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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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überhaupt fast nie anders als essend gesehen. Von den beiden anderen Alten hatte der eine ein langes, schmales Vogel-, der andere aber ein kurzes, recht breites Bulldoggengesicht, doch beide echt orientalisch geschnitten und in lange dichte Vollbärte gehüllt. Die zwei jüngeren Männer sahen einander ähnlicher. Der eine lächelte immerfort wie ein Fuchs, der einer Gans die Ehe verspricht, und der andere saß, ging und stand ohne Unterlaß geduckt wie ein Marder, der einen Hühnerstall beschleicht. Man sieht, sympathisch waren diese Leute eben nicht, aber psychologisch außerordentlich interessant. Man fühlte gleich beim ersten Blick, daß mit keinem von ihnen gut Kirschen essen sei und man nicht mit ihnen anbinden durfte, außer man wünschte, daß irgend etwas mehr oder weniger Unangenehmes passiere. Nach altem orientalischem Brauch sagte mir der Effendi, daß er der Wirt sei, und nannte mir die Namen und die Berufsstellungen der vier anderen Männer. Sie titulierten sich gegenseitig Agha, was soviel wie »Herr« bedeutet und stets hinter den Namen gesetzt wird. Diese vier hatten nur zwei Namen. Die beiden älteren hießen Achmed Agha und die beiden jüngeren Selim Agha. Hinzu kam, daß zu dem gleichen Namen sich der gleiche Rang gesellte. Die beiden Achmeds standen im Oberstenrange, die beiden Selims waren Leutnants, alle vier also Offiziere. Ich fragte mich, welche Gründe man in Konstantinopel und Teheran wohl gehabt haben könne, zwei so hohe und verdiente Offiziere, wie ein Oberst doch wohl ist, in diese abgelegene Gegend zu versetzen; aber die Herren zeigten sich außerordentlich mitteilsam; sie freuten sich sichtlich, wieder einmal mit einem gebildeten Menschen sprechen zu können, und als sie gar hörten, daß ich Europäer sei, schien ihnen sehr daran zu liegen, sich vor mir in gutes Licht zu stellen. Darum erzählten sie mir ganz ungefragt und unaufgefordert, warum und weshalb sie von Bagdad und Teheran hierher gekommen und dann hier geblieben seien.
    Es war, wie sie versicherten, mit der Schmuggelei hier nicht mehr auszuhalten gewesen. Die Zölle hatten fast gar nichts mehr eingebracht und so waren die beiden Regierungen darin übereingekommen, die Bewachung der Grenze der bisherigen liederlichen Aufsicht zu entziehen und in feste, militärische Hände zu legen. Dies konnte aber nicht geschehen, ohne daß die betreffenden militärischen Personen vorher bei der jetzigen Douane eine Lehrzeit durchgemacht hatten, um ihre Pflichten kennen zu lernen und in ihren Beruf sich einzuleben. Darum wurde von beiden Seiten je ein Hauptmann, ein Oberleutnant und ein Leutnant, nebst drei gewöhnlichen Soldaten zu ihrer Bedienung herauf nach Dschan geschickt. Der Erfolg war ein überraschend schneller. Die beiden Hauptleute und die beiden Oberleutnants wurden mit ihren Soldaten von den Paschern schnell weggeputzt. Man begrub ihre Leichen, wo man sie fand. Die beiden Leutnants aber bewährten sich. Sie hielten sich mit ihren zwei Soldaten. Sie schafften Wandel. Sie wiesen nach, daß die beiden bisherigen Kommandanten mit den Schmugglern gemeinschaftliche Sache gemacht und die Behörden um ungeheure Summen betrogen hatten. Die beiden Verbrecher wurden abgesetzt und in Ketten nach Teheran und Bagdad transportiert; ganz selbstverständlich bekamen die Leutnants die freigewordenen Stellen. Sie blieben; sie blieben für immer, aber nur aus Pflichtgefühl und Aufopferung, denn wenn sie gegangen wären, hätte die mühsam unterdrückte Schmuggelei sofort ihr Haupt von neuem erhoben, und alle bisherige Mühe wäre vergeblich gewesen. Aber die vorgesetzten Behörden waren dankbar für eine so beispiellose Uneigennützigkeit und Treue. Sie ließen die Leutnants und Soldaten entsprechend avancieren. Die Leutnants hatten es, als ich nach Dschan kam, schon bis zum Obersten gebracht, und die Soldaten standen bereits im Leutnantsrang. Weil die ersteren beide Achmed und die letzteren beide Selim hießen, alle vier aber Agha waren, konnte man sie nur dadurch auseinander scheiden, daß der Rang der beiden türkischen Offiziere nach türkischem Gebrauch, die Chargen der beiden persischen Offiziere aber in persischer Weise bezeichnet wurden. Oberst heißt türkisch Mir Alai, persisch aber Särtix. Leutnant heißt türkisch Mülasim, persisch aber Naib. Darum hieß der Alte mit dem Vogelgesicht Mir Alai Achmed Agha, der Alte mit dem Bulldoggengesicht Särtix Achmed Agha, der Junge mit dem Fuchsgesicht Mülasim Selim Agha, und der Junge

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