Abendstern - Roman
sie war großartig darin. Und letztendlich hatte sie die Macht im Haus. Sein Vater verdiente das Geld, aber seine Mutter verwaltete die Finanzen. Sein Vater leitete sein Unternehmen, seine Mutter leitete ihr Zuhause.
Genauso gefiel es den beiden.
Deshalb brauchte Cal ihr erst gar nicht zu sagen, sie sollte sich nicht so viel Mühe mit dem Essen am Sonntagabend geben - es war ihm ja auch nicht gelungen, ihr auszureden, die Einladung auf Quinn, Layla und Fox auszudehnen. Sie liebte es einfach, raffinierte Mahlzeiten für viele Leute zusammenzustellen, selbst wenn sie sie nicht kannte.
Da Fox sich freiwillig angeboten hatte, die Frauen abzuholen, fuhr Cal früher als die anderen direkt zum Haus seiner Eltern. Es schien ihm klug zu sein, sie ein wenig vorzubereiten - vor allem auf eine Frau, die ein Buch über Hawkins Hollow schreiben wollte, da es sich dabei doch hauptsächlich um seine Familie handeln würde.
Frannie stand am Herd und schaute nach ihrer Schweinelende. Zufrieden trat sie an die Arbeitsplatte, um sich weiter ihren berühmten hausgemachten Ravioli zu widmen.
»Also, Mom«, setzte Cal an und öffnete den Kühlschrank.
»Es gibt Wein zum Abendessen, also mach dir jetzt kein Bier auf.«
Schuldbewusst schloss er die Kühlschranktür wieder. »Okay. Ich wollte dich bloß noch mal daran erinnern, dass Quinn ein Buch schreibt.«
»Habe ich schon einmal etwas vergessen?«
»Nein.« Die Frau vergaß tatsächlich nichts, was einem ein bisschen Angst machen konnte. »Ich meine ja nur, wir sollten uns alle der Tatsache bewusst sein, dass alles, was wir sagen, im Buch erscheinen könnte.«
»Hmm.« Frannie legte Pepperoni über den Provolone. »Erwartest du etwa, dass dein Vater oder ich irgendetwas Peinliches von uns geben? Beim ersten Gang schon? Oder sollten wir lieber bis zum Dessert warten? Da gibt es übrigens Apfelkuchen.«
»Nein, ich - du hast Apfelkuchen gebacken?«
Sie warf ihm einen Blick zu und lächelte wissend. »Den magst du am liebsten, nicht wahr, mein Baby?«
»Ja, aber vielleicht kannst du es nicht mehr so gut. Ich sollte unbedingt ein Stück probieren, bevor die anderen kommen. Dann bleibt dir die Peinlichkeit erspart, falls er nicht so gut gelungen ist.«
»Das hat schon nicht mehr funktioniert, als du zwölf warst, aber versuch es ruhig weiter. Warum machst du dir denn so viele Gedanken um dieses Mädchen, das zum Essen kommt? Ich habe gehört, ihr wart schon ein paar Mal miteinander aus?«
»Nein, deswegen ist es nicht. Es geht nur darum, warum sie überhaupt hier ist. Wir können es nicht vergessen, das wollte ich nur sagen.«
»Ich vergesse es auch nicht. Wie könnte ich? Wir müssen unser Leben leben, Kartoffeln schälen, die Post erledigen, niesen, neue Schuhe kaufen, trotz allem, wegen allem.« Ihre Stimme klang ein wenig heftig, und er hörte den Kummer darin. »Zu diesem Leben
gehört auch, dass man am Sonntag in netter Gesellschaft isst.«
»Ich wünschte, es wäre anders.«
»Ich weiß, aber das ist es nicht.« Sie blickte ihn an. »Und Cal, mein hübscher Junge, du kannst nicht mehr tun, als du schon tust. Manchmal denke ich, du könntest weniger tun. Aber … Sag mir, magst du diese Quinn Black?«
»Ja.« Er würde Quinn jetzt gerne küssen, dachte er. Aber das stellte er sich jetzt lieber nicht vor, weil seine Mutter die unheimliche Gabe besaß, die Gedanken ihrer Kinder lesen zu können.
»Wir werden bestimmt einen gemütlichen Abend verleben und dazu noch ausgezeichnet essen. Und, Cal, wenn du nicht wolltest, dass sie hierherkommt und mit Dad oder mir spricht, dann würdest du sie gar nicht erst hereinlassen.«
Er blickte sie an. Manchmal überraschte es ihn, dass diese hübsche Frau mit den kurzen, blond gesträhnten Haaren, der schlanken Figur und den kreativen Einfällen ihn geboren und zu einem Mann erzogen hatte. Er sah sie an und dachte, wie zart sie doch war, aber dann fiel ihm ein, wie unglaublich stark sie sein konnte.
»Ich lasse auf jeden Fall nicht zu, dass du verletzt wirst.«
»Das kann ich dir nur doppelt zurückgeben. Und jetzt verschwinde aus meiner Küche. Ich muss die Vorspeise fertig machen.«
Wenn er ihr angeboten hätte, ihr zu helfen, hätte sie ihn sicher nur mitleidig angeschaut. Nicht, dass sie etwas dagegen hatte, wenn man in der Küche half. Sein
Vater durfte nicht nur grillen, er wurde geradezu dazu ermutigt. Und als Küchenhilfe hatten sie sich alle schon einmal betätigt.
Aber wenn es ein großes Essen vorzubereiten galt,
Weitere Kostenlose Bücher