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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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rief: »Hier fällt solcher Kalk von der Decke!« – »Laß ihn fallen«, rief Wolzow zurück, »paß lieber auf den Eingang auf!« Er dachte wieder nach. »Sag mal, hast du etwa den Hausmeister auskneifen lassen?« – »Nein.« – »Komisch. Wie sind denn die getürmt?« – »Durchs Fenster.« – »Aber die Fenster sind doch vergittert!« – »Die Stäbe waren rausgebrochen«, rief Holt, »Herrgott, was wird denn aus uns? Sollen wir hier verbrennen?« – »Sei mal still!« sagte Wolzow. »Wo führt das Fenster hin? Auf den Hof?« – »Nein, in den Garten unter der Giebelwand.« – »Gib den Schlüssel her«, sagte Wolzow, »ich schau mir das an!« Er lief die Kellertreppe hinab. Über Holt fauchte und prasselte das Feuer, Fensterscheiben zerklirrten und fielen auf den Hof.
    »Mensch!« rief Vetter entrüstet. »Dort drüben, am Schulplatz, dort laufen sie rum! Die denken wohl, wir sind nicht mehr da?« Er schoß, der Schuß dröhnte, als Antwort jagte das Maschinengewehr einen Feuerstoß durch die Tür, daß die Treppe splitterte. Holt sah auch hinter dem Brunnen und beim Gartenhäuschen ein paar Gestalten, auf die der Feuerschein fiel, aber er schoß nicht.
    Wolzow tauchte in der Kellertür auf. »Wenn wir ein bißchen Glück haben, kommen wir in den Garten. Mal sehn, wie’s weitergeht.« Es geht also doch weiter, dachte Holt, es ist noch nicht alles zu Ende … »Und Sepp?« – »Wundschock. Wir nehmen ihn mit. Paß auf! Christian muß mit Sepp weg. Wir bleiben noch.« Er überlegte schon wieder, mit schräggelegtem Kopf. Holt rief ungeduldig: »Also los doch!« – »Na, einen Moment! Hab dich doch nicht so! Was ist denn heut mit dir los? Ich überleg bloß. Ob die uns hier noch raushaun? Kampfauftrag hatten wir keinen. Ich denke, man kann den Ausbruch verantworten.«
    »Gilbert!« brüllte Holt. »Hör auf! Sonst hau ich allein ab!« – »Das wirst du nicht tun«, sagte Wolzow, und er war böse. »Auf gar keinen Fall! Organisierter Rückzug: ja. Aber nicht türmen!«
    Holt dachte entgeistert: Vier Mann … und organisierter Rückzug!
    Vetter und Gomulka krochen durch die Halle. Dann standen sie bei Holt. Gomulka stützte sich auf Vetter und auf seinen Karabiner. Er war erschöpft, sein Gesicht sah blaßgrau und eingefallen aus dem Mullverband hervor, die Lippen schimmerten bläulich, kalter Schweiß bedeckte seine Stirn. »Hast du Schmerzen?« fragte Holt. »Fast gar nicht«, antwortete Gomulka schwach. Er verschwand mit Vetter im Keller.
    Auf der Straße schoß wieder das MG. Wolzow schoß zurück, er brüllte: »Schieß, Werner!« Jemand rannte aus dem Lichtschein in die Dunkelheit des Gartens. Holt schoß den Karabiner leer, über ihm tobte das Feuer, nun krachten Ziegel und Balken auf den Hof … Wolzow war neben ihm und steckte das Seitengewehr auf den Karabiner. »Laden, dann weg!« Sie flüchteten in den Keller. Holt stieg auf die Kiste und kroch durch das Fenster. Wolzow reichte ihm die Gewehre nach. Dann tauchten sie ins Gebüsch des Gartens. Gerettet! Holt blickte zurück. Das Feuer raste, die Flammen schlugen aus den Fenstern und hoch über dem Dach zusammen.
     
    Unbehelligt erreichten sie den Bahndamm und folgten ihm zum Bahnhof. Hinter ihnen, in der Stadt, verstummte das Schießen. Sie mußten Gomulka stützen und kamen nur langsam voran. Gegen zwei Uhr morgens erreichten sie den Bahnhof, wo noch immer Schüsse knallten. Sie warteten, weit abseits im Wald versteckt, bis es hell wurde und auch hier das Feuer verstummte. Die Reste der Bahnhofswache hatten sich in einem Stellwerk verschanzt.
    Ringsum war alles ruhig, als sei in der Nacht nichts geschehen. Sie meldeten sich bei Unterfeldmeister Rischka, der bleich und demoralisiert zwischen seinen Leuten hockte.
    Gomulka kam bald wieder zu Kräften. Er ließ sich von Holt ein neues Verbandpäckchen um den Kopf wickeln. Der Schuß war vorn schräg über die Wange gefahren und hatte bis zum Ohrläppchen eine fingerlange Fleischwunde gerissen, die stark geblutet hatte.
    Wolzow und Vetter zogen unterdessen mit ein paar Mann in die Stadt und fanden sie verlassen und menschenleer. Gegen zehnUhr traf zögernd, in einzelnen Trupps, der dritte Zug beim Bahnhof ein, führerlos und stark gelichtet. Er war am Abend auf dem Rückmarsch weit außerhalb der Stadt angegriffen und auseinandergetrieben worden. Der Zugführer war gefallen. Die Trupps hatten sich in den Wäldern versteckt. Wenig später erschien Böhm mit einer fünf Mann starken Bedeckung am

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