Abendstern - Roman
uns ein bisschen bewegen. Fünfzehn Minuten.«
Cal stand ebenfalls auf. »Ich muss sowieso mal nach dem Feuer sehen und noch etwas Holz hereinholen. Wir können ja ins Wohnzimmer gehen.«
Sie sahen aus wie ganz normale Leute, dachte Cal. Eine Gruppe von Freunden, die an einem Winterabend zusammensaßen. Gage war zu Kaffee übergegangen, Fox zu seinem geliebten Coke, und er hatte sich für Wasser entschieden.
Sie brauchten einen klaren Kopf, wenn sie Fragen beantworten wollten.
Sie hatten sich wieder nach Geschlecht aufgeteilt. War das automatisch passiert, fragte er sich. Die drei
Frauen saßen auf der Couch, Fox mit Lump auf dem Boden. Er hatte sich in einen Sessel gesetzt, und Gage stand am Kamin, als ob er sich jederzeit die Möglichkeit offenlassen wollte zu gehen, falls ihm das Thema nicht zusagte.
»So.« Cybil zog die Beine unter sich und ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen. »Ich möchte gerne wissen, was euch als Erstes nach der Nacht auf der Lichtung klarmachte, dass in der Stadt etwas nicht in Ordnung war.«
»Mr Guthrie und die Gabel.« Fox streckte sich, mit dem Kopf auf Lumps Bauch, aus. »Das war ein wichtiger Hinweis.«
»Klingt wie der Titel eines Kinderbuchs.« Quinn machte sich eine Notiz. »Erzählt mal.«
»Mach du das, Cal«, schlug Fox vor.
»Es muss an unserem Geburtstag gewesen sein - in der Nacht, oder eigentlich am Abend vorher. Ich habe meine Mutter überredet, mich ins Bowlingcenter gehen zu lassen, damit ich etwas zu tun hatte. Gage war ja auch da. Sie hatte keinen Grund, es mir zu verbieten, also ließ sie mich mit meinem Vater gehen. Gage?«
»Ich habe gearbeitet. Mr Hawkins ließ mich im Center etwas Geld verdienen, indem ich Papierkörbe leerte, aufwischte oder im Grill kellnerte. Ich weiß noch, dass es mir schlagartig viel besser ging, als Cal kam. Und schließlich kam auch noch Fox.«
»Ich hatte meine Eltern so lange gequält, bis mein Vater schließlich nachgab und mich hinfuhr.«
»Brian - Mr O’Dell - und mein Dad setzten sich an
die Theke und tranken einen Kaffee. Bill, Gages Vater, bezogen sie nicht ein.«
»Sie wollten mich nicht in Schwierigkeiten bringen«, warf Gage ein, »weil mein Vater gar nicht wusste, dass ich mich dort aufhielt.«
»Wo war dein Vater?«, fragte Cybil.
»Irgendwo im Center. Er war gerade nüchtern, und Mr Hawkins hatte ihm Arbeit gegeben.«
»Ich erinnere mich noch gut«, murmelte Cal. »Alles wirkte wie ein ganz normaler Sommerabend. Teenager, ein paar Studenten an den Pinballs und den Videospielen. Auf Bahn vier bekam ein Kind, zwei oder drei Jahre alt, einen Wutanfall. Die Mutter ging mit ihm raus, kurz bevor es passierte.«
Er trank einen Schluck Wasser. Alles stand ihm glasklar vor Augen. »Mr Guthrie stand an der Theke, trank ein Bier und aß einen Hotdog mit Pommes. Er kam einmal in der Woche. Ein netter Typ. Fliesenleger, hatte zwei Kinder auf der Highschool. Einmal in der Woche ging seine Frau mit ihren Freundinnen ins Kino, dann bestellte Mr Guthrie einen Hotdog mit Pommes und betrank sich. Mein Dad sagte immer, er trank im Center, um sich einreden zu können, es sei ja keine Bar.«
»Machte er Probleme?«, fragte Quinn.
»Nein, überhaupt nicht. Er war eher unauffällig. Jeden Dienstagabend kam er, aß einen Hotdog mit Pommes, trank vier oder fünf Bier und redete mit den anderen Gästen. Gegen elf bezahlte er, gab fünf Dollar Trinkgeld und ging nach Hause. Ansonsten trank er, soweit ich weiß, höchstens mal ein Bud oder so.«
»Bei uns hat er immer Eier gekauft«, erinnerte Fox sich. »Ein Dutzend braune Eier, fast jeden Samstagmorgen. Na ja.«
»Es war so gegen zehn, und Mr Guthrie trank noch ein Bier. Er ging damit an den Tischen entlang«, sagte Cal. »Wahrscheinlich wollte er zu den Bahnen, um den Leuten beim Bowlen zuzuschauen. Ein paar Leute saßen an einem Tisch und aßen Burger. Frank Dibbs war darunter, ein hervorragender Bowlingspieler, der auch die Jugendmannschaft trainierte. Wir saßen am Nebentisch und aßen Pizza. Dibbs sagte: ›Hey, Guth, meine Frau will neues Linoleum in der Küche. Kannst du mir’nen Kostenvoranschlag machen?‹
Guthrie lächelt nur schmallippig, ohne Zähne zu zeigen. Er nimmt eine der Gabeln, die auf dem Tisch liegen, rammt sie Dibbs in die Wange und geht weiter. Die Leute kreischen und kommen gelaufen, dem armen Mr Dibbs ragt die Gabel aus dem Gesicht, und das Blut läuft ihm über die Wange. Und Mr Guthrie schlendert zu Bahn zwei und trinkt sein Bier.«
Cal
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