Abendstern - Roman
gegeben?«
»Nein, erst jetzt. Es hat dich heftig erwischt, Hawkins. Du hast dich zum ersten Mal richtig verliebt, und deshalb willst du sie unbedingt vor allem bewahren und beschützen.«
»Sollte ich das nicht?« Eigentlich wollte er keinen Kaffee, aber da er sowieso nicht schlafen konnte, schenkte er sich eine Tasse ein.
»Ich wette, die Blonde kann ganz gut auf sich selbst aufpassen. Das heißt noch lange nicht, dass du dich
falsch verhältst, Cal. Ich würde es wahrscheinlich nicht anders machen, wenn ich an deiner Stelle wäre.«
»Ich wollte nie so viel für jemanden empfinden«, sagte Cal nach einem Moment. »Aber wir passen so gut zusammen, Gage.«
»Das sehe ich selbst. Ich weiß zwar nicht, was sie an dir findet, aber für sie scheint es richtig zu sein.«
»Es könnte sogar noch besser werden. Wenn wir genügend Zeit hätten, könnte etwas Festes und Solides daraus werden.«
Gage sammelte die Karten ein und mischte sie. »Du glaubst, dass wir dieses Mal draufgehen.«
»Ja.« Cal blickte aus dem Fenster auf das kalte blaue Licht des Mondes. »Ich glaube, dass wir draufgehen. Du nicht?«
»Es könnte sein.« Gage teilte die Karten aus. »Aber, zum Teufel, wer will denn schon ewig leben?«
»Das ist das Problem. Seit ich Quinn kenne, klingt ewig verdammt gut.« Cal blickte auf seine Karten. »Sag was.«
Grinsend legte Gage eine Neun auf. »Blödmann.«
20
Cal hoffte auf eine Woche, vielleicht auch zwei. Er bekam aber nur drei Tage. Die Natur durchkreuzte seine Pläne, und die Temperaturen stiegen auf einmal um die zehn Grad Celsius. In den Hügeln schmolz der Schnee,
und Bäche und Flüsse traten über die Ufer. Aber drei Tage, nachdem er seinen Weg freigeschaufelt hatte und die Frauen wieder in ihr Haus an der High Street zurückgekehrt waren, stabilisierte sich das Wetter. Bald schon gab es keinen Grund mehr, nicht zum Heidenstein zu gehen.
Cal saß an seinem Schreibtisch und bereitete sich auf das Gespräch über die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen vor, das er dringend mit seinem Vater führen musste. Der Februar war bislang ein guter Monat gewesen, die Einkünfte lagen sogar noch etwas über dem Vorjahr, deshalb wäre es bestimmt nicht so schwer, seinen Vater zu überzeugen.
Plötzlich hörte er das Klicken, das eine neue E-Mail ankündigte. Er öffnete die Post und sah die Adresse von Quinn.
Hi, Liebe meines Lebens,
ich wollte nicht anrufen, um dich nicht bei der
Arbeit zu stören. Gib mir ein Zeichen, wenn du
einen Moment Zeit für mich hast.
Der Wetterbericht sagt für heute Temperaturen
um zehn Grad und teilweise Sonne voraus.
Tiefsttemperaturen um sieben Grad, aber es soll stabil
bleiben. Die Vorhersage für morgen lautet auf
Höchsttemperaturen von elf Grad.
Mit meinen eigenen Augen sehe ich, dass im Garten
immer größere Flächen Gras zum Vorschein
kommen, und obwohl im Wald sicher noch mehr
Schnee liegt, würde ich sagen, dass wir uns langsam
auf den Weg machen sollten.
Meine Mannschaft jedenfalls ist morgen früh
bereit zum Abmarsch. Wir bringen auch Proviant
mit.
Cyb hat übrigens die Verbindung zu den Clarks
bestätigt. Sie glaubt, dass sie auch eine mögliche
Verbindung zu Ann Hawkins nachweisen kann.
Ich sage dir Bescheid, wenn wir uns sehen.
Sag mir so schnell wie möglich, ob es morgen klappt.
1001 Küsse, Quinn.
(Am liebsten wäre mir, du kämest vorbei und
würdest sie dir persönlich abholen.)
Der letzte Satz brachte ihn zum Lächeln, aber generell verursachte der Text ihm Kopfschmerzen.
Ein oder zwei Tage konnte er sie noch mit gutem Gewissen vertrösten, zumal Fox bestimmt nicht so schnell seine Termine absagen konnte. Das würde sie sicher verstehen. Aber wenn er Fox und seine Termine vorschieben wollte, dann musste er sich beeilen.
Also schickte er notgedrungen Fox eine E-Mail, in der er ihn fragte, wann er Zeit hätte, mit ihnen zur Lichtung zu gehen. Sein Ärger wuchs noch, als Fox umgehend antwortete.
Freitag ist gut. Morgens habe ich nichts, und ich
kann mir auch den ganzen Tag freihalten.
»Scheiße!« Cal rieb sich den Nacken. Da E-Mails ihm anscheinend kein Glück brachten, würde er bei Quinn persönlich vorbeigehen.
Als Cal aus seinem Büro trat, sprach Bill Turner ihn an.
»Äh, ich habe die Damentoilette unten repariert. Und am Kühlschrank habe ich einen Schlauch ausgetauscht.«
»Danke, Bill.« Cal schlüpfte in seine Jacke. »Ich habe einiges in der Stadt zu erledigen, aber in einer Stunde bin ich wieder
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