belad 11 !« rühmte sich der Hebronit.
    Noch ehe ich antworten konnte, antwortete der Bub:
    »Und dieser mein Effendi ist der oberste Schreiber des Bürgermeisters von Deutschland! In seine Tasche fließen sämtliche Steuern. Er setzt ein oder ab, wen er will. Er ist nach El Chalil gekommen, um von den Russen die Eiche Abrahams zu kaufen und nach Hause schaffen zu lassen. Heil sei ihm!«
    Als er das gesagt hatte, nahm er seine »neue Freundin« bei der Hand und ging mit ihr den Knaben von Hebron entgegen. Ich vergaß ganz ihn zu warnen, so entsetzt war ich über die Unverfrorenheit, mit der er seine tollen Behauptungen vorgebracht hatte. Aber das Unerwartete geschah. Die Männer nahmen sie ernst. Sie hielten eine kurze, leise Beratung; dann machten sie alle eine tiefe Verneigung und Abdullah sagte:
    »Effendi, du bist ein großer, ein mächtiger Herr, aber leider ein Christ. Wir dürfen dich darum nicht einladen unser Gast zu sein, und werden die Spiele der Jugend erst dann beginnen, wenn ihr diesen Ort verlassen habt.«
    Das war eine indirekte Aufforderung, uns aus dem Staube zu machen. Dann gingen sie mit ihren Eseln fort, nach einer entfernteren Stelle. Eine weniger friedfertige Szene spielte sich da ab, wo Thar und Schamah mit den Knaben aus Hebron zusammengetroffen waren. Die letzteren waren in Aufregung. Sie brüllten etwas, was wir nicht verstanden, weil zu viele es riefen. Der Bub stand furchtlos vor ihnen, hatte den linken Arm schützend auf das Mädchen gelegt, gestikulierte mit dem rechten drohend in der Luft herum und hielt eine Rede, die wir auch nicht verstanden. Der Mutter wurde angst um ihr Kind. Ich beruhigte sie. Wir näherten uns der lebhaft bewegten, schreienden Gruppe. Als der Bub uns kommen sah, rief er uns zu:
    »Es ist weiter nichts! Sie wollen Schamah ersäufen – im Wasser, dort wo ihr gesessen habt! Weil sie eine Christin ist und das heutige Fest besudelt. Da habe ich gesagt, daß ich das nicht dulde, sondern für sie kämpfen werde. Nun wählen sie einen Anführer, mit dem ich verhandeln soll. Da ist er schon!«
    Er deutete auf einen großen, robusten Jungen, der jetzt aus dem Haufen trat, um, wie die Erwachsenen zu tun pflegen, vor dem Kampfe eine Rede zu halten. Er stellte sich in Positur und schrie zu Thar und uns herüber:
    »Du bist ein Christenhund und sie ist ein Christenmädchen, also noch schlimmer als ein Hund. Wir werden sie ertränken, da wo die Zisterne so tief ist, daß sie gar keinen Boden hat. Wir sind wahre, strenge und gehorsame Gläubige des Propheten. Wir können nicht dulden, daß heute, am Geburtstage Ismaels, die Füße einer Christin diesen Boden berühren. Sie muß also sterben. Aber du willst um sie kämpfen, weil du sagst, du seiest ein Held. Wir sind bereit dazu, denn auch wir sind Helden. Ich fordere dich auf, mir deine Bedingungen zu sagen!«
    Als die Mutter von Schamah das hörte, stieg ihre Angst auf das höchste. Ich aber erklärte ihr, daß es sich zwar wohl um einen wirklichen Zorn, in der Ausübung desselben aber nur um ein Spiel handle; es sei ja heute der »Tag der Jugendspiele«. Sie könne sich darauf verlassen, daß ihrem Kinde nichts geschehen werde. Sie brauche Schamah nicht von unserm Knaben wegzuholen.
    Dieser erklärte jetzt dem Kinde:
    »Du bist die Königin des Spieles, welches vor deinen Augen stattzufinden hat. Komm’, setze dich!«
    Sie nahm auf einem Steine Platz, neben den er sich stellte. Dann zog er sein Merkbuch aus der Westentasche, schlug es auf und begann die Gegenrede:
    »Ihr nennt mich einen Christenhund, doch bin ich ein Moslem aus Jerusalem, welches größer ist als euer El Chalil. Wer aber seid denn ihr?« Das folgende las er vor: »Ihr seid Kananiter, Hethiter, Jebusiter, Girgasiter, Heviter, Amoriter, Siniter, Arkiter, Zemariter, Arvaditer, Hamathiter und Sidoniter! Die Feinheiten des Islam sind an euch vorübergegangen und nur der Bodensatz ist sitzengeblieben! Wäre euer Glaube rein und

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