Abendstern - Roman
wenn er es nicht gewusst
hätte, so hätte Amy Yost im Blumenladen es ihm mitgeteilt, wie sie es jedes Jahr tat.
»Dein Dad hat letzte Woche ein Dutzend rote Rosen bestellt, die ich heute ausliefern muss, Geranien im Topf für seine Grandma, und dann hat er noch das Valentine’s Day Sweetheart Special an deine Schwestern geschickt.«
»Der Schleimer«, sagte Cal, weil er wusste, dass Amy keuchen und kichern würde. »Dann bestelle ich auch ein Dutzend gelbe Rosen für meine Gran. Aber in einer Vase, Amy, damit sie sich damit nicht herumschlagen muss.«
»Oh, das ist süß von dir. Ich habe Essies Adresse in der Kartei, du brauchst nur die Karte auszufüllen.«
Er nahm sich eine Karte und überlegte einen Moment, bevor er schrieb: Herzen sind nicht rot und diese Rosen nicht gelb. Alles Liebe zum Valentinstag von deinem Lieblingsenkel.
Das würde Gran sicher gefallen.
Er griff nach seiner Brieftasche, um zu bezahlen, als ihm rotweiß gestreifte Tulpen hinter der Glasscheibe des Kühlschranks auffielen. »Ah, diese Tulpen da sind … interessant.«
»Sind sie nicht hübsch? Sie vermitteln ein Gefühl wie im Frühjahr. Soll ich sie gegen die Rosen austauschen? Ich kann einfach …«
»Nein, nein, vielleicht … Ich nehme auch davon ein Dutzend. Zustellung auch in der Vase, bitte, Amy.«
»Ja, gern.« Sie warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Wen bedenkst du denn zum Valentinstag, Cal?«
»Es geht mehr um eine Hauseinweihung.« Warum
sollte er Quinn keine Blumen schicken, dachte er, während er die Karte ausfüllte. Frauen liebten Blumen. Es war Valentinstag, und sie zog in das Haus an der High Street. Schließlich kaufte er ihr ja keinen Verlobungsring!
Es war einfach nur eine nette Geste.
»Quinn Black.« Amy zog vielsagend die Augenbrauen hoch, als sie den Namen las. »Meg Stanley ist ihr gestern auf dem Flohmarkt begegnet. Sie hatte so eine Freundin aus New York dabei, und Meg hat gemeint, sie hätten eine ganze Menge Zeug gekauft. Ich habe gehört, du bist viel mit ihr zusammen.«
»Wir sind nicht …« Oder doch? Ach was, er vertiefte das Thema jetzt besser nicht. Er zückte seine Kreditkarte. »So, Amy, was macht das?«
Als er nach draußen kam, zog er fröstelnd die Schultern hoch. Es mochte zwar schon gestreifte Tulpen geben, aber er hatte nicht das Gefühl, als ob Mutter Natur auch nur im Entferntesten an den Frühling dachte. Der Himmel war grau, und Straßen und Bürgersteige waren von Graupel bedeckt.
Er war extra so früh wie möglich vom Bowlingcenter zur Floristin gegangen, um den panischen Ansturm derjenigen zu vermeiden, die ihre Valentinsblumen auf den letzten Drücker bestellten.
Aber er hätte sich gar nicht so beeilen müssen. Es waren kaum Fußgänger unterwegs, und auch Autos sah er keine.
»Seltsam.« Seine Stimme klang hohl. Normalerweise liefen immer Leute durch die Stadt, auch wenn das Wetter so schlecht war wie heute. Er schob die Hände
in die Taschen und fluchte, weil er nicht mit dem Auto gefahren war.
»Gewohnheitstiere müssen sich eben den Arsch abfrieren«, murmelte er. Er wünschte, er säße schon wieder gemütlich in seinem Büro und würde eine Tasse Kaffee trinken.
Als er aufblickte, sah er, dass die Ampel am Stadtplatz nicht funktionierte.
Kein Strom, dachte Cal. Das war ein Problem. Er beschleunigte seine Schritte. Bill Turner würde zwar bestimmt darauf achten, dass der Generator für den Notstrom auch ansprang, aber er musste da sein. Die Schule war aus, und das bedeutete, dass Kinder sich im Center aufhielten.
Der Schneeregen wurde immer stärker, und Cal begann unwillkürlich zu laufen.
Warum sah er eigentlich überhaupt keine Autos? Wo waren sie alle? Er blieb stehen, und im gleichen Moment ließ auch der Graupel nach. In der Stille, die darauf folgte, hörte er sein eigenes Herz schlagen.
Sie stand dicht vor ihm, aber er wusste, wenn er die Hand ausstrecken und sie berühren würde, dann würde seine Hand durch sie hindurchgleiten wie durch Wasser.
Ihre Haare waren blond, und sie trug sie offen, wie an dem Tag, als sie an der Hütte im Wald die Eimer getragen hatte. Aber jetzt war ihr Körper schlank und fest in einem langen grauen Kleid.
Ihm schoss der alberne Gedanke durch den Kopf, dass der Geist, den er heute sah, wenigstens nicht schwanger war.
Als ob sie seine Gedanken lesen könnte, lächelte sie. »Ich bin nicht deine Angst, aber du bist meine Hoffnung. Du und die anderen beiden, die aus euch ein Ganzes machen. Was dich ausmacht, Caleb
Weitere Kostenlose Bücher