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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Stand-ein-Pan-zer-schüüüü-tze-auf-der-Wacht!« Alles Bisherige war Spiel gewesen, Vorspiel, bloßer Auftakt der militärischen Ausbildung. Nur selten noch dachte er nach. Die Ausbildung war anstrengend, das Leben unmenschlich hart. Aber der Panzerschütze Holt wünschte sich nicht mehr fort aus diese riesigen Kaserne, obwohl er sie wie ein Zuchthaus verfluchte, aus der Nähe der Vorgesetzten, obwohl er sie verabscheute. Er schickte sich in alles, in Drill und Dienst und Schikane. Denn er hatte gelernt: Es wird immer noch schlimmer, als es war. Diesmal stand die Front bevor, das Inferno der Durchbruchsschlachten im Osten. Die 11. Panzerdivision, für die man hier Ersatz ausbildete, gehörte zum Ostheer. Und im Osten erbebte in diesen Wochen das Reich. Also: wünsch dir nicht, daß es ans Rucksackpacken gehe!
    Holt wurde als Panzerfunker ausgebildet. Sie durchjagten ein umfassendes Ausbildungsprogramm. Funkgeräte, Ultrakurzwellen- und Mittelwellensender, -empfänger. Funktion, Bedienung des Gerätes, Abstimmen, Frequenzwechsel, Sprech- und Tastfunk, Pflege und Wartung, Störungen. Täglich zwei Stunden Morsen. Man zog des Nachmittags mit einem zweirädrigen Karren los, worauf die Funkgeräte montiert waren, zog auf die umliegenden Dörfer und suchte sich dort einen windgeschützten Fleck, hinter einer Feldscheune oder auf dem Hof eines Bauern. Dann ging es los. Funksprechverkehr. Kaum hatte man ein warmes Plätzchen gefunden, schon trieb der Befehl die Bedienung des Karrens wieder hinaus, die Chaussee entlang, über die der Novembersturm pfiff.
    An den Abenden paukte man Q-Gruppen, wie einst in der Schule Vokabeln. QZL hieß »Spruch hat keinen Sinn«, Merkhilfe: »Quatsch zum Lachen«. Man sagte nicht mehr: »Wie spät?« Man fragte: »QTR«, »erbitte Uhrzeit!« Man lernte den Gebrauch der Funk- und Schlüsseltafel und des Rasterschlüssels.
    Ausbildung am Panzer, an veralteten, nicht mehr einsatzfähigen Wagen, die aus Benzinmangel nie die Fahrzeughalle verließen, an dem dreiundzwanzig Tonnen schweren Panzer III. Aus- und Einsteigen, Ausbooten nach Treffern, Ein- und Ausbau der Funkgeräte, Funker-MG und Turmwaffen, Richt- und Ladeübungen an der Kanone. Einen fahrenden Panzer, von den klapprigen, turmlosen Gestellen der Fahrschule abgesehen, auf denen hinten klobige Holzgasgeneratoren montiert waren, sah Holt in all den Wochen nur ein einziges Mal. Das war, als sie »Panzerüberrollen« übten, in einem kleinen Erdloch, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, den Karabiner zwischen den Knien. Die breite Kette des Panzers rollte über das Loch, deckte es zu, drückte Sand und Erde hinein, gab es wieder frei. Holt tauchte aus dem Erdreich, Sand in den Augen, und er mußte nun nach Befehl hinten auf den abfahrenden Panzer springen … Dann Waffendienst. Karabiner, Gewehrgranatgerät, die Maschinengewehre 34 und 42, die Pistolen 08 und 38, Maschinenpistole, Sturmgewehr 44, Stiel- und Eierhandgranate, geballte und gestreckte Ladungen, Kriegsmittel zurPanzerbekämpfung, Nebelkerze, Tellermine, Hafthohlladung, Panzerschreck und Panzerfaust. Am strapaziösesten war die Infanterieausbildung. Nachtorientierungsmärsche, tagelange Quälereien im Zielgarten, gefechtsmäßiges Scharfschießen, Dreieckszielen, Panzernahbekämpfung, Kriegspiel Gruppe gegen Gruppe, wobei man die Platzpatronenvorräte des Stabsgefreiten Kindchen verknallen durfte, auf freiem Feld oder zu nachtschlafener Zeit in der Stadt, wo die Einwohner ängstlich durch die verdunkelten Fenster lugten. Nahkampfausbildung, Bajonettfechten, Infanteriespaten als Waffe, Haltung des Gewehrkolbens beim Schlag, die Handgranate als Schlagwaffe, MG-Schießen aus dem Lauf, die eine Hand am Zweibein, die andere am Abzug. Man schrie dabei aus Leibeskräften »Hurra!«. Gasausbildung, Gasplane, Entgiften, Filterwechsel, Erste Hilfe. Und außerdem Unterricht über zwei Dutzend Themen, Spionageabwehr, Geschlechtskrankheiten, Panzererkennungsdienst, Taktik des Panzerkampfes am Sandkasten.
    Vierzehn Stunden täglichen Dienstes! Eins, in diesem Winter des Jahres 1944, gab es nicht mehr: Exerzieren, Kasernenhofdrill. Die Ausbildungszeiten waren immer wieder verkürzt worden, und der Drill war in potenzierter Form in der Infanterieausbildung enthalten. Zwei Stunden im Zielgarten waren sechs Stunden Ordnungsdienst auf dem Kasernenhof wert. Aber es gab keine Gewehrgriffe mehr, keine Ordnungsübungen, nur ein paar Wendungen, ein wenig Marschieren und Grüßen.
    Sobald das

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