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Abendstern - Roman

Abendstern - Roman

Titel: Abendstern - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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nicht ganz bei Verstand, aber es waren vor allem die Traurigkeit und die Verzweiflung, die sie zu diesem Schritt getrieben haben. Das habe ich im Traum so empfunden, und ich spüre es auch jetzt hier. Ihre schreckliche, schwere Traurigkeit. Sie ist noch größer als die Angst vor dem Dämon, der sie vergewaltigt hat.«
    Sie erschauerte und erhob sich. »Können wir weitergehen? Es ist zu viel. Es ist zu viel.«
    Es würde noch schlimmer, dachte er. Wenn sie es jetzt schon so empfand, dann würde es noch schlimmer. Er ergriff ihre Hand, um sie wieder auf den Weg zurückzuführen. Da er zumindest im Moment so breit war, dass man nebeneinander gehen konnte, hielt er ihre Hand.

    Beinahe sah es so aus, als machten sie nur einen Winterspaziergang.
    »Erzählen Sie mir etwas Überraschendes von sich. Etwas, das ich nie erraten würde.«
    Er blickte sie fragend an. »Warum sollte ich das tun?«
    »Es muss ja kein dunkles Geheimnis sein.« Sie stieß ihn mit der Hüfte an. »Nur etwas Unerwartetes.«
    »Ich war gut in Leichtathletik.«
    Quinn schüttelte den Kopf. »Beeindruckend, aber nicht überraschend. Das hätte ich mir denken können. Sie haben unheimlich lange Beine.«
    »Hmm.« Er überlegte. »Ich habe einen Kürbis gezüchtet, der den Bezirksrekord an Gewicht gebrochen hat.«
    »Der dickste Kürbis in der Geschichte des gesamten Bezirks?«
    »Ich habe den Landesrekord nur um wenige Gramm verfehlt. Ich stand sogar in der Zeitung.«
    »Na, das ist wirklich eine Überraschung. Ich hatte zwar auf etwas Pikanteres gehofft, aber ich muss zugeben, darauf wäre ich nie gekommen.«
    »Was ist mit Ihnen?«
    »Leider habe ich nie einen Kürbis gezüchtet.«
    »Erzählen Sie etwas Überraschendes von sich.«
    »Ich kann auf den Händen laufen. Ich würde es Ihnen ja demonstrieren, aber der Boden hier ist zu matschig.
    Das hätten Sie bestimmt auch nicht vermutet, oder?«
    »Nein, aber ich bestehe trotzdem darauf, dass Sie es mir später noch vorführen. Das mit dem Kürbis kann ich schließlich dokumentieren.«

    »Ja, in Ordnung.«
    Quinn sorgte dafür, dass sie sich unbeschwert unterhielten. Sie brachte ihn sogar zum Lachen. Er hatte auf diesem Weg seit dem verhängnisvollen Ausflug mit seinen Freunden nicht mehr gelacht. Aber jetzt kam es ihm ganz normal vor.
    Plötzlich jedoch hörte er ein Grollen.
    Sie hatte es auch gehört. Sie brach abrupt ab und umklammerte seinen Arm. »Cal …«
    »Ja, ich höre es. Wir sind fast da. Manchmal macht der Dämon Geräusche, manchmal erscheint er auch.« Aber um diese Jahreszeit eigentlich nie, dachte er. »Bleiben Sie dicht bei mir.«
    »Glauben Sie mir, ich …« Sie brach ab, als er sein großes Jagdmesser zog. »Okay. Okay. Das finde ich zum Beispiel auch unerwartet. Sie sind ja bewaffnet wie Crocodile Dundee.«
    »Ich gehe nicht unbewaffnet hier in den Wald.«
    Sie befeuchtete ihre Lippen. »Sie können wahrscheinlich auch damit umgehen, wenn es sein muss?«
    Er warf ihr einen Blick zu. »Wahrscheinlich. Möchten Sie weitergehen, oder sollen wir umkehren?«
    »Ich kneife doch nicht den Schwanz ein.«
    Er hörte es im Gebüsch rascheln und hörte leise Schritte. Er verfolgte sie, dachte er. Das Messer war wahrscheinlich ebenso nutzlos wie böse Worte, wenn es hart auf hart kam, aber er fühlte sich einfach besser damit.
    »Lump hört ihn nicht«, murmelte Quinn. »Wenn er ihn hören oder riechen würde, dann würde er doch irgendeine Regung zeigen. So träge kann ja nicht
einmal er sein.« Sie holte tief Luft. »Es ist alles nur Show.«
    »Auf jeden Fall ist es für ihn nicht real.«
    Als der Dämon heulte, ergriff Cal Quinn fest am Arm und zog sie auf die Lichtung, auf der der Heidenstein aus dem schlammigen Boden ragte.
    »Ich glaube, ich habe so etwas Ähnliches erwartet wie Stonehenge.« Quinn ging um den Stein herum. »Obwohl auch das hier erstaunlich ist, wenn man genauer hinsieht. Wie glatt und flach die Oberfläche ist.« Sie fuhr mit der Hand über den Stein. »Er ist warm«, fügte sie hinzu. »Wärmer, als man im Februar annehmen sollte.«
    Er legte seine Hand neben ihre. »Manchmal ist er kalt.« Er schob das Messer wieder in die Scheide. »Wenn er warm ist, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. So weit.« Er schob den Ärmel seiner Jacke zurück und betrachtete die Narbe am Handgelenk. »So weit«, wiederholte er.
    Ohne nachzudenken legte er seine Hand über ihre. »So lange, bis …«
    »Er heizt sich auf. Spürst du das? Spürst du das?«
    Sie legte auch ihre

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