Abendfrieden
sie gelegt, ganz schön im Clinch.«
Danzik schüttelte den Kopf: »Das sagt nur, dass sie beide miteinander ihre Interessen verfolgen. Mehr nicht.«
»Aber die Galeristen-Gattin wird zur Megäre. Na super.« Bully Bärwald legte seinen Kaugummi auf einer Untertasse ab. »Unterdrückte Hausfrauen rasten aus«, bemerkte Georg Rathjen. »Ist schon oft vorgekommen.«
»Was noch?«, fragte Danzik.
Elke Clausen zog ein Kunstbuch hervor: »Die Maler der dänischen Schule.« Sie schlug es auf und zeigte auf die Widmung: »Nicht übel. ›Meiner Meisterin und Herzdame, in Liebe, Erik‹.«
»Passt ins Bild«, sagte Danzik. »Im wahrsten Sinn.«
Torsten Tügel klopfte rhythmisch mit dem Kugelschreiber auf den Tisch. »Machen wir weiter?«
»Was hat Henri Holthusens Geheimschublade enthalten?«, fragte Danzik. »Irgendwie dasselbe in Grün. Briefkarten von Madeleine Singer: ›Ich danke dir für die wundervollen Stunden. Meinem einzigen Herzensfreund, in Liebe, Madeleine.‹«
»Fotos?«
»Ja. Hier: mehrere Fotos, wo sie am Wasser stehen. Die Singer lehnt sich an ihn. Die Singer umklammert seinen Arm. Die Körpersprache verrät, dass sie Zuwendung suchte. Von ihr geht mehr Körperkontakt aus als von ihm …«
»Unsere Psychologin.« Bully Bärwald lachte ein spottendes Lachen.
Elke Clausen sandte ihrem Kollegen einen Wutblick, schwieg aber. »Alles recht harmlos, oder?«, bemerkte Georg Rathjen. »Und wer macht solche Fotos?« Torsten Tügel schaute fragend in die Runde.
»Bekannte«, sagte Rathjen. »Eben deshalb ist es harmlos.«
»Ja, das sind nur kleine Racheplänkeleien«, sagte Danzik.
»Die Galeristen-Gattin hat von dem Geld, das ihr Mann mit dem Holthusen-Bildern gemacht hat, recht gut gelebt. Vielleicht können wir die Singer jetzt mal beerdigen.« Bully Bärwald schob sich einen neuen Kaugummi in den Mund.
»Beerdigen ist gut. Apropos Geld –« Danzik blätterte in seinen Unterlagen. »Holthusen stand vor der Pleite, die er dank seines Erbes nun abwenden kann. Somit avanciert er zum Hauptverdächtigen.«
Einen Moment entstand Schweigen. »Meine Fotos und Briefe überzeugen euch wohl nicht.« Elke Clausen klang enttäuscht, sie sagte es aber mehr zu sich selbst. »Doch, das bringt uns weiter.« Danzik sah sie aufmunternd an. »Quasi im Ausschlussverfahren. – Kehren wir noch mal zu dem Mordmittel zurück, dem Digitoxin. Wir müssen uns fragen, wer Zugang zu solch einem Medikament haben konnte.«
»Jemand, der selbst herzkrank ist.« Rathjen strich sich mit der rechten Hand über die linke Seite.
»Genau. Ist Madeleine Singer herzkrank?«
»Das müssten wir noch eruieren«, sagte Tügel.
»Ja, aber wie? Da stoßen wir wieder auf die Schweigepflicht der Ärzte!« Danzik nahm wie zur Beruhigung einen Schluck Kaffee.
»Bisher haben wir die noch immer weich geklopft.«
»Tja, auf jeden Fall muss Elke die Bekannten der Singer abklappern.« Bully Bärwald grinste. »Ich?« Die junge Kommissarin warf ihm einen empörten Blick zu. »Für niedere Arbeiten kenn ich jemand anderen.«
»Ruhe!« Danziks Stimme wurde lauter. »Elke, was für Medikamente hast du bei Henri Holthusen gefunden?«
»Jedenfalls kein Digitoxin, damit kann ich nicht dienen. Mittel gegen zu hohen Blutdruck, Entwässerungstabletten und Prostata-Tabletten.«
»Sieh an, sieh an.«
»Was soll das, Karsten?«, sagte Danzik scharf. »Kannst du nicht mal was Konstruktives beitragen? Weiter, Elke.«
»Ich hab zur Sicherheit noch mal die Schwiegertochter zu den Krankheiten der Familie befragt. Sie erzählte mir, dass ihr Schwiegervater vor drei Jahren einen Herzinfarkt erlitten habe. Es ginge ihm aber wieder sehr gut.«
»Er ist Zigarrenraucher.« Danzik machte eine angewiderte Miene. »Vielleicht hat er vor drei Jahren Digitoxin genommen und sich das aufgehoben«, äußerte Rathjen. »Nicht schlecht. Könnte so sein, lässt sich aber nicht beweisen.« Danzik richtete sich in einem plötzlichen Entschluss auf. »Wir werden Henri Holthusen observieren und das Telefon in der Villa überwachen lassen.«
»Du meinst, zwei Fliegen mit einer Klappe –« Rathjen schnippte Daumen und Zeigefinger zusammen. »Ja, natürlich. Die Schwiegertochter hatte ein sehr schlechtes Verhältnis zu der Ermordeten. Anja Holthusens Tagebuch habt ihr ja schon gelesen. Sie hat Tag für Tag eine häusliche Hölle durchlebt. Auch ein zwingendes Mordmotiv.«
Elke Clausen schenkte sich die zweite Tasse Wasser ein. »Ich habe mit der Schwiegertochter lange
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