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Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Titel: Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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fünfhundert Ellen nahe kommen konnten. Indessen trennte sich ein Weibchen von der Truppe und die beiden Jäger waren entschlossen, das Thier zu erlegen. Es entfloh in kurzem Trab, so daß man es leicht einholen konnte; als aber die Pferde Sir John’s und des Buschmanns sich beträchtlich genähert hatten, bog die Giraffe den Schwanz ein und floh mit außerordentlicher Schnelligkeit. Man mußte sie mehr als zwei Meilen weit verfolgen, bis endlich eine Kugel Sir John’s sie in die Schulter traf und zu Boden streckte. Es war ein prachtvolles Muster jener Gattung, von der die Römer sagten: »Pferd am Hals, Ochse an Beinen und Füßen, Kameel am Kopf«, und deren röthliches Haar weißgefleckt ist. Dieser merkwürdige Wiederkäuer maß nicht weniger als elf Fuß vom Huf bis an die Spitze seiner kleinen mit Haut und Haaren bedeckten Hörner.
    Während der folgenden Nacht nahmen die beiden russischen Astronomen einige Sternhöhen auf, die ihnen dazu dienten, den Breitegrad ihres Lagers zu bestimmen.
    Der 29. Juni verlief ohne Zwischenfall. Man erwartete die folgende Nacht mit einer gewissen Ungeduld, um die Spitze des fünfzehnten Dreiecks festzustellen Die Nacht kam, eine Nacht ohne Mond, ohne Sterne, aber sehr trocken und von keinem Nebel getrübt, eine demnach für die Aufstellung eines entfernten Lichtpunktes sehr günstige Nacht.
    Alle Vorbereitungen waren getroffen worden, und das Augenglas der Winkelmaßscheibe, das während des Tages auf den Gipfel des Berges gerichtet gewesen, mußte schnell die elektrische Reverbere visiren, im Fall die Entfernung sie dem bloßen Auge unsichtbar gemacht hätte.
    Die ganze Nacht vom 29. zum 30. Juni hindurch lösten sich Mathieu Strux, Nicolaus Palander und Sir John Murray vor dem Instrument ab … Doch blieb der Berggipfel unbemerkbar und kein Licht brannte auf der höchsten Spitze.
    Die Beobachter schlossen daraus, daß die Besteigung auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen sei, und daß der Oberst Everest den Bergkegel vor Tagesende nicht habe erreichen können. Sie verlegten also ihre Beobachtung auf die folgende Nacht, indem sie nicht daran zweifelten, daß der Lichtapparat während des Tages aufgestellt werden würde.
    Aber wie groß war ihre Ueberraschung, als am 30. Juni gegen zwei Uhr Nachmittags der Oberst Everest und seine Begleiter, deren Rückkunft nicht geahnt wurde, im Lager wieder erschienen.
    Sir John ging schnell seinen Collegen entgegen.
    »Sie, Herr Oberst, rief er.
    – Ich selbst, Sir John.
    – Der Berg ist also unbesteigbar?
    – Im Gegentheil, sehr gut besteigbar, antwortete der Oberst, doch wohl bewacht, versichere ich Sie. Deshalb kommen wir zurück, um Verstärkung zu holen.
    – Was! Eingeborene?
    – Ja, Eingeborene, und zwar vierfüßige mit schwarzer Mähne, die eins unserer Pferde verschlungen haben!«
    In wenig Worten erzählte der Oberst seinen Collegen ihre Reise, die bis zum Fuß des Berges ganz gut von Statten gegangen war. Dieser Berg war, wie man dann erkannte, nur von der Südostseite aus zugänglich. Nun hatte aber gerade an dem einzigen Engpaß, der zu dieser Bergseite führte, eine Heerde Löwen ihren »Kraal«, wie es der Foreloper nannte, aufgeschlagen. Vergeblich hatte der Oberst Everest versucht, diese furchtbaren Thiere von da hinweg zu bringen; doch ungenügend bewaffnet, mußte er den Rückzug antreten, nachdem er ein Pferd verloren, welchem ein prachtvoller Löwe mit seinen Tatzen die Rippen zerbrochen hatte. Eine Erzählung der Art konnte Sir John und den Buschmann nur entflammen. Dieser »Löwenberg« war eine zu erobernde Station, eine Station, deren man außerdem unbedingt zu den geodätischen Arbeiten bedurfte. Die Gelegenheit, sich mit den furchtbarsten Creaturen der Katzenrace zu messen, war zu schön, um sie nicht zu benutzen, und die Expedition wurde augenblicklich organisirt.
    Alle europäischen Gelehrten, ohne den friedfertigen Palander auszunehmen, wollten Theil daran nehmen; doch war es nöthig, daß einige im Lager zur Messung der an die Basis des neuen Dreiecks anstoßenden Winkel zurückblieben. Der Oberst Everest, welcher begriff, daß seine Gegenwart zur Controle der Operation nöthig war, beschloß mit den beiden russischen Astronomen zurück zu bleiben. Auf der andern Seite war kein Grund, Sir John zurückzuhalten. Das Detachement, bestimmt, den Zugang zum Berge zu erzwingen, bestand also aus Sir John, William Emery und Michael Zorn, deren Bitten ihre Chefs hatten nachgeben müssen; dann aus dem Buschmann,

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