Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
Vom Netzwerk:
dies Berges, auf den Wiesen, befahl Böhm Halt. Die weit auseinandergezogene Abteilung sammelte sich. Die Kreuzung lag etwa einen Kilometer vor ihnen. »Der erste Zug«, schrie Böhm, »gräbt sich hier links und rechts der Straße ein, Front nach Süden gegen die Berge. Zweiter und dritter Zug Gewehre umhängen! Ohne Tritt … marsch!« Etwa hundert Meter vor der Straßenkreuzung ließ er abermals halten. »Der dritte Zug marschiert über die Kreuzung und über die Brücke, bis etwa einen Kilometer hinter das Dorf, und gräbt sich dort ein, Front nach Norden gegen den Berghang. Dritter Zug abrücken!« Er zog die Karte hervor und beriet sich mit Rischka.
    Holt sah sich um. Die Wiesen waren sumpfig. Kein Spaß, sich da einzugraben, dachte er. Fünfzig Meter vor ihm, rechts an der Straße, lag ein Haus, ein Wirtshaus offenbar. Links sah Holt drei einzelne Gehöfte, dann die Talstraße, dahinter den Bach, den eine niedrige Holzbrücke überspannte. Die Gebäude jenseits des Baches, Haus und Schuppen, gehörten zu einer Sägemühle, wie Holt an den Bretterstapeln auf dem Hof erkannte. Im Osten der Ortschaft war der Bach gestaut. Dort zweigte ein Arm des Gewässers ab, lief unter der Straße hindurch und dann durch das Gelände der Sägemühle, ehe er wieder in den Bach zurückmündete. Rechts an der Talstraße, etwa zweihundert Meter östlich der Kreuzung,sah Holt ein weiteres einzelnes Gehöft liegen, niedergebrannt, in Trümmern.
    Die beiden Unterfeldmeister berieten noch immer. Wolzow hatte sich einfach dazugestellt. Der Kommandotrupp war ihm gefolgt und stand um die beiden Führer herum. »Also gut«, sagte Böhm, »der zweite Zug nimmt im Dorf Quartier.« Wolzow legte die Hände an die Hosennaht und fragte: »Warum graben sich der erste und der dritte Zug einen Kilometer außerhalb des Dorfes ein? Man soll seine Kräfte nicht unnütz teilen!« – »Hörn Sie auf, Sie dreifacher Idiot!« brüllte Böhm außer sich. »Wer hat Ihnen erlaubt, hier dämlich herumzuschwafeln?« Wolzow setzte umständlich den Helm auf. Böhm schrie: »Der zweite Zug wie befohlen ins Dorf, als Reserve! Die Züge bleiben liegen, wo sie sind, auf freiem Felde sind wir denen über, ich laß mich doch nicht wieder auf einen Häuserkampf ein! An die Talstraße stelle ich Doppelposten, und Sie Idiot, Sie mit Ihrem Kommandotrupp, Sie werden Wache schieben, bis Ihnen das Gekröse zum Arsch heraushängt!« Die letzte Beschimpfung kam schon schwächer, seine Wut war verflogen. »Gewehre zusammensetzen! Es darf geraucht werden!« Er warf sich ins Gras und knöpfte die Feldflasche los. Wolzow! Der Kommandotrupp sucht Quartiere aus!«
    Sie stiefelten den staubigen Weg entlang. »Schau mal, dort!« sagte Wolzow und wies mit der Hand nach rechts. Vor der Giebelwand des Wirtshauses neben der Straße lag ein grauer Haufen erstarrter Leichen. »Hat die SS Gefangene umgelegt!« Er rief über die Schulter: »Vetter, schaut euch links die drei Gehöfte an!«
    Wolzow, Holt und Gomulka standen auf der Wegkreuzung. Sie gingen über die Brücke zur Sägemühle. Holt folgte Wolzow ins Wohnhaus. Gomulka öffnete die Tür zur Werkstatt. In den Räumen des Wohnhauses waren die Wände von Einschlägen zerhackt. Wolzow stapfte die Treppe hoch ins Obergeschoß. Holt sah unter dem eingeschlagenen Fenster einen Leichnam liegen, mit zertrümmertem Gesicht. Er lief ins Freie.
    Aus der anderen Tür, die im rechten Winkel zur Wohnhaustür und nur wenige Schritte entfernt in die Werkstatt führte, trat in diesem Augenblick Gomulka, nein, er trat nicht, er
taumelte
. Erhielt sich an der Klinke fest, so daß er die Tür unwillkürlich hinter sich zuzog, dann fiel er gegen die Mauer. Sein Gesicht war grünlichgelb. Er krümmte sich zusammen, er schlug beide Hände vors Gesicht.
    »Sepp!« rief Holt erschrocken.
    Gomulka ließ die Hände sinken. Er stöhnte. Er sah Holt an. Aus seinen Augen sprach unbeschreibliches Entsetzen. »Geh nicht rein!« schrie er. »Mein Gott, geh nicht rein!« Abermals bedeckte er das Gesicht mit den Händen.
    Holt war ratlos. Das Gefühl einer unheimlichen Bedrohung schnürte ihm die Kehle zu. Gomulka sagte dumpf: »Doch … geh rein … Los, geh!«
    Holt nahm den Karabiner von der Schulter, aber er hängte ihn wieder um, zog die Parabellum und entsicherte sie. Er riß die Tür auf und schaute in einen schmalen Korridor. Er trat ein. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß. Er spähte vorsichtig in das kleine Büro. Nichts. Schließlich ging er in die

Weitere Kostenlose Bücher