Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
Niveaudifferenzen der Zielpunkte zu machen, so, daß man alle diese Messungen auf das Niveau des Meeres zurückführen könne. Sir John Murray wollte sich von seinen wissenschaftlichen Anstrengungen erholen, und durch Büchsenschüsse die Fauna dieser Gegend studiren.
Die Eingeborenen SüdAfrikas nennen »Kraal« eine Art wandernden Dorfes, das von einem Weideplatz zum andern weiter verlegt wird. Es ist ein umschlossener Raum, der aus ungefähr dreißig Wohnungen besteht und von mehreren hundert Einwohnern bevölkert wird.
Der Kraal, zu welchem die englisch-russische Commission gekommen war, bildete eine ansehnliche Menge von Hütten, welche an den Ufern eines Zuflusses des Korana kreisförmig gruppirt waren. Diese Hütten waren aus Matten auf Holzpfählen errichtet, dichten, undurchdringlichen Binsenmatten. Sie sahen aus wie niedrige Bienenkörbe, deren Eingang ein Fell so enge verschloß, daß, wer hinein oder heraus wollte, auf den Knieen zu kriechen genöthigt war. Durch diese einzige Oeffnung drangen dichte Wolken beißenden Rauches vom Heerde heraus, welcher die Wohnbarkeit dieser Hütten für jeden Andern, der nicht Buschmann oder Hottentotte war, sehr zweifelhaft machen mußte.
Bei der Ankunft der Karawane gerieth die ganze Bevölkerung in Bewegung. Die zur Bewachung an jeder Hütte angebundenen Hunde bellten wüthend. Die kriegerischen Männer des Dorfes, mit Wurfspießen, Messern und Keulen bewaffnet und durch ihr Lederschild geschützt, stellten sich vorne auf. Ihre Zahl, die sich auf zweihundert schätzen ließ, zeigte die Bedeutung des Kraals, der nicht weniger als sechzig bis achtzig Wohnstätten zählen mochte.
Unter’m Schutze der Flammen. (S. 69).
Diese Hütten waren zum Schutz gegen reißende Thiere von einer Palissadenhecke umgeben, die mit fünf bis sechs Fuß hohen stachlichten Aloën besetzt war.
Indeß verschwand die kriegerische Stimmung schnell, sobald der Jäger Mokum dem Häuptling des Kraals einige Worte gesagt hatte. Die Karawane erhielt die Erlaubniß, neben den Palissaden, dicht am Ufer des Baches ihr Lager aufzuschlagen.
Im Akazienwalde. (S. 75.)
Die Buschmänner dachten gar nicht daran, derselben ihren Antheil an den Weideplätzen streitig zu machen, welche sich zu beiden Seiten mehrere Meilen weit erstreckten. Die Pferde, Ochsen und andern Vierfüßler der Expedition konnten sich dort reichlich ernähren, ohne dem Dorfe den geringsten Nachtheil zuzufügen. Alsbald wurde das Lager unter Anleitung und Befehl des Buschmanns nach hergebrachter Weise errichtet. Die Wagen gruppirten sich im Kreise herum, und Jedermann lag seinen eigenen Beschäftigungen ob.
Sir John Murray ließ darauf seine Gefährten bei ihren Berechnungen und wissenschaftlichen Beobachtungen und zog, ohne einen Augenblick zu verlieren, in Begleitung Mokum’s aus. Der englische Jäger ritt sein gewöhnliches Pferd, und Mokum sein zahmes Zebra. Drei Hunde umsprangen sie. Sir John Murray und Mokum trugen jeder einen Jagdcarabiner mit. Explosionskugeln, was ihre Absicht anzeigte, das Hochwild der Gegend anzugreifen.
Die beiden Jäger nahmen ihre Richtung nordöstlich, einer waldigen, einige Meilen vom Kraal entfernten Gegend zu. Sie ritten plaudernd nebeneinander her.
»Ich hoffe, Meister Mokum, sagte Sir John Murray, daß Sie hier Ihr Versprechen, welches Sie mir an den Morgheda-Fällen gaben, halten und mich in die wildreichste Gegend der Welt führen werden. Doch wissen Sie wohl, daß ich nicht nach SüdAfrika gekommen bin, um Hafen zu schießen oder Füchse zu hetzen. Das haben wir in unseren schottischen Hochlanden. Ehe eine Stunde vergeht, will ich erlegt …
– Ehe eine Stunde vergangen! antwortete der Buschmann. Ew. Gnaden erlauben mir, Ihnen zu sagen, daß dies ein wenig schnell gehen heißt, und daß es vor allen Dingen der Geduld bedarf. Ich selbst bin nur auf der Jagd geduldig, und unter diesen Verhältnissen mache ich die Ungeduld meines ganzen übrigen Lebens wieder gut. Wissen Sie denn nicht, Sir John, daß die Jagd auf Hochwild eine förmliche Wissenschaft ist, daß man sorgfältig das Land und die Gewohnheiten der Thiere kennen, ihre Wege ausstudiren, sie stundenlang umgehen muß, um sich ihnen unter dem Winde zu nähern? Wissen Sie, daß man sich weder einen Schrei zur unrechten Zeit, noch einen geräuschvollen falschen Schritt, noch einen unvorsichtigen Blick erlauben darf? Ich bin ganze Tage einem Büffel oder Gemsbock auf der Lauer gewesen, und wenn ich nach
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