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Abendstern - Roman

Abendstern - Roman

Titel: Abendstern - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Sie?«
    »Ich glaube, ich war zehn Jahre alt und hatte eine Scheißangst.«
    Sie schenkte ihm ein kurzes, sonniges Lächeln. »Ja, wahrscheinlich.« Dann wurde sie wieder ernst. »Neunzehnhundertvierundneunzig,
als in der Woche des siebten Juli erneut ein Ausbruch stattfand, waren Sie siebzehn. Drei Personen wurden ermordet, eine von ihnen im Stadtpark erhängt, aber niemand meldete sich als Zeuge oder als Mittäter. Es gab weitere Vergewaltigungen, Selbstmorde, zwei Häuser brannten bis auf die Grundmauern nieder. Es gab Berichte, dass Sie, O’Dell und Turner einige der Verwundeten und Verletzten im Schulbus ins Krankenhaus transportiert haben. Ist das korrekt?«
    »Ja, so weit schon.«
    »Ich möchte gern noch weiter gehen. Zweitausendeins …«
    »Ich kenne das Muster«, unterbrach Cal sie.
    »Alle sieben Jahre«, sagte Quinn und nickte. »Sieben Nächte lang. Tagsüber - das habe ich bei meinen Recherchen herausgefunden - passiert wenig. Aber von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang ist die Hölle los. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass so etwas alle sieben Jahre passiert, angefangen bei Ihrem Geburtstag. Diejenigen, die der schwarzen oder weißen Magie anhängen, betrachten die Sieben als magische Zahl. Sie sind am siebten Tag des siebten Monats neunzehnhundertsiebenundsiebzig zur Welt gekommen.«
    »Wenn ich könnte, würde ich dafür sorgen, dass es aufhört. Wenn ich das könnte, würde ich nicht mit Ihnen sprechen. Ich rede mit Ihnen, weil Sie vielleicht Erklärungen finden oder wenigstens dabei helfen können.«
    »Dann sagen Sie mir, was passiert ist, sagen Sie mir, was Sie tatsächlich wissen, glauben oder spüren.«

    Cal stellte seine Kaffeetasse ab und blickte sie an. »Nicht beim ersten Treffen.«
    Cleverer Bursche, dachte sie anerkennend. »Gut. Nächstes Mal lade ich Sie zuerst zum Abendessen ein. Aber was hielten Sie denn davon, wenn Sie jetzt den Fremdenführer spielten und mich zum Heidenstein brächten?«
    »Dafür ist es schon zu spät. Es ist ein zweistündiger Marsch von hier. Wir würden es nicht vor der Dunkelheit hin und zurück schaffen.«
    »Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit.«
    Seine Augen wurden sehr kühl. »Die würden Sie noch bekommen. In diesem Wald gibt es Orte, die niemand nach Einbruch der Dunkelheit aufsucht, zu keiner Jahreszeit.«
    Ein Schauer lief ihr über den Rücken. »Haben Sie jemals einen Jungen gesehen, ungefähr in dem Alter, in dem Sie siebenundachtzig waren? Einen Jungen mit dunklen Haaren. Und roten Augen.« Sie bemerkte, dass Cal blass wurde. Anscheinend hatte sie einen Nerv getroffen. »Sie haben ihn gesehen.«
    »Warum fragen Sie danach?«
    »Weil ich ihn gesehen habe.«
    Cal sprang auf, trat ans Fenster und starrte hinaus. Das Licht war bereits schwächer als noch vor einer Stunde.
    Sie hatten nie jemandem von dem Jungen - oder dem Mann, je nachdem, welche Gestalt der Dämon annahm - erzählt. Ja, er hatte ihn gesehen, und nicht nur während der einen höllischen Woche alle sieben Jahre.

    Er hatte ihn in seinen Träumen gesehen. Er hatte ihn aus den Augenwinkeln oder zwischen den Bäumen gesehen. Oder an seinem Schlafzimmerfenster in der Dunkelheit - das grinsende Gesicht an die Scheibe gepresst.
    Aber niemand, niemand außer ihm, Fox oder Gage hatte ihn je zwischendurch gesehen.
    Warum dann sie?
    »Wann und wo haben Sie ihn gesehen?«
    »Heute, kurz bevor ich von der Pagan Road abgebogen bin. Er ist mir fast vors Auto gelaufen. Er kam praktisch aus dem Nichts. Ich weiß, dass die Leute das immer sagen, aber es stimmt wirklich. Ein Junge, aber dann war es auf einmal kein Junge mehr, sondern ein Hund. Und dann gar nichts mehr. Er war plötzlich einfach weg.«
    Er hörte sie aufstehen, und als er sich umdrehte, kam sie mit strahlendem Lächeln auf ihn zu. »Und so etwas macht Sie glücklich?«
    »Nein, eher aufgeregt. Da hatte ich doch wahrhaftig eine Begegnung mit einem unerklärlichen Phänomen. Es hat mir natürlich Angst eingejagt, aber solche Dinge machen mich auch ganz aufgeregt.«
    »Ja, das sehe ich.«
    »Ich wusste ja, dass hier etwas Großes vor sich geht, aber es gleich am ersten Tag bestätigt zu bekommen, das ist doch der ganz große Wurf.«
    »Bis jetzt habe ich nichts bestätigt.«
    »Das hat Ihr Gesicht schon erledigt.« Sie ergriff den Recorder und schaltete ihn ab. Heute würde er ihr nichts mehr erzählen. Caleb Hawkins war anscheinend
ein vorsichtiger Mann. »Ich muss in die Stadt, im Hotel einchecken und mich ein wenig im Ort umschauen.

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